Evangelikale Missionierung in Vorarlberger Schule

Weihnachten im Schuhkarton

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Schulen in Vorarlberg verteilten Flyer der Aktion “Weihnachten im Schuhkarton”. Ziel dieser Aktion ist die Unterstützung von bedürftigen Kindern in Mittel- und Osteuropa. Dafür werden Schuhkartons je nach Vorliebe geschmückt und mit einer Auswahl von Geschenken befüllt. Dies können Spielzeuge, Schulunterlagen oder auch Kleidung sein. Was zunächst nach einer wohltätigen Spende klingt, die Kindern Freude bereiten soll, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als etwas gänzlich anderes.

“Weihnachten im Schuhkarton“ ist die weltweit größte Geschenkaktion und Teil der internationalen Aktion "Operation Christmas Child" der christlichen Hilfsorganisation "Samaritan’s Purse". Diese Aktion findet seit 1996 im deutschsprachigen Raum statt.

Im Internet finden sich auf der Homepage von "Samaritan’s Purse" diverse Packanleitungen, Einkaufslisten, Geschenkvorschläge, viele Spendenmöglichkeiten und Mitmachideen für Schulen. Nach Eigenangaben beschenkte die Aktion 2023 rund 12 Millionen Kinder in mehr als 170 Ländern und Regionen der Erde. Ungefähr 23.000 Kartons wurden in Österreich verpackt. Die Beschenkten erhielten hierbei einen mit selbst ausgewählten Geschenken gefüllten Karton, der liebevoll gestaltet wurde.

Als Geschenkvorschläge werden u.a. folgende Gegenstände empfohlen:

  • Spielsachen, wie z.B. Kuscheltiere, Puppen, Autos oder Bälle, um den Kindern ein spielerisches Highlight zu bieten.
  • Hefte, Buntstifte, Lineale, Spitzer und Radiergummis und alles andere, was den Kindern im Alltag hilft.
  • Hygieneartikel wie Zahnbürsten, Zahnpasta, Seife oder Handtücher.
  • Kleidung für die kalte Jahreszeit wie u.a. Mützen, Schals, Handschuhe und Socken.

In Vorarlberg leitet Dieter Kuhn seit 2021 als Gebietskoordinator für Vorarlberg die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton". Unterstützung erhält er von seiner Ehefrau Inge und seinem langjährigen Freund Gerhard Klocker. 2023 hat Herr Klocker 1.800 Kartons gesammelt, damit diese gefüllt werden können. In Dornbirn wird die Aktion zusätzlich durch die evangelikale Freikirche CGD Christliche Gemeinde Dornbirn unterstützt.

In Vorarlberg konnten die Kartons bis spätestens 18. November 2024 zu einer der Abgabestellen gebracht werden. Von Österreich werden die Kartons nach Deutschland gebracht. Ab dem 22. November öffnen sich in der Deutschen Bundeshauptstadt in der Köpenicker Straße die Türen zur Weihnachtswerkstatt. In Berlin werden die Pakete nochmals von freiwilligen Helfern kontrolliert und gehen auf ihre Reise Richtung Osten.

Werbung an Dornbirner Schule

Neben vielen Ehrenamtlichen, die sich für eine gute Sache einsetzen, wird die Aktion zusätzlich von Schulen in Vorarlberg beworben.

Die Kinder einer Volksschule in Dornbirn wurden von den Lehrkräften auf die Aktion aufmerksam gemacht. Die Schule stellte darüber hinaus leere Schuhkartons zur Verfügung, die die Kinder mit nach Hause nehmen durften. Zusätzlich erhielten die Eltern von der Schulleitung eine Benachrichtigung über SchoolFox (SchoolFox ist eine App um die Kommunikation zwischen der Schule und den Eltern abzuwickeln).

Benachrichtigung durch die VS in Dornbirn, Quelle: Privat
Benachrichtigung durch die VS in Dornbirn, Quelle: Privat

In der Mitteilung weist die Schulleitung recht unverblümt auf die “christliche Geschenkaktion” hin. Im Anhang wurde der unten-eingefügte Flyer mitgeschickt. Neben den netten Geschenkideen fallen drei Details ins Auge des Betrachters. Zuerst einmal die seltsam wirkenden Einteilungen in Boy und Girl. Zweitens wird mit keinem Wort auf den religiösen, christlich-motivierten Ursprung dieser Aktion hingewiesen. Es handelt sich also auf einmal um eine ganz normale Spendenaktion. Und abschließend fällt einem der freundlich zulächelnde Herr in der Ecke rechts unten auf. Es handelt sich um Franklin Graham, dem Präsidenten von "Samaritan’s Purse International"

Benachrichtigung durch die VS in Dornbirn, Quelle: Privat
Benachrichtigung durch die VS in Dornbirn, Quelle: Privat

Der von der Schule verteilte Flyer zeichnet hingegen ein ganz anderes Bild. Das Bild steht in starkem Kontrast zu der oben erwähnten offiziellen Nachricht der Schulleitung.

