AHA! Biologen

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Bildbearbeitung: F. Lorenz

(hpd) Es gibt erstaunlich viele Prominente, die sich als Atheisten, Humanisten und Agnostiker „outen“. Anlässlich des Darwin Day am 12. Februar sind es heute prominente Biologen, die mit Begründungen für ihren Atheismus oder Humanismus zu Wort kommen. Unter ihnen sind zwei Nobelpreisträger. Auffällig ist, dass sich zunächst keine Frau unter ihnen finden lässt.

 

 

 

Die Biologen sind nach ihrem Geburtsjahr sortiert:

 

Sir Julian Huxley, 22. Juni 1887-14. Februar 1975, war ein englischer Evolutionsbiologe, Humanist und Internationalist. Er war ein Verfechter der natürlichen Selektion und eine Leitfigur der evolutionären Synthese in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts. Er war außerdem von 1935-1942 Schriftführer der Zoological Society of London, der erste Direktor der UNESCO und Gründungsmitglied des World Wildlife Fund.
Huxley war eng verbunden mit den britischen Rationalisten und Säkularen Humanisten, war 1963-1965 der erste Präsident der British Humanist Association, leitete die Gründungsversammlung der International Humanist and Ethical Union und war zusammen mit John Dewey, Albert Einstein und Thomas Mann Mitglied des Gründungsbeirats der First Humanist Society of New York.
Julian Huxley schrieb 1969 in Essays of a Humanist: „Es gibt kein getrenntes übernatürliches Reich: alle Phänomene sind Teil eines natürlichen Evolutionsprozesses. Es gibt keine grundlegende Spaltung zwischen Wissenschaft und Religion: ...Ich glaube, dass eine drastische Neuorganisation unseres Schemas des religiösen Denkens nun erforderlich wird, von einem gottzentrierten zu einem evolutionszentrierten Schema.“
"There is no separate supernatural realm: all phenomena are part of one natural process of evolution. There is no basic cleavage between science and religion;... I believe that [a] drastic reorganization of our pattern of religious thought is now becoming necessary, from a god-centered to an evolutionary-centered pattern"

 

 

Ernst Mayr, 5. Juli 1904-3. Februar 2005, geb. in Kempten, war einer der führenden Evolutionsbiologen des 20. Jahrhunderts. Er war außerdem ein anerkannter Systematiker, Tropenforscher, Ornithologe, Geschichtswissenschaftler und Naturalist. Seine Arbeit leistete einen Beitrag zur konzeptionellen Revolution, die zur modernen evolutionären Synthese der Mendelschen Genetik, Systematik und Darwinschen Evolution führte sowie zur Entwicklung des biologischen Konzepts der Arten.
Der Beruf führte ihn 1931 in die USA. Dawkins Idee der genzentrierten Sicht auf die Evolution (s.u.) lehnte Mayr dezidiert und höflich ab.
Es überrascht nicht, dass Mayr ein Leben lang Atheist war. In einem Interview an seinem 93. Geburtstag, meinte Mayr: „Darwins großer Beitrag bestand darin, dass er eine theologische oder übernatürliche Wissenschaft durch eine weltliche Wissenschaft ersetzte. Laplace hatte dies bereits 50 Jahre zuvor getan, als er Napoleon die ganze Welt erklärte. Nach seiner Erklärung erwiderte Napoleon, ‚Wo ist Gott in Ihrer Theorie?’ Und Laplace antwortete, ‚Ich brauche diese Hypothese nicht.“
During an interview on his 93rd birthday, Mayr commented that one of “Darwin’s great contributions was that he replaced theological, or supernatural, science with secular science. Laplace had already done this some 50 years earlier when he explained the whole world to Napoleon. After his explanation, Napoleon replied, ‘Where is God in your theory?’ And Laplace answered, ‘I don’t need that hypothesis.’"

