Wolfsgruß in Wuppertal

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Der sogenannte "Wolfsgruß" – das Erkennungszeichen der Grauen Wölfe
Der sogenannte "Wolfsgruß"

Der sogenannte Wolfsgruß sorgt erneut für politische Debatten. Anlass: Die Ditib-Gemeinde in Wuppertal veröffentlichte ein Foto, auf dem zwei den Wolfsgruß zeigende Jugendliche zu sehen sind. In der nordrhein-westfälischen Stadt gibt es nun eine Diskussion, ob es nach dem Vorfall bei den Plänen bleiben soll, den ohnehin schon umstrittenen Bau einer Moschee weiter zu verfolgen.

Es geht um ein Foto, das auf der Facebook-Seite der Ditib-Gemeinde Wuppertal-Elberfeld gepostet wurde. Ditib steht für Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion. Ein Verein, der der Kontrolle und Aufsicht des staatlichen Präsidiums für religiöse Angelegenheiten, Diyanet, in der Türkei untersteht. Das Foto zeigt, wie zwei Kinder auf dem Bild die Wolfsgruß-Geste zeigen. Im Vordergrund ist ein gelernter Imam zu sehen, der in der Jugendarbeit der Ditib-Gemeinde aktiv ist. Er hält offenbar die Handy-Kamera für das Foto, auf dem eine größere Anzahl von Jungen zu sehen ist. Zwei von ihnen formen die Hände zum "Wolfsgruß". Eine Geste, die als Erkennungszeichen der rechtsextremistischen Grauen Wölfe gilt.

Wolfsgruß und Graue Wölfe

Der "Wolfsgruß" ist ein Handzeichen, bei dem Ring-, Mittelfinger und Daumen am ausgestreckten Arm aufeinandergepresst und der kleine Finger sowie der Zeigefinger abgespreizt werden. Was das Bild eines Wolfes symbolisieren soll - eine Geste der türkischen "Ülkücü"-Bewegung, die auch "Graue Wölfe" genannt werden. Im Sommer hatte der türkische Nationalspieler Merih Demiral bei der Fußball-Europameisterschaft für einen Eklat gesorgt, als er nach einem Tor den Wolfsgruß zeigte. Der Fußballverband Uefa sanktionierte ihn damals mit einer Spielsperre. Die nationalistischen "Grauen Wölfe" werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Im jüngsten Verfassungsschutzbericht heißt es dazu:

Die rechtsextremistische türkische "Ülkücü"-Bewegung ("Idealisten"-Bewegung) entstand Mitte des 20. Jahrhunderts. Sie beruft sich auf eine extrem nationalistische bis rechtsextremistische Ideologie, die von Elementen wie Rassismus, Antisemitismus und einer Überhöhung des Türkentums geprägt ist.

Die behauptete kulturelle und religiöse Überlegenheit bewirkt die völkerverständigungswidrige Herabwürdigung anderer Volksgruppen und Religionen wie insbesondere Juden, Kurden und Armenier. Weitere Feindbilder sind der Kommunismus, der Kapitalismus und der "Imperialismus" sowie mit diesen Begriffen assoziierte Staaten. Das Ziel der Verteidigung und Stärkung des Türkentums, einhergehend mit dem Selbstverständnis, einem kriegerischen und wehrhaften Volk anzugehören, verstärkt den Abgrenzungswillen und die gesellschaftliche Desintegration. Idealvorstellung ist die Schaffung eines ethnisch homogenen Staates "Turan" unter Führung der Türken vom Balkan bis nach Westchina.

Bekannteste Symbole und Erkennungszeichen der "Ülkücü"-Bewegung sind der "Graue Wolf" ("Bozkurt") und der "Wolfsgruß", bei dem die Finger der rechten Hand am ausgestreckten Arm den Kopf eines Wolfes formen. Anhängerinnen und Anhänger der "Ülkücü"-Bewegung werden auch oft als "Graue Wölfe" ("Bozkurtlar") bezeichnet. Eine Organisation oder eine Zuordnung der gesamten "Ülkücü"-Anhängerschaft unter diesem Begriff gibt es aber in Deutschland nicht.

Von den etwa 12.500 in Deutschland lebenden "Grauen Wölfen" sind etwa 10.500 in drei großen Dachverbänden organisiert, die in unterschiedlicher Ausprägung die "Ülkücü"-Ideologie vertreten.Teilweise handelt es sich um Auslandsorganisationen extrem nationalistischer türkischer Parteien. Die Verbände sind nach außen hin um ein gemäßigtes Auftreten bemüht. Ihre Mitglieder verzichten ganz überwiegend auf öffentliche Hassreden oder andere Straf- und Gewalttaten und sind bemüht, sich vom politischen Gegner nicht provozieren lassen. Der Extremismus wird mehr innerhalb der Vereine ausgelebt und so eine Grundlage für die weitere Verbreitung der rechtsextremistischen Ideologie geschaffen.

Unorganisierte "Graue Wölfe" leben ihre rassistischen oder antisemitischen Feindbilder dagegen häufig offen aus, etwa in den sozialen Medien, aber auch beim öffentlichen Aufeinandertreffen mit ihren politischen Gegnern, wo sich das hohe Gewaltpotenzial der Szene zeigt.

