KÖLN. (hpd) Die Veranstaltung mit Mina Ahadi zu Menschenrechten im Islam konnte nicht, wie lange geplant und bereits von der Kölner gbs-Regionalgruppe auf Flyer und Plakate gedruckt, in der Hochschule für Musik und Tanz stattfinden. - Wovor hatte die Kölner Hochschule für Musik und Tanz Angst?
Kurz vorher kamen Bedenken: Die Leute würden bei Kritik am Islam direkt an "Pro Köln" denken und damit wollen wir nichts zu tun haben. Oder wollen sie nichts mit Islam zu tun haben? Oder vielleicht gar mit externer, säkularer Religionskritik?
Jedenfalls behielten die Aktiven der Köln-Bonn-Düsseldorfer gbs-Regionalgruppe die Nerven und es fand sich kurzfristig ein in der Nähe gelegenes, kleines, aufrichtiges Theater, das freundlicherweise und trotz gleichzeitig stattfindender Theatervorstellung sein Café zur Verfügung stellte.
Dieses war dann auch bis zum Bersten gefüllt, als Mina Ahadi in einem unterhaltsamen Frage- und Antwortspiel, die Fragen des Kölner Psychologen und gbs-Förderers Frank Hichert parierte, die dieser mit zahlreichen, pointierten Buchzitaten und überraschenden Fakten versehen hatte.
Eine Frau zwischen zwei Fronten
Mina Ahadi, die Stimme der politischen Vernunft, der Frauenrechte und Menschenrechte. Jene couragierte Frau, die in ständiger Lebensgefahr und auf der Flucht vor dem iranischen Geheimdienst nicht müde wird, vor dem politischen Wahnsinn der Religion zu warnen und hier in Deutschland unverhofft zwischen zwei Fronten geraten ist:
Auf der einen Seite sieht sie die Aktivitäten und Organisationen des politischen Islam am Werk, wie die DITIB, Milli Görüs, den Zentralrat der Muslime, den Islamrat, die Moscheebauvereine, ect., auf der anderen Seite kulturrelativistische, pseudo-tolerante deutsche Politiker und Medien, die lieber 10 studierte, emanzipiert wirkende und Kopftuch tragende Frauen finden und diese dann in Talkshows für den Islam als Maßstab des Zusammenlebens werben zu lassen, als auch nur einmal eine der 100tausende Kopftuch tragenden Frauen zu fragen, die tatsächlich in den Maßstäben des Islams leben müssen, und auch in Deutschland immer noch ihrer Rechte harren, der Willkür und der Gewalt ihrer Familien und der religiösen, diskriminierenden Gesetze ausgesetzt sind.
Als ob man sich in Deutschland immer noch gern von totalitärem Gedankengut beeindrucken lässt, wenn es doch nur mit humanitärem Anstrich gehübscht ist.
Zudem versuchen rechte Gruppierungen Mina Ahadi zu vereinnahmen. Sie profitieren vom Vakuum, das durch die Tabuisierung externer Religionskritik entsteht und besetzen diese einseitig auf den Islam bezogen. Das passt trefflich zu ihrer irrationalen Angst vor allem Fremden. Reflexhaft nehmen Linke die entgegengesetzte Position ein und machen sich zu Anwälten der fremden Kultur, inklusive ihrer vormodernen Religionsgesetze. Über die Menschenrechtsverletzungen kann man in diesem Zusammenhang hinwegsehen, die gehören mitgeschluckt.
So ist der aufgezwungene Umzug der Veranstaltung ein symptomatisches Bild für die Heimatlosigkeit, in der sich vernünftige Kritik aus humaner Perspektive inzwischen in Deutschland wiederfinden muss.
Verkehrte Welt
Während dem politischen Islam eine gigantomanische Großmoschee in Dubaimaßstäben gebaut wird, Imame sich ihre Ausbildung bezahlen lassen und in die Schulen und Rundfunkräte durchmarschieren, leidet Mina Ahadi darunter, dass ihr nicht einmal die nötigsten finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um auch nur ansatzweise den vielen Menschen helfen zu können, die sie täglich in ihrer Not kontaktieren. So wie das 19jährige Mädchen, das gerade eben noch voller Verzweifelung angerufen hatte. Sie wollte frei leben wie ihre Freundinnen und noch nicht heiraten und findet sich nun von ihrer Familie verschleppt und vom Vater ihres deutschen Personalausweises beraubt in Kairo wieder. Ob der Zentralrat der Ex-Muslime helfen könne?
Dieser hatte sich 2007 konstituiert, um darauf aufmerksam zu machen, dass nicht jeder Mensch, der aus einem Land kommt oder flieht, in dem muslimische Machthaber regieren, auch automatisch ein Muslim ist und von Religiösen des Zentralrates der Muslime vertreten sein möchte.
Wäre es denkbar gewesen, deutsche Juden, die ab 1933 noch aus Deutschland fliehen konnten, im Ausland automatisch als faschistisch zu bezeichnen und einer faschistischen Organisation zu überantworten, nur weil eben jene gerade Deutschland regierten?
Obwohl über die Gründung des Zentralrates der Ex-Muslime vor zwei Jahren sämtliche Medien berichtet haben, hat keine Partei, kein Politiker und keine Politikerin auch nur ein Wort dazu gesagt. Die Lobby der Religiösen ist um ein Vielfaches mächtiger.
Ahadi nimmt kein Blatt vor den Mund
Seit Mina Ahadi als junge Medinzinstudentin an der Täbrizer Universität zunächst den Tschador, und zwei Wochen später auch das Kopftuch abgelegt hatte, nimmt sie auch kein Blatt mehr vor den Mund und jede Gelegenheit wahr, Menschen wachzurütteln, damit sie nicht länger über Geschlechterapartheid und Menschenrechtsverletzungen sämtlicher religiös-islamischer Regierungen hinwegsehen mögen.
