Dimensionen von Demokratie

(hpd) Der Politikwissenschaftler Samuel Salzborn legt eine einführende Darstellung zum Thema Demokratie auf engem Raum vor. Der Band gibt einen knappen, aber nicht oberflächlichen Überblick zu den unterschiedlichen Dimensionen der Entwicklung und Konzeptionierung von Demokratie.

Bücher über die Demokratie füllen mittlerweile schon mehrere Bibliotheken. Gleichwohl gibt es keine allseits akzeptierte Definition des damit gemeinten politischen Konzeptes, was aber auch direkt mit dem konkret Gemeinten zusammenhängt. Darauf weist der Politikwissenschaftler Samuel Salzborn bereits zu Beginn seiner Monographie „Demokratie. Theorien, Formen, Entwicklungen“ hin: „Das, was Demokratie kennzeichnet muss umstritten sein, da es zum demokratischen Prozess selbst gehört, Interessenkonflikte zu organisieren und Differenzen zur Ausagierung zu verhelfen, da das Wesen der Demokratie der Konflikt ist“ (S. 7). Der Autor plädiert mit dieser Sicht gegen eine identitäre und für eine pluralistische Auffassung, aber auch für eine funktionale und gegen eine statische Definition: „Demokratie fordert die Legitimation ..., sie fordert die Kontrolle ... und sie zielt auf die Kritik von politischer Herrschaft – als dauerhaften und unabgeschlossenen Prozess“ (S. 8). In diesem Sinne will Salzborns Buch die Entwicklungslinien der Demokratie nachzeichnen.

Es gliedert sich in drei große Teile: Zunächst geht es um die Entwicklung der Demokratietheorien von der Antike bis in die Moderne, wobei der Rechtstaatlichkeit und den Vertragstheorien besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Salzborn behandelt im Unterschied zu anderen Einführungen in Demokratietheorien auch die Feinde und Kritiker dieses politischen Modells. Danach geht er auf die auf Partizipation und Repräsentation bezogenen Input-Theorien und die auf Steuerung und Stabilität bezogenen Output-Theorien von Demokratie ein und widmet sich dem folgend den uneingelösten Versprechen der Demokratie bezogen auf die Einschränkungen der Beteiligung und der Internationalisierung der Debatte hinsichtlich Konflikten und Weltpolitik. Bestimmte einzelne Theoretiker erhalten in diesem Teil besonders starke Aufmerksamkeit in Form von eigenen Unterkapiteln wie etwa Ralf Dahrendorf bezogen auf die demokratietheoretische Vermittlung und Niccolo Machiavelli hinsichtlich der Entstehung der modernen Politik.

Im zweiten größeren Teil geht es um die demokratischen Regierungsformen und den Vergleich von Demokratien, wofür Salzborn die Entwicklungslinien der vergleichenden Herrschafts- und Regierungsforschung skizziert und eine systematisch entwickelte Typologie zur Unterscheidung präsentiert. Bezogen auf den Grad einerseits von Staatssouveränität und andererseits Volkssouveränität ordnet er Präsidialdemokratie und Mehrheitsdemokratie, Repräsentativdemokratie und Parlamentarische Demokratie, Konsensdemokratie und Identitäre Demokratie ein.

Und im letzten Teil steht die internationale Entwicklung von Demokratie und Demokratisierung im Zentrum des Interesses, wobei man zusammengefasste Informationen zu den Messinstrumenten der empirischen Demokratieforschung ebenso findet wie zur weltweiten Bedeutung des Internet im Demokratiekontext. Der Band schließt mit einigen Betrachtungen zu den Perspektiven der Demokratie für das 21. Jahrhundert. Hierbei werden auch gegenläufige Tendenzen wie die „Postdemokratie“ (Crouch) angesprochen.

Salzborn legt mit seinem „Demokratie“-Band eine bilanzierende und kompakte Darstellung zum Thema vor, welche auf die modularisierten Studiengänge der Politikwissenschaft zugeschnitten ist. Anregungen zur Diskussion und Hinweise zur Literatur unterstreichen einen entsprechenden Nutzen. Gleichwohl verdient der Band auch über diese Zielgruppe hinaus Interesse, nimmt er doch auf engem Raum eine problemorientierte Erörterung zu „Demokratie“ vor.

Salzborn beschränkt sich aber nicht nur auf die „Demokratietheorien“ im Sinne der „Klassiker“. Hier und da mag die Gewichtung in seiner Darstellung irritieren, etwa bezogen auf den hohen Stellenwert von Dahrendorf und Machiavelli oder des Internet und der Technologie. Auch kann man Deutungen bezogen auf Autokratie und Extremismus durchaus widersprechen. Mitunter wählt Salzborn eine Sprache, die nicht unbedingt für eine Einführung ins Thema angemessen ist. Gleichwohl handelt es sich um eine durchweg empfehlens- und lesenswerte Darstellung zur „Demokratie“-Thematik.

Armin Pfahl-Traughber

Samuel Salzborn, Demokratie. Theorien, Formen, Entwicklungen, Baden-Baden 2012 (Nomos-Verlag), 153 S., 14,99 €.