Bundeskanzler Merz setzt auf christliche Fundamente und begeht einen Tabubruch

Regionalbischöfin Bahr als Staatssekretärin

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Petra Bahr (2023)
Petra Bahr (2023)

Die Entscheidung, die Regionalbischöfin Petra Bahr zur Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu ernennen, ist ein weiterer Beleg dafür, dass die neue Bundesregierung nicht an einer weltanschaulich neutralen Politik interessiert ist, sondern im Gegenteil kirchliche Akteure gezielt aufwertet und damit die Verflechtung von Staat und Religion bedenklich vertieft. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein hoher geistlicher Würdenträger ein wichtiges politisches Amt bekleidet.

Nach der heftig kritisierten Entscheidung, mit Wolfram Weimer einen Mann zum Kulturstaatsminister zu ernennen, der Religion als Segen für die Gesellschaft feiert und "radikale Atheisten" für die Schrecken des Zweiten Weltkriegs verantwortlich macht (der hpd berichtete), deutet die Berufung Bahrs zur beamteten Staatssekretärin auf eine religiöse Aufladung zentraler Politikfelder hin, mit der der Katholik Friedrich Merz eine konservative Wende in Deutschland einleiten möchte.

Religion steht bei der neuen Regierung hoch im Kurs: Am vergangenen Dienstag wurden 17 neue Minister und Ministerinnen vereidigt – nur vier Abgeordnete der SPD (Verteidigungsminister Boris Pistorius, Arbeitsministerin Bärbel Bas, Umweltminister Carsten Schneider und Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan) verzichteten auf die Formel "So wahr mir Gott helfe" (mehr dazu lesen Sie hier). Rechnet man Bundeskanzler Friedrich Merz hinzu, so haben mehr als 75 % aller Minister um Gottes Hilfe bei ihrer Amtsführung gebeten. Angesichts des Umstandes, dass nicht einmal die Hälfte der Deutschen der katholischen oder evangelischen Kirche angehören, kann man diese Bundesregierung als nicht repräsentativ für unser Land bezeichnen.

Gefahr für die weltanschauliche Neutralität der Schulen

Die Personalie Petra Bahr, die im Bildungsministerium als Staatssekretärin fungieren soll, ist besonders brisant. Mit der Petra Bahr, die seit 2017 in Hannover als Regionalbischöfin tätig ist, erhält eine bedeutende Kirchenvertreterin Einfluss auf die Schulpolitik – ein Bereich, in dem Fragen zur Stellung des Religionsunterrichts, zu weltanschaulicher Neutralität und zum Umgang mit Diversität besonders sensibel behandelt werden müssen. Es steht zu befürchten, dass Bahr als Vertreterin der evangelischen Kirche den konfessionellen Religionsunterricht stärken und Versuche blockieren könnte, ihn durch integrative Ethikmodelle zu ersetzen. Das wäre ein klarer Rückschritt für all jene, die sich für ein pluralistisches und inklusives Bildungsverständnis einsetzen – eines, das die weltanschauliche Vielfalt unserer Gesellschaft realistisch abbildet.

Petra Bahr ist in der Vergangenheit wiederholt durch äußerst kirchenfreundliche Äußerungen aufgefallen, für Atheismus hat sie wenig Verständnis. In ihrer 2018 erschienenen Schrift "Wie viel Religion verträgt unsere Gesellschaft?" warnt sie eindringlich vor dem Laizismus, dem sie eine geistige Nähe zum jakobinischen Terror unterstellt – ein fragwürdiger Vergleich, der Kritiker religiösen Einflusses auf politische Belange in eine radikale Ecke rückt. Bahr beklagt zudem, dass der "militante Atheismus" eines Richard Dawkins oder Michael Schmidt-Salomon die Gefahr des Laizismus verkenne. Diese Argumentation stellt die kritische Auseinandersetzung mit religiöser Macht unter Generalverdacht und untergräbt bewusst die Idee einer säkularen Gesellschaft.

Seit 2020 ist Petra Bahr – auf Vorschlag der CDU – außerdem Mitglied des Deutschen Ethikrats, jenem Gremium, das über hochsensible Themen wie Sterbehilfe, Reproduktionsmedizin und Geschlechtervielfalt berät. Gerade dort zeigt sich ein strukturelles Ungleichgewicht: Vertreterinnen und Vertreter religiöser Weltanschauungen sind deutlich überrepräsentiert. Die Berufung von Bahr steht exemplarisch für diese einseitige religiöse Schlagseite, die weltanschauliche Ausgewogenheit vermissen lässt und gesellschaftliche Vielfalt unzureichend widerspiegelt.

Dass eine öffentlich-rechtlich alimentierte Kirche in einem zunehmend säkularen Staat wie Deutschland weiterhin großen Einfluss auf Bildung, Ethik und Kultur ausübt, ist nicht nur anachronistisch, sondern unter demokratischen Aspekten bedenklich. Die Tatsache, dass Petra Bahr als Staatssekretärin in ein Ministerium einzieht, das auch für Bildungsfragen zuständig ist, verschärft diesen Widerspruch – Schulen sollten Orte sein, an denen Vielfalt gelebt, kritisches Denken gefördert und keine Weltanschauung privilegiert behandelt wird.

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz wendet sich mit der Berufung von Petra Bahr von der weltanschaulichen Neutralität des Staates ab und strebt stattdessen die Rückführung zentraler gesellschaftlicher Bereiche unter kirchlichen Einfluss an. Dies stellt keine moderne Bildungspolitik dar – es handelt sich vielmehr um eine kulturpolitische Regression und einen Tabubruch. In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat es zuvor keinen Fall gegeben, in dem ein hoher geistlicher Würdenträger ein wichtiges Staatsamt innehatte. Die Trennung von Kirche und Staat ist ein grundlegendes Prinzip der deutschen Verfassung und darf auch von der von Friedrich Merz geführten Regierung nicht missachtet werden. Man fragt sich unwillkürlich, wann Kardinal Marx zum Staatssekretär im Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt berufen wird.„"


Ergänzung (13.05.2025, 17:15 Uhr): Auf Anfrage des hpd, ob Petra Bahr ihr Amt als Regionalbischöfin parallel zu dem als Staatssekretärin ausüben werde, antwortete die Pressestelle der Landeskirche Hannovers: "Das Amt einer Regionalbischöfin ist genauso eine Vollzeitstelle wie das Amt einer Staatssekretärin. Von daher wird Frau Bahr ihre Aufgabe als Regionalbischöfin mit der Übernahme des Amtes als Staatssekretärin beenden."

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