WAREN an der Müritz. Zwei Kirchengemeinden haben beschlossen, die Glocken ihrer Kirchen zukünftig weitaus häufiger zu läuten.
Dazu hat der der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Humanistischen Verbandes Deutschlands ein paar Anmerkungen.
In der vergangenen Woche war es mal wieder soweit. Einer der Tage, an denen man beim Zeitung lesen denkt: „Wo leben wir überhaupt?!".
Da haben zwei evangelische Kirchengemeinden in Waren und ein forscher Probst die zündende Idee. Weil die Warener irgendwie so ziellos und unambitioniert in der Gegend umherlaufen, hat man sich, endlich, entschlossen „dem Tag über das Läuten eine hörbare Struktur zu geben".
Nun ist es ja nicht so, dass die Kirchenglocken auf den Türmen langsam festrosten, sondern sie sind zu den verschiedensten Tageszeiten, sonntags und an einigen Feiertagen auch mal etwas länger, regelmäßig in Gebrauch.
Es ist allerdings Tatsache, dass (Überraschung!) die meisten Warener mit Uhr und Kalender geübt umgehen. Eine weitere Tatsache, nachzulesen in allen möglichen Statistiken, ist die, dass nur ein knappes Viertel aller Mecklenburger und Vorpommern Christen sind. Tendenz: fallend.
Vor diesem Hintergrund erscheint das Ansinnen, die Kirchenglocken öfter und länger zu läuten, geradezu anmaßend. Und von weltfremder Borniertheit zeugt der lapidare Kommentar von Herrn Rother (Zitat Nordkurier): „Rother geht davon aus, dass sich die Warener ähnlich wie die Südländer daran gewöhnen" und „dass es auf keine größeren Bedenken stößt."
Doch! Es ist zwar etwas unklar, welche Südländer gemeint sind (die Italiener? Griechen? Oder die Bayern?) aber eins ist klar: Warum sollte sich die Mehrheit der Bürger in der Öffentlichkeit dem Brauchtum einer Minderheit derart klaglos unterordnen? Jeder Gewerbetreibende, der zu Werbezwecken derart unkontrollierte Lärmemissionen verursachen würde, hätte mit einem sofortigen Besuch des Ordnungsamtes, der Polizei oder einer richterlichen Anordnung zu rechnen. Und zwar zu recht. Der Landesverband MV des Humanistischen Verbandes Deutschlands, der in Waren einen regionalen Schwerpunkt hat, tritt als weltanschaulicher und politischer Verband für Konfessionslose und Atheisten unter anderem für die strikte Trennung von Staat und Kirche ein. Dies beinhaltet, dass jedwede Religion Privatsache jedes einzelnen Menschen ist, und die Ausübung dieser Religion öffentliche Räume nur insoweit zu berühren hat, wie sie nicht unangemessen die Interessen, Bedürfnisse und Grenzen der Privatsphäre anderer berührt. Und dazu gehört, dass das Geläut von Kirchenglocken, in Dauer und Lautstärke der tatsächlichen Bedeutung der christlichen Kirchen für die Menschen in unserem Land angemessen bleibt.
Raoul Bajorat