 

 

Jacques Monod, 9. Februar 1910-31. Mai 1976, war ein französischer Biologe, der 1965 zusammen mit François Jacob and Andre Lwoff den Nobelpreis in Physiologie oder Medizin erhielt für „ihre Entdeckungen betreffend die genetische Kontrolle der Enzym- und Virussynthese“. Er und François Jacob (ebenfalls bekennender Atheist) zeigten, dass die lebende Zelle die Herstellung ihrer Proteine über einen Feedback-Mechanismus kontrolliert, der dem eines Thermostaten ähnelt.
Monod wird weithin als einer der Begründer der Molekularbiologie angesehen. Er war jedoch nicht nur Biologe, sondern auch ein guter Musiker und angesehener Autor zur Wissenschaftsphilosophie, der 1970 Le hasard et la nécessité (Zufall und Notwendigkeit) schrieb.
Monod war zudem ein Verfechter der Sichtweise, dass das Leben auf der Erde aufgrund eines außergewöhnlichen chemischen Unfalls entstand. Es sei unwahrscheinlich, dass dies selbst im unermesslichen Universum zweimal geschehe. 1971 schrieb er: „Der alte Bund ist zerbrochen: Der Mensch weiß endlich, dass er allein ist in der gefühllosen Grenzenlosigkeit des Universums, aus dem er bloß zufällig hervorging. Weder sein Schicksal noch seine Pflicht steht geschrieben. Es ist an ihm, zwischen dem Königreich und der Finsternis zu wählen.“ Monod nutzte diese düstere Einschätzung als Sprungbrett als Argument für den Atheismus wie auch für die Absurdität und die Sinnlosigkeit des Daseins. Monod glaubte, wir seien lediglich chemische Extras in einem majestätischen, doch unpersönlichen kosmischen Drama – eine irrelevante, unbeabsichtigte Nebenvorstellung.
“L’ancienne alliance est rompue ; l’homme sait enfin qu’il est seul dans l’immensité indifférente de l’Univers, d’où il a émergé par hasard. Non plus que son destin, son devoir n’est écrit nulle part. A lui de choisir entre le Royaume et les ténèbres.“

 

 

Francis Crick, 8. Juni 1916-28. Juli 2004, war ein englischer Molekularbiologe, Physiker und Neurowissenschaftler. Im Jahre 1962 erhielt Crick neben James D. Watson und Maurice Wilkens den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin “für ihre Entdeckungen betreffend die molekulare Struktur von Nukleinsäuren und deren Bedeutung für den Transfer von Information in lebendem Material”.
Francis Crick widmete anlässlich des Goldenen Jubiläums des Atheist Centre eines seiner Bücher, What Mad Pursuit, in dem ein Kapitel seinen Werdegang zum Atheismus beschreibt. „Ich erkannte früh, dass detailliertes wissenschaftliches Wissen religiöse Überzeugungen haltlos werden lässt. Die Kenntnis des wahren Alters der Erde und der Beleg durch Fossilien machen es jedem ausgeglichenen Intellekt unmöglich, an die buchstäbliche Wahrheit jedes Bibelteils zu glauben, in dem Maße, in dem es Fundamentalisten tun. Und wenn einige Teile der Bibel offenkundig falsch sind, warum sollte irgendein restlicher Teil davon automatisch akzeptiert werden?“
“I realized early on that it is detailed scientific knowledge which makes certain religious beliefs untenable. A knowledge of the true age of the earth and of the fossil record makes it impossible for any balanced intellect to believe in the literal truth of every part of the Bible in the way that fundamentalists do. And if some of the Bible is manifestly wrong, why should any of the rest of it be accepted automatically?”

 

 

John Maynard Smith, 6. Januar 1920-19. April 2004, war ein britischer theoretischer Evolutionsbiologe und Genetiker. Maynard Smith spielte eine entscheidende Rolle bezüglich der Anwendung der Spieltheorie auf die Evolution und entwickelte Theorien zu Problemen wie der Evolution der Sexualität und der Signaltheorie.
In einem Interview mit den Humanist News im Herbst 2001 fragte ihn der Interviewer, wie seine Einstellung gegenüber Religion nun sei. Maynard Smith erwiderte: „Seit ich J.B.S. Haldanes Buch Possible Worlds las, war ich Atheist, davor war ich ein halb-bewusster Atheist. Ich denke, es gibt zwei Sichtweisen, die man der Religion gegenüber haben kann. Man kann ihr gegenüber tolerant sein und sagen, ich glaube nicht daran, aber es ist mir egal, wenn andere Menschen das tun, oder man kann sagen, ich glaube nicht nur nicht daran, sondern denke, sie ist gefährlich und es ist schädlich, wenn andere Menschen daran glauben, sie sollten davon überzeugt werden, dass sie einen Fehler machen. Ich schwanke zwischen den beiden hin und her. Ich bin tolerant, weil religiöse Einrichtungen zum Teil sehr wichtige Arbeit ermöglichen, die ansonsten nicht geleistet würde, aber dann schaue ich mich um und sehe, welch ungeheuren Schaden Religion anrichtet.“
“Ever since reading (J. B. S. Haldane's book) Possible Worlds I have been an atheist, and a semi-conscious atheist before that. I think there are two views you can have about religion. You can be tolerant of it and say, I don't believe in this but I don't mind if other people do, or you can say, I not only don't believe in it but I think it is dangerous and damaging for other people to believe in it and they should be persuaded that they are mistaken. I fluctuate between the two. I am tolerant because religious institutions facilitate some very important work that would not get done otherwise, but then I look around and see what an incredible amount of damage religion is doing.”

 

 

Richard Dawkins, geb. 26. März 1941, ist im Rahmen seiner wissenschaftlichen Arbeit vor allem für die Popularisierung der genzentrierten Sicht auf die Evolution bekannt. 1976 schrieb er The Selfish Gene (Das egoistische Gen). Als Ethologe war er am Verhalten von Tieren und dessen Verhältnis zur natürlichen Selektion interessiert. Für ihn ist das Gen der evolutionäre Hauptfaktor für die Auswahl.
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde er 2006 als Autor von The God Delusion (Der Gotteswahn) bekannt. Er tritt öffentlich auf vielfältige Weise als Vertreter des Atheismus in Erscheinung: „Viele von uns sahen (vor 9/11) Religion als harmlosen Unsinn an. Glauben mag jegliche unterstützende Evidenz fehlen, aber wir dachten, wenn Menschen eine tröstende Krücke brauchen, was ist daran schlimm? Der 11. September hat all das verändert. Enthüllter Glaube ist kein harmloser Unsinn, er kann tödlich gefährlicher Unsinn sein. Gefährlich, weil er Menschen unerschütterliches Vertrauen in ihre eigene Rechtschaffenheit gibt. Gefährlich, weil er ihnen falschen Mut verleiht, sich selbst zu töten, was automatisch die normalen Hemmungen entfernt, andere zu töten. Gefährlich, weil er Feindseligkeit gegenüber anderen lehrt, die sich lediglich durch einen Unterschied in der vererbten Tradition auszeichnen. Und gefährlich, weil wir alle an einen seltsamen Respekt glauben, der einzig die Religion von normaler Kritik schützt. Lasst uns jetzt damit aufhören, so verdammt respektvoll zu sein!“
“Many of us saw religion as harmless nonsense. Beliefs might lack all supporting evidence but, we thought, if people needed a crutch for consolation, where's the harm? September 11th changed all that. Revealed faith is not harmless nonsense, it can be lethally dangerous nonsense. Dangerous because it gives people unshakeable confidence in their own righteousness. Dangerous because it gives them false courage to kill themselves, which automatically removes normal barriers to killing others. Dangerous because it teaches enmity to others labelled only by a difference of inherited tradition. And dangerous because we have all bought into a weird respect, which uniquely protects religion from normal criticism. Let's now stop being so damned respectful!”

Auch im deutschen Sprachraum gibt es etliche Biologen, die sich zumindest als evolutionäre Humanisten definieren. Beispielsweise finden sich im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung einige Biologen, die sich in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern engagieren: Prof. Dr. Ulrich Kutschera, Evolutionsbiologe/Physiologe; Dr. Martin Mahner, Biologe/Wissenschaftstheoretiker; Prof. Dr. Axel Meyer, Evolutionsbiologe/Zoologe; Dr. Sabine Paul, Molekular- und Evolutionsbiologin; Prof. Dr. Volker Sommer, Anthropologe/Primatologe; Prof. Dr. Beda M. Stadler, Immunologe/Molekularbiologe; Rüdiger Vaas, Wissenschaftsjournalist/Biologe/Philosoph; Prof. Dr. Eckart Voland, Soziobiologe, Biophilosoph und Prof. Dr. Franz Wuketits, Evolutionstheoretiker/Zoologe.
 

Fiona Lorenz

 

AHA! Schauspieler (3. Februar 2012)