Freitag, der 13. - als „Unglückstag" frei erfunden

Das „Unheilsdatum" ist Folklore aus den 1950er-Jahren. GWUP gibt Entwarnung:

keine erhöhte Unfallrate nachweisbar. Auch die „selbsterfüllende Prophezeiung" ist eine Mär.

 

ROSSDORF. Die Angst vor der Zahl 13 gilt als machtvoller Aberglaube. Sogar einen psychologischen Fachausdruck gibt es dafür: „Triskaidekaphobie" heißt die übersteigerte Furcht vor der 13. Doch die phantasievolle Wortschöpfung ist gar keine anerkannte wissenschaftliche Bezeichnung, sondern geht zurück auf einen dubiosen amerikanischen Therapeuten, der sich auf die Behandlung von Phobien spezialisiert hat.

Abgesehen von den traditionellen christlich-esoterischen Herleitungen, dass Freitag (als Tag der Kreuzigung, d.h. als Todestag von Jesus Christus) und die christliche 13 (als der 13., d.h. der Verräter beim Abendmahl) der 13 der Tarotkarten (die den Tod darstellt) entspricht, hat sich nun ein Volkskundler dieser Frage angenommen.

Der vermeintliche Unglückstag ist eine modische Erfindung des 20. Jahrhunderts und gründet mitnichten auf uralten Überlieferungen und Erfahrungswissen. Darauf macht der Augsburger Volkskundler Dr. Stephan Bachter in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift „Skeptiker" der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP e.V.) aufmerksam. Bachter wurde 2005 an der Universität Hamburg mit einer Arbeit über Zauberbücher promoviert und gilt für diese Texte als Spezialist mit profunder Detailkenntnis.

Börsencrash und Apollo 13

„Volkskundler wissen aus älteren Umfragen, dass die Idee von ,Freitag, dem 13.' als Unglückstag erst seit den 1950er Jahren bekannt ist", erklärt Bachter zu seinen neuesten Forschungsergebnissen. „Vor dem Zweiten Weltkrieg kannte man diese Vorstellung überhaupt nicht." Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts machte Freitag, der 13., als Unglückstag und postmoderner Markierungspunkt Karriere, als findige Journalisten ihn mit dem Börsencrash vom Mai 1927 und der beinnahe gescheiterten Apollo-13-Mission von 1970 in Verbindung brachten.

Bisher waren Experten davon ausgegangen, dass „Freitag, der 13." erstmals in einer Zeitungsglosse aus dem Jahr 1957 erwähnt wurde. Bachter präsentiert nun in der Mitte August erscheinenden Ausgabe der Zeitschrift „Skeptiker" (Nr. 2/2007) einen Text aus einem so genannten Zauberbuch, in dem der Unglückstag „Freitag, der 13." bereits im Jahr 1950 erwähnt wird. Beim dem Werk handelt es sich um eine Ausgabe des berüchtigten „6. und 7. Buch Mosis", das von 1950 bis in die 70er Jahre hinein in hoher Auflagenzahl verbreitet war und immer wieder für Schlagzeilen sorgte.

„Hier findet sich der erste Hinweis darauf, dass man an einem Freitag, der auf den 13. Tag eines Monats fällt, keinesfalls etwas Wichtiges unternehmen soll - es werde fast immer Unglück bringen", zitiert Bachter aus der kruden Spuk-Schwarte, eine angeblich „magische" Schrift, die rezeptartige Handlungsanweisungen beinhaltet und ihrem Besitzer okkulte Kräfte verleihen soll.

Keine Belege für gehäufte Unglücke

Als erklärter Skeptiker und Mitglied im Wissenschaftsrat der GWUP sieht Bachter selbst die Sache ganz nüchtern. Er hält nichts von der Vorstellung, dass „Freitag, der 13." irgendwem Unglück bringe.

Die Statistik gibt ihm Recht: Keine Untersuchung konnte bisher belegen, dass es an solchen Tagen eine besondere Häufung von Unfällen gibt. „Nicht einmal der Effekt der sich selbst erfüllenden Prophezeiung tritt nachweislich auf", so Bachter weiter. „Unsere Aufmerksamkeit wird lediglich von den Medien auf dieses Datum als besonderen Unglückstag gelenkt. Unsere Wahrnehmung für Missgeschicke ist dann sensibler. Wenn uns dann doch etwas passiert, reden wir mit Nachbarn, Freunden und Kollegen eher darüber als sonst. Das wiederum stärkt den Mythos.

„Wem nichts zustößt, der spricht das Thema auch nicht an", erklärt der Spezialist für Magie und Aberglauben, der auch schwarze Katzen von links, verschüttetes Salz oder zerbrochenem Spiegelglas nicht fürchtet.

Besonders kritisch war der 1. April

In dem Artikel des Skeptikers 2/2007 schreibt er u.a.: „Die ethnographische Umfrage des Vereins für Volkskunst und Volkskunde in München von 1908/09 erbrachte vor rund hundert Jahren Belege dafür, welche Tage die Menschen in Bayern als Glücks- oder Unglückstage empfanden. In Aichach etwa glaubte man an insgesamt 42 Unglückstage, darunter den 3. März, den 17. August oder den 1., 2. und 30. September. Als besonders kritisch galt der 1. April, der Tag, den man als Geburtstag des Judas Ischariot betrachtete, ferner der 1. August, der Tag, an dem der Teufel aus dem Himmel gestürzt wurde, und der 1. Dezember, der Tag des Untergangs von Sodom und Gomorrha. Folgt man dieser Quelle, gab es vor rund hundert Jahren in der Region deutlich mehr „Unglückstage" als heute, da fast ausschließlich ein ‚Freitag, der 13.' als Unglückstag gilt.