Das Foto und die geplante Moschee

Das nun öffentlich gewordene Foto mit dem Wolfsgruß der Jugendlichen bringt die FDP auf den Plan. Gegenüber der in Wuppertal erscheinenden Westdeutschen Zeitung sagte Wuppertals FDP-Chef Marcel Hafke, der auch für die Liberalen im nordrhein-westfälischen Landtag sitzt, dass seine Partei das Bauprojekt der Ditib-Moschee stoppen wolle. Ursprünglich, weil der türkische Staatschef Erdogan sich nie vom Terroranschlag der Hamas auf Israel distanziert habe und zu deren Finanziers gehöre. Dass jetzt ein solches Foto im Beisein des Imam entstehe, so Hafke, sei nur noch das "i-Tüpfelchen". Und fügt hinzu: "Man stelle sich vor, in der katholischen Kirche würde der Hitlergruß gezeigt." Zudem müssten die Grauen Wölfe verboten werden, fordert Hafke.

Die Wuppertaler Ditib-Gemeinde hält dagegen: "Wir setzen uns aktiv für die Werte der Demokratie ein und fördern ein Miteinander der Kulturen und Religionen. Unsere Jugendarbeit ist darauf ausgerichtet, junge Menschen für Respekt, Verantwortungsbewusstsein und die Vielfalt unserer Gesellschaft zu sensibilisieren." Man werde den Vorfall aufarbeiten und sicherstellen, dass "in unserer Gemeinde keinerlei Raum für Missverständnisse oder politisch aufgeladene Symbolik bleibt".

Doch auch Wuppertals Freie Wähler fordern laut der Westdeutschen Zeitung ein Ende der Zusammenarbeit zwischen Stadt und Ditib und "sehen sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass jedwede Zusammenarbeit der Stadt mit Ditib ein Weg in die falsche Richtung ist". Auch die Reaktion der Ditib auf das Foto ändere das nicht. "Auch wenn die Gemeinde sich nun davon distanziert, so muss man feststellen, dass beim Hochladen der Fotos anscheinend kein Problem darin gesehen wurde, dass Kinder den Wolfsgruß zeigen", so Henrik Dahlmann, Vorsitzender der Wählergemeinschaft für Wuppertal/Freie Wähler und Mitglied im Wuppertaler Stadtrat. "Es ist beileibe nicht der erste Vorfall dieser Art, sondern reiht sich ein in eine lange Kette von Ereignissen, die verdeutlichen, dass die Ditib trotz gegenteiliger Beteuerungen antisemitische und rechtsextreme Einstellungen mindestens duldet, wenn nicht sogar fördert." Eine Zusammenarbeit, egal in welcher Form, könne es mit solchen Kräften nicht geben, so der Wuppertaler Lokalpolitiker.

Wolfsgruß und "Leisefuchs"

Nachdem der Wolfsgruß bei der Europameisterschaft im Sommer für hitzige Diskussionen gesorgt hatte, hatte die AfD im Landtag eine Kleine Anfrage an die nordrhein-westfälische Landesregierung gestellt. Und wollte unter anderem wissen: "Wird das Zeigen des Wolfsgrußes in NRW strafrechtlich verfolgt?" Antwort der Landesregierung: "Das Zeigen des 'Wolfsgrußes' erfüllt keinen strafrechtlichen Tatbestand. Entsprechend werden keine Ermittlungsverfahren eingeleitet und es erfolgt keine statistische Erfassung."

Und dann stellte die AfD noch eine weitere, bizarr erscheinende Frage: "Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, dass 'Wolfsgrüße' an Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten bzw. anderen Bildungseinrichtungen gezeigt wurden?" In der Antwort darauf kommt die Landesregierung auf den "Leisefuchs" zu sprechen. Man kennt das aus Kitas: Ähnlich wie beim Wolfsgruß werden Daumen, Mittel- und Ringfinger zu einer Art Schnauze geformt. Zeigefinger und kleiner Finger bilden die Ohren.

Das weiß auch die Landesregierung und antwortet: "In der frühkindlichen Bildung wird der sogenannte 'Leisefuchs' situativ als pädagogische Strategie eingesetzt, beispielsweise im Morgen- oder Stuhlkreis, um Kinder zum leise sein anzuregen. Häufig wird diese Geste von einem Finger auf den Lippen begleitet und mit der verbalen Instruktion 'Wir werden alle leise' klar kommuniziert. Die Anwendung dieser Geste ist eng mit dem pädagogischen Kontext verbunden und ist vom 'Wolfsgruß' klar abzugrenzen."

Keinesfalls diesen Leisefuchs, sondern bewusst den Wolfsgruß meinte dagegen der Bürgermeister der westtürkischen Stadt Bolu, als er kürzlich eine Statue des türkischen Nationalspielers Merih Demiral einweihte. Sie zeigt den Fußballer im Nationaltrikot, den Wolfsgruß zeigend. Eine Geste, die, so der Bürgermeister, ein Symbol des Türkentums sei.„"

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