Ja wollt ihr, oder könnt ihr nicht wahrnehmen, dass im Iran, in Afghanistan, im Sudan, in Somalia, in Saudi-Arabien, im Irak, in Pakistan, religiöser Wahnsinn wütet und die Rechte der Frauen mit Füßen getreten werden?
Mina Ahadi schilderte anschaulich, wie Menschen aus so genannten "islamischen Ländern" auf deutschen Formularen keine Chance haben, etwas anderes als "muslimisch" anzugeben. Sie kennt viele Iraner, die gegenüber den Beamten anfingen zu erklären, dass sie mit dem Islam nichts mehr zu tun hätten, ja gerade durch den Islam bedroht sind. Keine Chance. Solange die Möglichkeit "frei von Religion", "keiner Religion zugehörig" hierzulande nicht als eine eigenständige Existenzform wahrgenommen wird, haben wir ein Problem.
Sie selbst erlitt einen Schock, als sie in einem WDR-Beitrag ungefragt als Muslimin betitelt wurde. Das ist so, als ob man Alice Schwarzer als Christin bezeichnen würde. Mit dieser Etikettierung wird Politik gemacht.
Frank Hilchert konnte flankieren, dass von den deutschen Behörden tatsächlich jeder, der aus einem muslimischen Land kommt, automatisch als Muslim gezählt wird. 2000 Flüchtlinge aus dem Iran werden so pro Jahr von der dt. Statistik als Muslime gezählt!
Mit diesen "Mitgliederzahlen" machen die islamischen Organisationen dann hier Politik und kassieren entsprechende Gelder.
Mina Ahadi lässt ihr Ziel nicht eine Sekunde aus den Augen: Dass es anstelle der Solidarität mit den Religionsführern, Muslimbrüdern und Profiteuren der Apartheid endlich eine Solidarität mit den Menschen gäbe, die sich erheben und gegen die islamischen Gesetze und den Kopftuchzwang auf die Straße gehen und kämpfen.
Dass eines Tages alle Frauen aufstehen und mit Seyran Ates, Necla Kelek, Ayaan Hirsi Ali, Taslima Nasrin und den vielen anderen vernünftigen Stimmen ein Ende dieser Geschlechterapartheid fordern. Gegen jede bestehende Wirtschaft, gegen jede bestehende politische Kooperation mit jenen Terrorregimen, die bereits Tausende ermordet haben. So wie bereits die Apartheid in Südafrika abgeschafft worden ist.
Politik muss säkular und human sein
Frank Hichert brachte ein interessantes Zitat aus dem Buch "der zerrissene Schleier", von Carmen Bin Laden, der Ex-Schwägerin Osamas: Als die Mullahs im Iran verkündeten, dass zwischen Allah und den Gläubigen kein Herrscherhaus stehen muss, haben die Saudischen Monarchen Angst bekommen und wollen seither noch islamischer sein als die Islamisten. Deshalb fließen 6% der Öleinnahmen der Saudis in die aggressive muslimische Auslandsmissionierung, und deshalb hat der Islamismus weltweit so zugenommen.
Mina Ahadi ergänzte, dass sich die Türkei in derselben Situation befindet. Dort werden jetzt tausende neue Moscheen, vor allem im Osten des Landes gebaut.
Politik muss säkular und human sein. Religionen mit ihren irrationalen Fantasien können mit politischer und wirtschaftlicher Potenz gepaart nichts als Schaden anrichten.
Die Regierungen müssen erkennen, dass es grundsätzlich falsch ist, Religion als politischen Mitspieler anzuerkennen.
Darüber war man sich an diesem Abend einig.
Und so lässt sich trotz des schweren Themas die muntere und ausgelassene Stimmung erklären, die in dem überfüllten, kleinen Theatercafé in Köln herrschte: Man war ja so froh, einmal nicht erklären zu müssen, dass hinter der geübten und dringend notwendigen Kritik an der Religion an sich, ja an allen Religionen, kein konkurrierender womöglich unmenschlicher, weiterer Gedankenabsolutismus steht. Man musste sich gegen keine Rassismus- und Fremdenfeindlichkeits-Vorwürfe wehren. Nein, alle Anwesenden waren aufgeklärt, kritisch-rational, offen und differenziert denkende, religionsfreie Individuen aus vielerlei Ländern und Kulturen und jeglichen Alters. Und so füllte eine äußerst lebhafte, und von Frank Hichert charmant konzentriert gehaltene Diskussion mit dem Publikum die zweite Hälfte des Abends.
Zum Schluss gab ein anwesender Psychologe dem gefühlten und erhebenden humanistischen Schulterschluss eine Vision: "Was ist, wenn sich der Zentralrat der Ex-Muslime erweiterte und erklärte, auch der Zentralrat der Ex-Katholiken und Ex-Protestanten zu sein, dann wären wir doch Millionen und dann wären wir nicht mehr zu übersehen!"
Dem konnte Mina Ahadi nur zustimmen und sie erklärte am Ende, dass sie sich auf noch keiner ihrer zahlreichen Veranstaltungen so wohl gefühlt und so sehr das Gefühl gehabt hätte, bei einer wirklich humanistischen, aufklärerischen Veranstaltung zu sein, wie hier bei der Veranstaltung der Regionalgruppe der Köln/Bonn/Düsseldorfer-gbsler.
Ricarda Hinz
Zu den Videos der Veranstaltung geht es hier: