Die zweite Berliner Konferenz der Initiative „Europa eine Seele geben" stand 2006 unter dem Motto
Eine Vielzahl TeilnehmerInnen aus Politik, Wirtschaft, Medien und Verbänden hatten sich zusammengefunden, um über die Kultur Europas miteinander zu sprechen.
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Das Jahr 2007 wird wieder ein wichtiges Jahr für Europa werden.
Am 1. Januar 2007 übernimmt Deutschland von Finnland turnusgemäß für ein halbes Jahr die Präsidentschaft in der Europäischen Union.
Im Programm der <Deutschen Ratspräsidentschaft> wird inhaltlich Genaueres beschrieben: „Die deutsche Ratspräsidentschaft fällt in eine für die Europäische Union schwierige Phase. Mit der Ablehnung des europäischen Verfassungsvertrags bei den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden 2005 ist der Integrationsprozess ins Stocken geraten. (...) Die Staats- und Regierungschefs verordneten sich selbst und den Menschen in Europa daraufhin eine Reflexionsphase. Sie soll im ersten Halbjahr 2007 zu Ende gehen. Es fällt also der deutschen Ratspräsidentschaft die Aufgabe zu, dem Verfassungsprozess einen neuen Impuls zu geben. (...)"
In die Zeit des deutschen Vorsitzes fällt auch das 50-jährige Jubiläum der Römischen Verträge, mit denen 1957 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG oder Euratom) gegründet wurden. Bei einem Treffen der Staats- und Regierungschefs in Berlin soll eine Erklärung zu Europa verabschiedet werden. Diese <„Berliner Erklärung"> „wird am 25. März 2007 versuchen, eine Orientierung über Werte und Aufgaben der EU zu geben. Die Debatte wird danach weitergehen; jeder ist aufgerufen, sich zu beteiligen. (...)"
Im Vorfeld dieser „Berliner Erklärung", die als Grundsatzerklärung anzusehen sein wird, formieren sich grundsätzliche Positionen.
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Auszüge aus der Rede des Präsidenten der Europäischen Kommission, <José Manuel Barroso>:
(..) „Einige Leute haben mir gesagt, dass der Präsident der Europäischen Kommission nicht über Kultur reden sollte, ein Themengebiet, für das die hauptsächliche Kompetenz auf der nationalen und regionalen Ebene verblieben ist. Ich widerspreche dem. Per Definition ist die Europäische Kommission die herausragende Institution, um europäische Interessen darzustellen, und ich finde es unmöglich, nicht über etwas so Zentralem für Europa sprechen zu können, wie die europäische Kultur und ihre Bedeutung für uns.
(...) „Ich empfinde es als unsere Pflicht, als Politiker aber auch als Einzelne, heute zu sagen,
dass die europäischen Werte, die unseren Kontinent und unser gemeinsames Projekt zusammenhalten – Freiheit, Humanismus und Toleranz – herausgefordert sind. (...)
Europa braucht jeden von uns, der unsere Werte und unsere Kultur als die Fundamente unserer Gesellschaft betrachtet. Unsere Werte, vor allem die Freiheit, begründen den „Europäischen Geist", auf dem Europa aufgebaut wurde. (...)
Die europäische Identität steht über den Unterschieden. Und die Art und Weise, wie wir die Unterschiede integrieren, kann nicht auf exklusiven Eigenheiten beruhen, sondern auf gemeinsamen Werten. Ja, tiefe Wurzeln sind wichtig, aber es ist ebenfalls wichtig, anzuerkennen, dass die modernen Europäer vielen verschiedenen Wurzeln entstammen, ausgehend von den vielen verschiedenen Menschen und Kulturen, die es bereits vor uns gab. (...) Europa brachte der Welt Humanismus und Demokratie, und bleibt beidem zutiefst verbunden. Aber das Neue des Projektes Europa liegt in der Tatsache, dass der Respekt vor der Verschiedenartigkeit – hinsichtlich Geschichte, Sprache und Kultur – ist das eigentliche Kern einer europäischen Kultur und sein natürlicher Ausdruck.
Der Beitrag, den die Kultur zur Verteidigung dieser Verschiedenartigkeit beigetragen hat und zu dem Geist der Offenheit, der unser wertvollster Aktivposten ist, ist notwendiger denn je zuvor. (...)
Ich kehre zu Edmund Husserl zurück und gebe ihm das abschließende Wort. In einer Rede in Wien, 1935, als Europa sich einer seiner dunkelsten Stunden näherte, sagte er: "Die Krise des europäischen Daseins hat nur zwei Auswege: den Untergang Europas in der Entfremdung gegen seinen eigenen rationalen Lebenssinn, den Verfall in Geistfeindschaft und Barbarei, oder die Wiedergeburt Europas aus dem Geiste der Philosophie, durch einen ... Heroismus der Vernunft."
(Übersetzung aus dem Englischen: C. Frerk)
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Auszüge aus dem Statement des Bundesministers des Inneren, <Dr. Wolfgang Schäuble>:
(...) „Nicht ohne Grund sprechen wir heute - auf einer Konferenz zur Zukunft der Europäischen Einigung - über Kultur als Fundament politischen Denkens und Handelns.
(...) Indem wir elementare Fragen staatlicher und gesellschaftlicher Ordnung mit Repräsentanten einer anderen als der christlichen Religion diskutieren, werden wir uns zugleich bewusst, in welchem Maße die Prinzipien des Zusammenlebens in unseren europäischen Demokratien von christlicher Ethik geprägt sind. Unsere freiheitlichen Verfassungen leben – wie es Böckenförde einmal gesagt hat – von Voraussetzungen, die sie selber nicht schaffen können.
Zu deren Entstehung und Bewahrung hat das Christentum und haben die christlichen Kirchen in Europa zweifelsohne mehr beigetragen als andere Religionen und deren Institutionen. Durch zahlreiche, auch blutige innerchristliche Auseinandersetzungen und Konflikte, durch die Reformation und die Aufklärung sind wir zu einer europäischen Kultur gelangt. Sie bewahrt die ethischen Forderungen und Errungenschaften des Glaubens, ohne jene jedoch zum Instrument politischer Machtansprüche verkommen zu lassen. Für uns Europäer ist klar, dass keine religiöse Ordnung zur Grundlage politischer Ordnung werden darf.
Unveräußerlich sind Rechte und Pflichten, die dem Einzelnen in der freiheitlichen demokratischen Gesellschaft zukommen, wie sie sich ausgehend vom Recht der Glaubensfreiheit entwickelt haben. Die Universalität der Menschenrechte gründet in der aus dem christlichen Glauben gewonnenen Erkenntnis, dass jeder Mensch - unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe und natürlich auch Religion -Träger seiner eigenen, unveräußerbaren Menschenwürde ist.
Daraus erwächst zugleich die Verpflichtung für jeden, der politische Aufgaben wahrnimmt, verantwortlich zu handeln - gegenüber den Menschen wie auch vor Gott. „In Verantwortung vor Gott und den Menschen" heißt es deshalb in der Präambel des deutschen Grundgesetzes. Seine Mütter und Väter bestanden mit dieser Formulierung darauf, aller menschlichen Macht Grenzen zu setzen.
„In der Würde jedes Menschen hat die Ausübung staatlicher Macht Sinn und Maß," betonte Bischof Huber 2004 im Berliner Dom. Und „jede Bürgerin und jeder Bürger steht in der Verantwortung, staatliches Handeln an diesem Maß zu messen."
Diese Absage an staatliche Allmacht und damit das Wahren von Maß ist ein konstituierendes europäisches Prinzip. Es verwirklicht unser Menschenbild, es ist die Absage an jede Form von Fanatismus und Fundamentalismus. Mäßigung ist die Grundlage für Toleranz sowie das Wissen um unsere Verantwortung für andere. Diese Werte und Prinzipien sind ein tragfähiges kulturelles Fundament für das europäische Haus, an dem wir - wer würde das bestreiten - noch lange Zeit bauen müssen und werden. Sie stehen deshalb auch nicht zur Disposition, sondern weisen uns den Weg im Dialog mit anderen Kulturen, mit denen wir im Zuge der Globalisierung in immer intensiverem Austausch stehen. (...)."