Flyer Weihnachten im Schuhkarton, Foto: Privat
Flyer zu "Weihnachten im Schuhkarton", Foto: Privat

Nun wird aktiv dafür geworben, dass den armen Kindern in Ost- und Südeuropa neben Geschenken auch Bibeln überreicht und der christliche Glaube näher gebracht wird. Das geschieht einmal durch beigelegte Bibeln in den Schuhkartons und des Weiteren durch den Kurs "Die größte Reise", an dem viele der beschenkten Kinder teilnehmen. "Jeder Schuhkarton ist wichtig und kostbar, denn jedes Geschenk bietet die Gelegenheit, einem Kind von Gottes Liebe zu erzählen und von seinem Sohn - Jesus Christus."

Wer ist die Organisation "The Samaritan’s Purse"?

Auf der Homepage der "The Samaritan’s Purse" findet sich ein Kurzporträt von Franklin Graham. Neben der Funktion als Präsident, die Graham seit 1979 innehat, ist er seit 2001 ebenfalls Präsident und CEO der Billy Graham Evangelistic Association.

Sein Vater, Billy Graham, ist weltweit als einflussreicher Evangelist bekannt. Bereits Anfang der 1950er Jahre trat Graham vor einem gemischten Publikum auf und war mit Martin Luther King befreundet. Was sich zunächst recht harmlos anhört, entwickelt sich bei näherer Betrachtung zu einem diffusen Mix aus religiöser Verblendung und einem Hauch von Verschwörungsglauben. Graham war gegen Abtreibung und Homosexualität. Er hetzte 1954 gegen Kommunisten: "Der Antichrist, vor dem die Propheten warnten, daß er in den letzten Tagen erscheinen würde, wächst und nimmt Gestalt an vor unseren Augen …" und ließ sich später aktiv für den Vietnamkrieg einspannen.

Franklin Graham tritt, wie sein Vater, regelmäßig bei evangelistischen Großveranstaltungen auf. Ebenfalls ist er politisch aktiv und sprach das Segensgebet bei der Diensteinführung der Präsidenten George W. Bush und Donald Trump.

Daneben fällt er immer wieder mit Kontroversen auf. Nach den Anschlägen vom 11.September bezeichnete er den Islam als "böse" und "teuflisch". 2003 befürwortete er den Krieg im Irak und im August 2010 äußerte er sich kritisch über Barack Obama, da er der Sohn eines Muslim sei.

Nach dem Sturm auf das Kapitol äußerte er sich kritisch über die Eindringlinge, doch bereits 2024 betete er regelmäßig in christlichen TV-Sendungen und Predigten für eine zweite Amtszeit Donald Trumps.

"The Samaritan’s Purse" als Organisation ist ebenfalls regelmäßiger Kritik ausgesetzt. So wird z.B. von den Mitarbeitern verlangt, dass diese gegen Homosexualität und die gleichgeschlechtliche Ehe sind. In den Forbes 100 Listen taucht die Organisation seit 2017 in den Top 30 der vermögendsten Wohltätigkeitsorganisationen auf.

Fazit

Die Organisation "The Samaritan’s Purse" und deren Präsident sind mindestens als kontrovers anzusehen. Franklin Graham ist ein bekannter und einflussreicher Vertreter der christlichen Evangelikalen in den USA und ein prominenter Unterstützer Donald Trumps. Er äußert sich ebenfalls – wie sein Vater Billy Graham – seit Jahrzehnten abfällig über Anhänger anderer Religionen, Homosexuelle und Abtreibungsgegner.

Eine einfache Internetrecherche fördert diese Informationen zu Tage. Daher ist es verwunderlich, dass eine Volksschule die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" aktiv bewirbt. Es wird noch seltsamer, da die Schule anscheinend die Trennung von Kirche und Staat als unwichtig, wenn nicht sogar als lästig und ohne Belang abtut. Denn anders lässt sich diese Kommunikation und das Verteilen von Flyern nur schwer erklären.

Doch eine Volksschule mit muslimischen Schülern, Hindus, Buddhisten und Bekenntnisfreien hat die Aufgabe, neutral zu sein. Politisch und weltanschaulich neutral. Dieses Manko sollte die Schulleitung unverzüglich beheben.

Neben dieser mehr als offensichtlichen Unzulänglichkeit durch die Schulleitung, grenzt das Einsammeln von Geld durch eine Verschleierung des Verwendungszwecks an eine betrügerische Absicht. Hierbei wird gezielt Geld für wohltätige Zwecke gesammelt, um damit die finanziellen Mittel für eine Christianisierung aufzubringen.

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