Drei Fragen an... Franz Wuketits

In Trier findet vom 15. bis 17. Juni der Kongress ¡Die erschöpfte Theorie? –

Evolution und Kreationismus in Wissenschaften statt. Im Vorfeld stellt der hpd die Referenten und ihre zentralen Thesen in Kurzinterviews vor.

 

Prof. Dr. Franz Wuketits lehrt an der Universität Wien Philosophie und Wissenschaftstheorie. Sein Vortrag „Die unerschöpfliche Theorie oder: Was die Evolutionstheorie so alles erklärt“ gehört zum Themenblock „Soziobiologie – Ansatz, Theorie, Methode“ (Samstag, 16.6.2007, 16-18 Uhr).

hpd: Ist die Evolutionstheorie ein taugliches Werkzeug, menschliches Sozialverhalten im 21. Jahrhundert zu erklären?

Franz Wuketits: Die Grundformen unseres Sozialverhaltens sind tief in unserer Evolution verwurzelt, der Mensch des 21. Jahrhunderts ist ja keine besondere Spezies. Was die modernen Industriegesellschaften allerdings kennzeichnet, ist das Leben in einer anonymen Masse, was uns vor Probleme grundsätzlicher Art stellt, zum Beispiel Identitäsverlust. Wir Menschen sind unserer Natur gemäß für das Leben in Kleingruppen programmiert (Sympathiegruppen, „Face-to-face-relations“).

hpd: Könnten Sie das anhand eines Beispiels darstellen?

Franz Wuketits: Wir neigen dazu, unsere nächsten Verwandten und wenige Freunde und uns vertraute Personen zu bevorzugen. Wir sind sozusagen die geborenen Nepotisten. Das zeigt sich in den enormen Schwierigkeiten bei der Bekämpfung von Korruption.

hpd: Ist die Evolutionstheorie in dieser Hinsicht wirklich unerschöpflich oder stößt sie irgendwo an methodische Grenzen?

Franz Wuketits: Die Evolutionstheorie liefert Erklärungen für die, wie gesagt, Grundformen unseres Sozialverhaltens – einschließlich komplexer Formen des Moralverhaltens. Sie ermöglicht uns Prognosen der Art, dass sich ein Mensch in dieser oder jener Situation mit gewisser Wahrscheinlichkeit so oder so wird, zum Beispiel seine Verwandten eher unterstützen wird als ihm fremde Personen. Natürlich ist es erforderlich, dass der Evolutionstheoretiker auch auf empirische Ergebnisse vor allem der Kultur- und Sozialanthropologie Bezug nimmt.

 

Die Fragen stellte Martin Bauer.

Weitere Informationen zum Kongress.