Conservapedia

Zunehmend viele weltanschauliche Gruppen fühlen sich bei Wikipedia falsch dargestellt.

Dies gilt für Atheisten, die auf einen negativen Einfluss religiöser Kräfte bei der Online-Enzyklopädie reagierten, indem sie Athpedia ins Leben riefen. Es gilt aber auch für konservative bis fundamentalistische Christen in den USA, die nun mit Conservapedia eine eigene Enzyklopädie aufbauen.

Das Lexikon ist ernst gemeint. Eigentlich. Allerdings wurde es offenkundig von Satirikern unterwandert, wobei es ohnehin schwer fällt, die ernst gemeinten Artikel von Satiren zu unterscheiden. Es bezeichnet den ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton als den „wiedergeborenen Satan“. Ein unerwartet-satirischer Unterton ist dabei wahrscheinlich, so auch bei dem Satz: „Clinton versuchte auch das amerikanische Militär dazu zu benutzen, Osama Bin Laden und Al Qaeda zu töten, eine Aktion, die korrekt als bloßer Versuch erkannt wurde, die Nation vom Monica-Lewinsky-Skandal abzulenken.“

Zur Homosexualität wird erst einmal die Bibel zitiert, die sie zwar bei Todesstrafe verbietet, „wobei Jesus aber nie selbst davon sprach“ und „obwohl die Bibel interessanter Weise nichts gegen Homosexualität bei Frauen aussagt“. Diese Relativierungen konnte man nicht unbedingt erwarten. Endlich aufgeklärt wird man über den Kommunismus: "Kommunisten glauben, dass, wenn sie alles teilen, niemals jemand arbeiten muss." Vollends verblüffend ist jedoch der Eintrag über Atheismus. Während man zumindest mit einer negativ angehauchten Darstellung rechnen konnte, handelt es sich tatsächlich um einen Artikel, den man als Werbung für Gottlosigkeit bezeichnen könnte und der sogar erheblich positiver ausfällt als der Wikipedia-Eintrag, ja sogar als der Athpedia-Eintrag zum Thema.

So heißt es dort: „[...] Atheismus ist ein Teil des wissenschaftlichen Weltbilds, welches auf beobachtbaren Belegen basiert, anstelle von dogmatischem Bestehen auf die Wahrheit abergläubischer Behauptungen.“ Es gibt sogar einen Eintrag über atheistische Moral, die von religiöser Seite gewöhnlich geleugnet wird: „Atheisten schließen sich oft dem säkular-humanistischem Gedanken an, laut dem es ethischer ist, zu tun, was man für richtig hält, weil man fühlt, dass es richtig ist, anstelle aufgrund von Furcht vor göttlicher Strafe zu handeln. Ein solches ethisches Verhalten erleichtert den zivilisierten Umgang miteinander und verbessert das Leben für jeden.“

Angehängt sind zwei Studien. Die erste Studie zeigt, dass Kriminalität bei Atheisten geringer ist als bei religiösen Menschen und die zweite Studie besagt, dass es eine „invertierte Korrelation zwischen Intelligenz und Religiösität“ gibt (!).

Insofern können wir vom hpd nur feststellen, dass sich Conservapedia auf dem richtigen Weg befindet und wir wünschen dem Projekt gutes Gelingen und viel Glück für die Zukunft.

Wer dagegen nicht konservativ ist, sondern ein Kamel, oder beides, dem sei Kamelopedia empfohlen, welches die Weltanschauung von Kamelen wiedergibt. Ehrliche und anständige Fehlinformation gibt es bei Uncyclopedia. Dort erfährt man Interessantes über den "fundamentalistischen Atheisten Richard Dorkins, der außerdem ein jüdischer Nazi ist und ein afrikanisches Mitglied des KKK." Angeblich schlendert er Nachts durch die Straßen von Oxford, auf der Suche nach unproduktiven Mitgliedern der Gesellschaft und ermordet sie, weil "es das ist, was die Evolution fordert, das getan werden muss."

Die Kernaussage der Evolutionstheorie ist laut Uncyclopedia jedoch Folgende: "Die Evolution beschreibt die Entwicklung aller Organismen über Millionen von Jahren hinweg vom Ursperma bis hin zur perfekten, wunderschönen, hochintelligenten, kompetenten, bescheidenen [...] Endstufe, dem Mann." Dafür gibt es auch einen Artikel über die Frau, der praktischerweise eine Bedienungsanleitung enthält. Die frauenfeindliche Neigung des Spaßportals erhält Unterstützung durch Bibelzitate, bekanntlich unfehlbarer Natur:

„Die Bibel ist eine Kurzgeschichtensammlung, welche von Gott herausgegeben wurde und über die man deshalb keine Witze machen darf.“

Diverse Pedianer sehen das zum Glück nicht so eng.

 

Andreas Müller