Freitage, die auf den 13. Tag eines Monats fallen, gibt es jährlich nämlich nur mindestens ein- und maximal dreimal, in 28 Jahren stehen 48 ‚Freitage, die 13.' im Kalender. Hinweise auf die Vorstellung vom ‚Freitag, den 13.' als dem Unglückstag schlechthin finden sich in den volkskundlichen Quellen zu Beginn des 20. Jahrhunderts jedoch noch nicht. Zwar gilt der Freitag als allgemeiner Unglückstag, wie etwa in Pfersee bei Augsburg, zwar ist die 13 als Unglückszahl geläufig, wie etwa in Scheppach im Landkreis Günzburg, doch eine Verknüpfung der beiden Elemente ‚Freitag' und ‚13' zum Vorstellungskomplex ‚Freitag, der 13' hat noch nicht stattgefunden.

Thilo Koch und „Freitag der 13."?

Als bisher ältesten Beleg konnte der Bonner Volkskundler Gunther Hirschfelder einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ausmachen, in dem sich der Journalist Thilo Koch am 13. Dezember 1957 unter der Überschrift ‚Freitag der 13.' in einer Glosse mit dem Unglückstermin auseinandersetzte, allerdings wenig konsequent, weil auch dieser Text die beiden Elemente ‚Freitag' und ‚13' über weite Strecken unverbunden nebeneinander behandelt. ‚Thilo Koch dürfte kaum der Initiator für einen heute zwar diffusen, jedoch volkskulturell eindeutig belegten Termin sein. Sein Artikel steht aber für einen Trend, der in Deutschland in den 1950er Jahren aufkam und der unter anderem Freitag den 13. thematisierte.' Trotz Hirschfelders abwägender Worte informiert zum Beispiel die Internetenzyklopädie Wikipedia mit eindeutiger Gewissheit darüber, dass in Deutschland Freitag der 13. zum ersten Mal 1957 in besagter Glosse von Thilo Koch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auftauche. Ergänzend zu den Forschungen Hirschfelders kann hier ein Beleg für die Vorstellung von ‚Freitag dem 13.' mitgeteilt werden, der sieben Jahre älter ist als der von Hirschfelder erwähnte Zeitungsbeitrag und der zudem die beiden Elemente ‚Freitag' und ‚13' eindeutig zum Vorstellungskomplex vom Unglückstag schlechthin verbindet. Dieser Beleg findet sich in einem Zauberbuch, genauer gesagt in einer Variante des „6. und 7. Buch Mosis", das in einer Bearbeitung von Ferdinand H. Masuch unter dem Titel ‚Das sechste und siebente Buch Moses, das ist Moses magische Geisterkunst, das Geheimnis aller Geheimnisse. Wortgetreu nach einer alten Handschrift. Mit alten Holzschnitten' im Jahr 1949 mit dem Vermerk ‚Copyright 1950' im Planet-Verlag Braunschweig erstmals erschien.

Das Baukastenprinzip von Zauberbüchern

Zauberbücher sind magische Schriften, die rezeptartig Handlungsanweisungen bereithalten, um ihren Benutzern Macht über okkulte Kräfte zu verleihen, namentlich um Dämonen zu beschwören, um sich deren Macht vor allem bei der Suche nach verborgenen Schätzen zu versichern, um Leib und Leben von Mensch und Tier zu erhalten, um Gesundheit wiederherzustellen, um gegen Hexerei, Schadens- und Liebeszauber vorzugehen oder um Hab und Gut zu wahren und zu mehren. Zauberbücher wurden häufig mit fingierten Druckorten und fingierten Jahreszahlen versehen, als Verfasser wurden, ebenso fiktiv, biblische Gestalten oder berühmte Gelehrte ausgegeben, etwa Moses, von dem ein 6., 7., 8., 9., 10., 11. und 12. Buch im Umlauf war, Salomon, Albertus Magnus oder Faust, dem zahlreiche ‚Höllenzwänge' zugeschrieben wurden.

Bei der näheren Analyse der Zauberbücher wird ein Konstruktionsprinzip deutlich, das ihre Verbreitung begünstigte. Die einzelnen Titel haben keinen klar definierten Inhalt, sondern sind aus Versatzstücken zusammengefügt. Zauberbücher erscheinen wie nach dem Baukastenprinzip gefertigt. Inhalte, Texte, Bilder, Namen, Abbildungen, Zauberzeichen, Titel, Beschwörungsformeln, sympathetische Rezepte, Anwendungsmöglichkeiten, Jahreszahlen, Druckorte, Verfasser, Herkunftslegenden: all diese Einzelelemente wurden in den unterschiedlichsten Variationen von den Zauberbuchherstellern - den professionellen Verlegern ebenso wie denen, die für den Hausgebrauch oder aus antiquarischem Interesse kopierten - gerade so zusammengestellt oder neu geschaffen, wie es die jeweiligen Umstände erforderten. Es ist klar, dass bei einem solchen Verfahren die einzelnen Inhaltselemente ihre Bedeutung und ihren ursprünglichen Sinn verlieren."

„Bis weitere Belege auftauchen", so Stephan Bachter, „plädiere ich dafür, das ‚6. und 7. Buch Moses' aus dem Braunschweiger Planet-Verlag als Ausgangspunkt für den Aberglauben vom 'Freitag, dem 13.' als Unglückstag zu betrachten."

 

GWUP / CF.