Säkulare Verbände, 5. Folge: Freigeistige Aktion

In zwangloser Folge veröffentlicht der Humanistische Pressedienst Darstellungen der einzelnen Verbände zu Geschichte und Selbstverständnis.

Diese Texte sind die Sichtweise der Verbände selber. Nach dem „Bund freireligiöser Gemeinden Deutschlands", dem „Humanistischen Verband Deutschlands", dem "Bund für Geistesfreiheit" und dem „Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften" als fünfte Folge die „Freigeistige Aktion".

Die Freigeistige Aktion für humanistische Kultur e.V. konnte im Jahr 2006 ihr 100-jähriges Bestehen feiern.

Von Ortrun E. Lenz

 

Die Freigeistige Aktion (FA) wurde am 11. Januar 1906 in Jena als Deutscher Monistenbund gegründet. Der damals schon zur Legende gewordene Ernst Haeckel hatte die Gründung initiiert. Der Forscher, Zoologe, Künstler und Buchautor Haeckel war damals bereits für seine wissenschaftlichen Leistungen mit vielen Ehrendoktorwürden honoriert worden. Sein Buch Die Welträtsel war schon in viele Sprachen übersetzt worden und ein internationaler Bestseller.

Die Gründer des Monistenbundes kritisierten die dualistische Weltanschauung, die als "zwiespältiges Lebensbild, wie es dem kindlich naiven Denken der Vorfahren genüge", bezeichnet wurde. Dagegen sollten nun die Kulturwerte aufgezeigt werden, "die in einer monistischen, das Weltbild einheitlich betrachtenden, alle Lebensfunktionen auf ihren inneren Zusammenhalt zurückführenden Weltanschauung beschlossen liegen".

Abgeleitet vom griechischen "mónos" - "allein, einzeln, einmalig, einzig" bedeutet Monismus "Einheitslehre". Die Gegensätze hierzu sind Pluralismus und Dualismus. Haeckel: "Gott und Welt sind ein einziges Wesen. Der Begriff Gottes fällt mit demjenigen der Natur oder der Substanz zusammen. Diese pantheistische Weltanschauung steht im Prinzip sämtlichen angeführten und sonst noch möglichen Formen des Theismus schroff gegenüber ..." Die Monisten wollten eine monistische Ethik in Schule, Erziehung und Kultur begründen.

Ein Jahr nach seiner Gründung hatte der Monistenbund 2.500 Mitglieder, auf seinem Höhepunkt später 6.000 Mitglieder in 40 verschiedenen Ortsgruppen. Die Gruppe blieb also relativ klein, wurde aber dennoch stets in der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen. In christlichen Kreisen wurde die monistische Weltanschauung als bedrohlich empfunden, so dass der DMB zum Konkurrenten des Christentums erklärt wurde.

Die freigeistige Bewegung wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer stärker. Zum Volksbund für Geistesfreiheit (VfG) zählten 1928 noch 155 Mitgliedsgruppen. Die Zahl der Konfessionslosen in Deutschland, die 1910 noch 205.900 betragen hatte, war 1928 auf fast das Sechsfache gestiegen (1.200.000). Die Nationalsozialisten jedoch stoppten diesen Aufwärtstrend abrupt und trugen vermutlich erheblich dazu bei, dass Staat und Kirche weiterhin in der heute bekannten Verstrickung nebeneinander existieren können.

Nachdem der Monisten-Bund 1933 durch die Gestapo aufgelöst worden war, erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg am 11. November 1946 in München die Neugründung des Vereins. Er wurde unter dem Namen "Deutscher Monistenbund für wissenschaftliche Weltanschauung und ethische Kultur" eingetragen. Zum Zeitpunkt der Auflösung vor dem Krieg war natürlich auch das Vermögen und die Bibliothek konfisziert worden. Die Bibliothek hatte ca. 5.000 Bände umfasst.

Aus Anlass der Neugründung wurden eine neue Satzung und ein Kulturprogramm verfasst und eingereicht. Unter "Zweck und Ziel des Bundes" heißt es u.a.: "Der Monistenbund erstrebt die Zusammenfassung aller nicht mehr auf kirchlicher Basis stehenden Vereinigungen und Personen, die ihr Leben durch logische Schlußfolgerungen aus einer auf wissenschaftlicher Forschung beruhenden einheitlichen Weltanschauung und nicht an Hand unbewiesener Dogmen, Gesetze und kirchlicher Vorschriften gestalten wollen. (...) Die monistische Weltanschauung variiert in verschiedenen Formen, ist also nicht starr oder dogmatisch festgelegt, da die wissenschaftliche Forschung als ihre Grundlage fortschreitet und daher veränderlich ist (...)." In den folgenden Jahren wurde die Satzung immer wieder überarbeitet und an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst.

