Wahlkampf-Spiel mit herbem Abgang

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Landesgericht Graz Foto: wikipedia

GRAZ. (hpd) Ein Internet-Spiel der FPÖ im steirischen Landtagswahlkampf hat ein gerichtliches Nachspiel. Der Landesparteiobmann wird wegen Verhetzung angezeigt. Er ist für das Spiel verantwortlich, in dem man Moscheen und Muezzine wegklicken, oder wie Kritiker sagen: wegschießen, musste.

Vor dem Grazer Schlossberg, dem Wahrzeichen der steirischen Landeshauptstadt, schnellen Minarette in die Höhe, Muezzine kriechen aus Löchern. Der User muss sie wegklicken, wenn er, wie der Name „Moschee Baba“ suggeriert, die steirische Heimat beschützen will. Am Ende können User abstimmen, ob Zuwanderer aus muslimischen Ländern einen eigenen Vertrag unterzeichnen müssen, dass die österreichische Bundesverfassung mehr für sie gilt als der Koran und ob Minarette in der Steiermark gebaut werden dürfen. Ob dieses Spiel auf der Homepage der FPÖ Steiermark ein „Beitrag zur politischen Willensbildung“ war oder Hetze, diese Frage wird das Landesgericht Graz demnächst klären müssen. Für die Staatsanwaltschaft Graz scheint die Frage klar zu sein: Sie hat gegen den Landesparteiobmann der FPÖ, Gerhard Kurzmann, Anklage wegen Verhetzung erhoben.

Mehr als ein halbes Jahr nachdem das Spiel mitten im steirischen Landtagswahlkampf die Gemüter erhitzt hatte und die Hauptlinie der Freiheitlichen deutlich machte: zu versuchen, mit Attacken gegen angebliche Pläne von Zuwanderern zu punkten. Kurz davor hatte sie eine Plakatkampagne mit dem Slogan „Heimat statt Moschee“ gefahren. Dass in der Steiermark auch zu diesem Zeitpunkt keine einzige Moschee in Planung war, ließen die Blauen nicht als Gegenargument gelten.

Er wolle einer Islamisierung Europas nicht das Wort reden und er könne "das alles im Interesse vom Jugend und Frauen nicht gutheißen", sagte Kurzmann damals auf einer Pressekonferenz. Die Aufregung um das Videospiel versteht er gar nicht. Man wolle Herr im eigenen Haus bleiben und nicht Fremder. Kurzmann beklagte weiter, dass "der Großteil der Tageszeitungen" ein FPÖ-Inserat (mit dem Thema Islam, Anm.) abgelehnt hat, "so viel zur freien Meinungsäußerung". Ausländerfeindlich sei das Spiel nicht, hieß es in einem Argumentationsleitfaden der Partei: „Es ist inländerfreundlich! Es bietet der (…) Bevölkerung die einmalige Gelegenheit mit der Umfrage, ihren Willen kundzutun und der Politik mitzuteilen, was beim Thema „Islam“ gemacht werden muss.“ Die Staatsanwaltschaft sah das schon damals anders. Eine gerichtliche Anordnung zwang die FPÖ, das umstrittene Spiel von der Homepage zu nehmen.

Nähe zu Nazi-Umtrieben?

Kurz darauf tauchte es, in leicht veränderter Form, auf der Neonazi-Homepage alpen-donau.info wieder auf. Nicht die einzige dokumentierte Nähe zwischen der steirischen Landes-FPÖ und Umtrieben hart an oder jenseits der Grenze des Verbotsgesetzes. Kurzmann etwa ist Mitglied der Kameradschaft IV der Waffen-SS. Aus seiner Sicht ist die Waffen-SS „nicht im ganzen“ eine verbrecherische Organisation, erzählte er in Zeitungsinterviews. Im Februar wurden zwei Jugendfunktionäre der Partei angeklagt, die gemeinsam mit Gesinnungsfreunden den Teilnehmer einer Feier in einem Cafe schwer verletzt haben sollen – nachdem sie, so die Anklage, Nazi-Parolen gebrüllt hatten.

Rechnung ging politisch auf

Wann es zum Prozess gegen Kurzmann kommen wird, ist nicht bekannt. Ihm drohen bis zu zwei Jahre Haft, ebenso dem mitangeklagten Programmierer aus der Schweiz. Die Partei könnte zu einer Geldstrafe verurteilt werden.

Die juristische Rechnung mag offen sein – die politische ging für die FPÖ auf. Sie erhielt bei den Landtagswahlen im Vorjahr mit knapp 11 Prozent mehr als doppelt so viele Stimmen wie 2005 und ist seitdem die größte Oppositionspartei im Bundesland.


Christoph Baumgarten