BRASILIEN. (hpd) Im brasilianischen Amazonasbecken stehen Wissenschaftler und Politiker einer der größten Herausforderungen unserer Zeit gegenüber. Sollte die Grüne Lunge der Erde zusammenbrechen, wird der Planet selbst zusammenbrechen. Die Einheimischen haben nun eine wirksame Waffe gegen den Raubbau entdeckt: das Internet.
Die dreiteilige Doku-Serie "Der Kampf um Amazonien" betrachtet die Anstrengungen, die unternommen werden, um den Regenwald zu retten - und enthüllt nicht nur, wie mager die Aussicht dafür ist, sondern dokumentiert auch die Wege, die hoffen lassen.
Amazonien ist weit mehr als bloß die Grüne Lunge der Erde: Amazonien ist die Heimat von 20 Prozent der Fauna der Welt, birgt 20 Prozent der Frischwasserreserven der Welt und unzählige Tierarten.
In den 1960ern und 1970ern begann Brasilien den dichten, uralten Wald zu erobern, um den Wohlstand des Landes zu mehren, ein Volk ohne Land zog in ein Land ohne Volk, baute Straßen, Dämme und Städte.
Seitdem sind jährlich zwei Millionen Hektar tropischen Regenwalds niedergebrannt und geräumt worden. Ein Areal, das etwas die Größe Frankreichs aufweist, 65 Millionen Hektar, ist nun verschwunden.
Regenwälder bedeckten früher 14 Prozent der Erdfläche, heute bedecken sie gerade einmal sechs Prozent. Experten schätzen, dass die letzten Regenwälder in weniger als 40 Jahren aufgebraucht sein könnten.
Heute bietet der größte Wald der Erde 20 Millionen Menschen eine Heimat: Sie alle haben ihre eigenen meist unterschiedlichen Ideen bezüglich der Zukunft der Amazonas-Region.
Die deutsche Filmproduktionsfirma Filmquadrat hat drei Filme zum Kampf um Amazonien herausgegeben.
Der erste Teil von Thomas Wartmann handelt von "Raubzügen im Regenwald" (Raids in the Rainforest). In Teil zwei von Arne Birkenstock geht es um "Das Boot der Gerechtigkeit" (The Justice Boat). Im dritten Teil beschäftigt sich Ilka Franzmann mit den "Internet-Indianern" (The Internet Indians).
Das Internet als Waffe
Üppige grüne Schutzdächer fruchtbarer Wälder konnte man einst aus der Luft betrachten. Aber nun zeigt Ilka Franzmanns Film große braune baumlose Schneisen, und ein paar kränkliche vergessene Bäume sind alles, was von der ehemals atemberaubenden und lebenspendenden Landschaft übrig geblieben sind.
"Das Internet ist unsere Waffe. Wir haben schon lange aufgegeben, mit Pfeil und Bogen zu kämpfen", erzählt Benki Piyako, der Sohn des Häuptlings der Ashaninka im brasilianischen Regenwald. "Wir müssen miteinander verbunden sein, wenn wir in unserem Territorium sicher leben wollen."
Die Ashaninka leben an der Grenze von Brasilien und Peru. Ihre Region ist reich an tropischem Holz und zieht illegale Holzfällertruppen an. Wenn der Stamm der Holzfällermafia die Stirn bietet, werden ihre Dörfer angegriffen, und die Einwohner werden getötet oder vertrieben.
Benki erklärt: "Ich bin mehrfach bedroht worden... Die Angriffe begannen, als wir versuchten, das Fällen der Bäume zu verhindern. Die Holzfäller hatten das Gefühl, ihr Lebensunterhalt sei bedroht. Als ob wir ihnen etwas wegnähmen."
Vor einigen Jahren änderte sich das, als eine brasilianische NGO begann, isolierte einheimische Gemeinschaften mit Internetstationen auszurüsten. Dies ermöglichte den Einwohnern des Regenwalds, die Behörden direkt um Hilfe zu bitten, wenn sie diese benötigten.
Illegale Holzfäller werden nun verhaftet, weil das Militär und die Polizei das Territorium sehr schnell erreichen und die Rohmaterial-Piraten in flagranti ertappen können. Das gab dem Kampf um die Rechte der indigenen Population einen bedeutenden Auftrieb. Besonders die Ashaninka schafften es in die Schlagzeilen, weil sie ein lebendes Beispiel dafür sind, wie Tradition mit Moderne und Verantwortung für die Umwelt vereint werden können.
Heute arbeiten die zwei Söhne des Häuptlings, Benki und Moises Piyako, hart daran, mehr indigenen Gemeinschaften den Zugang zum Internet zu ermöglichen. Sie haben zudem eine Umweltschule errichtet, in der sie nachhaltige Landwirtschaftsmethoden unterrichten, sie machen ihre Dörfer wieder zu Selbstversorgern und haben mit der Wieder-Aufforstung begonnen.
Benki meint: "Wir streben eine neue Art des Denkens an, des Respekts der Völker voreinander und zum Schutz unserer Art zu Leben."
Fiona Lorenz