1956 hatte der Deutsche Monisten-Bund (DMB) sieben Ortgruppen, und zwar in München, Stuttgart, Hamburg, Hannover, Köln, Berlin und Düsseldorf. In diesen Ortgruppen waren ungefähr die Hälfte der Vereinsmitglieder ansässig. Die andere Hälfte waren Einzelmitglieder, die im Bundesgebiet verstreut wohnten, die meisten davon waren schon vor 1933 im DMB organisiert gewesen. Auch gab es einige Mitglieder in der damaligen Ostzone, die für den Bund nicht aktiv werden konnten, sowie diverse Mitglieder im Ausland.

Auf der Bundeshauptversammlung im September 1956 wurde ein Antrag auf Namensänderung gestellt, dass der Deutsche Monistenbund in "Humanistischer Verband" umbenannt werden sollte. Dieser Antrag löste eine bundesweite Namensdiskussion aus, die darin gipfelte, dass alte Monisten dafür sorgten, dass es nicht zu dieser Umbenennung kam. Stattdessen einigte man sich dann bei der Bundesversammlung auf "Freigeistige Aktion - Deutscher Monisten-Bund" (FA-DMB).

Schon immer war es ein großes Anliegen der FA-DMB, eine Trennung von Staat und Kirche zu fördern. Damit zusammenhängend war das Problem des konfessionell gebundenen Religionsunterrichts in den Schulen. Zur Durchsetzung eines religionskundlichen Unterrichts wurde 1956 die "Gesellschaft zur Förderung des religionskundlichen Unterrichts e.V." (GzFdrU) gegründet.

1989 begann der FA-Vorstand, regelmäßig Wochenend-Seminare durchzuführen. Themen waren beispielsweise "Kommunikation", "Judentum", "Ernst Haeckels 'Welträtsel'", "Menschenrechte", "Opus Dei - Fundamentalismus im Abendland", "Die Kirche und unser Geld". Die jüngsten Seminare beschäftigten sich mit "Ludwig Feuerbach", "Werten" und jüngst mit "Kosmologie".

Die FA ist Mitglied im Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften e.V., der Nachfolgeorganisation des Deutschen Volksbundes für Geistesfreiheit. Weiterhin ist die FA korporatives Mitglied im Förderverein Ernst-Haeckel-Haus. Seit 1957 war die FA Mitglied in der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union. Seit 2005 ist die FA über den DFW in der IHEU vertreten.

2003 wurde auf der Bundesversammlung der FA in Berlin beschlossen, den Namen von "Freigeistige Aktion - Deutscher Monistenbund e.V." umzuändern in "Freigeistige Aktion - für humanistische Kultur e.V." In der Begründung heißt es u.a.: "Die Entwicklung der vergangenen hundert Jahre hat gezeigt, dass es zu einem Wandel in der freigeistigen Terminologie gekommen ist. Die Namensänderung vor rund fünfzig Jahren hat den Akzent schon von der reinen naturphilosophischen Ausrichtung auf mehr Aktion im Sinne eines sich Einsetzens für freigeistige/humanistische Belange signalisiert. Durch die neue Veränderung werden wohl die meisten Menschen leichter verstehen, was unser Anliegen ist. Die Traditionslinie, der wir folgen, wird dadurch nicht aufgegeben, jedoch wird sie zeitgemäß interpretiert und fortgesetzt. Unser Anliegen ist es, vor dem Hintergrund der Grundrechte-Charta der UN an der Würde des Menschen ausgerichtete Kulturarbeit zu leisten." Dieser Antrag wurde auf der Bundesversammlung 2003 angenommen, und somit änderte die ehemalige FA-DMB ihren Namen in Freigeistige Aktion - für humanistische Kultur e.V.

Die FA entwickelt sich also ganz im Sinne Haeckels immer weiter und passt sich den sich stets ändernden Gegebenheiten von Zeit zu Zeit an. Der derzeitige Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf der publizistischen und der Seminartätigkeit sowie sich aktuell ergebenden Projekten. - Seit ca. 15 Jahren ist die Freigeistige Aktion ein gemeinnütziger Verein.