In Wien feierte man dieser Tage, dass Religionen so gut für die Demokratie sind. Man weiß nicht genau, was dort bei dem Treffen geraucht und getrunken wurde; dass da aber unglaublich viel Unfug dahergeredet wurde, das allerdings.
In Österreich jubeln kathpress.at und weltanschaulich ähnlich ausgerichtete Portale: Religionsunterricht trägt zur Demokratisierung bei! Das sei das Ergebnis eines Treffens von neun beteiligten Religionsgemeinschaften im Wiener Rathaus.
Die Religionsgemeinschaften – und nur die, andere Weltanschauungsgemeinschaften waren wieder einmal nicht eingeladen – müssen einmal mehr die Realität vollständig ausgeblendet haben. Denn wie anders ist dieser seltsame und für Außenstehende deutlich sichtbare Fehlschluss anders erklärlich?
Bedeutet doch Demokratie vor allem: Teilhabe aller an der (politischen) Willensbildung. Und hierzu also trage nach Ansicht der Religionsgemeinschaften Religionsunterricht bei?
Ein Unterricht, der insbesondere dadurch definiert ist, dass Kinder, deren Eltern verschiedenen Religionsgemeinschaften angehören, separiert werden?
Ein Unterricht, in dem "Die-da-Wir-hier" Leitbild und Grundvoraussetzung ist?
Ein Unterricht, in dem die eigene Religion über die der anderen gestellt wird?
Ein Unterricht letztendlich, in dem Trennendes betont und Gemeinsames abgewertet wird.
"Demokratie" – so die Definition der Bundeszentrale für politische Bildung – "ermöglicht […] moderne Lebensformen, als sie
a) die Freiheit individueller Entscheidungen und Handlungen sowie individuelle Verantwortung ermöglicht,
b) die individuelle Gleichheit vor Recht und Gesetz garantiert sowie Minderheiten schützt und c) zahllose Formen gesellschaftlicher Vereinigungen ermöglicht, d. h. kollektives und solidarisches Handeln auf eine freiwillige Grundlage stellt garantiert sowie Minderheiten schützt und
c) zahllose Formen gesellschaftlicher Vereinigungen ermöglicht, d. h. kollektives und solidarisches Handeln auf eine freiwillige Grundlage stellt."
Und das also soll Religionsunterricht unterstützen? Da müsste sich so manche Religionsgemeinschaft von ihren Glaubensinhalten, ihren Werten und dem, was sie öffentlich vertreten, trennen. Denn wo genau bleibt die Mitsprache, wenn es doch bei den Katholiken immer nur die Männer sind, die bestimmen und entscheiden. Wo genau bleibt die Freiheit individueller Entscheidungen, wenn man sich als Mitglied einer Religionsgemeinschaft – nennen wir hier einmal die Zeugen Jehovas – von dieser abwendet? Man gerät unter extremen sozialen Druck der darin gipfelt, dass man seine Familie verliert; weil man sich individuell entschieden hat. Wo bleibt der Schutz der individuellen Gleichheit vor Recht und Gesetz, wenn im islamischen Recht zum Beispiel das Wort einer Frau nur einen Bruchteil dessen wiegt, was ein bärtiger Mann zu sagen hat. Und wir reden noch nicht einmal von dem, was alle Religionen verbindet: Ihre Homophobie.
Es ist den neun am Treffen beteiligten Religionsgemeinschaften zum Teil sogar selbst bewusst, dass das überhaupt nicht zusammengeht, Demokratie und Religion. So heißt es im oben genannten Artikel: "Auch wenn Religionen selbst vielfach nicht demokratisch verfasst seien…" um dann aber trotzig hinterher zu schieben "so sorgen sie für die Wahrung von Werten und Grundhaltungen, die für das Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft unerlässlich sind." Wie genau sie das tun wollen, da ihre eigenen Strukturen dem grundlegend widersprechen, bleibt ein streng gehütetes Geheimnis. Oder sollte man den zweiten Teil der Aussagen als das bezeichnen, was er ist? Als Lüge.
So bleibt es eher niedlich anzusehen, wenn die Dekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien zu erklären versucht: "Religionsunterricht kann Heranwachsenden vor allem Orientierung für gutes Leben geben wie auch zur Übernahme von Verantwortung für sich, andere und die 'Mitwelt' anregen." Man bekommt schon ein bisschen Mitleid mit einer Frau, die krampfhaft versucht, Religionen und "Gutes Leben" in einen Zusammenhang setzen zu wollen.
Ich erspare den hpd-Lesern und -Leserinnen weitere Zitate von den unzähligen Versuchen, etwas zu erklären, das nicht logisch erklärbar ist.
Na gut, eines gibt es noch: "Demokratiefördernd seien Religionen auch, sofern sie Respekt und Anerkennung fördern und Vielfalt als Teil der Schöpfung und Ausdruck des göttlichen Willens sehen", sagte der islamische Theologe Prof. Zekirija Sejdini. Das liest sich so, wie ein missglückter Spagat aussieht. Man kann sich die rosaroten Brillen, durch die die Vertreter der beteiligten Religionsgemeinschaften die Welt betrachten, regelrecht vorstellen. Und auch der Vertreter des Staates Österreich, Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr, schaffte es vermutlich, den folgenden Satz von sich zu geben ohne sich dabei vor Lachen zu schütteln: Er "nannte als Beispiele die Weitergabe von Werten an die nächste Generation, 'da die liberale Gesellschaft auf Werten wie Respekt und Anerkennung basiert'." Als hätte je eine Religion…ach, lassen wir das.
Aber wir Piefkes sollten den Mund nicht so voll nehmen. Bei uns feiert ein Landesfürst ja auch, wenn undemokratischen Vereinen 23 Millionen Euro vom Staat geschenkt werden.
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