In dem Buch "Front gegen die Freiheit. Peking, Moskau und ihre Komplizen in aller Welt" will Adrian Geiges unterschiedliche Kooperationspraktiken mit autoritären Regimen thematisieren. Die gelingt indessen nur in Ansätzen und in Kürze, da er sich zu sehr auf die historische Entwicklung des chinesisch-russischen Verhältnisses konzentriert.
China und Russland sind diktatorische Systeme, die ihre Einflussbemühungen nicht auf das eigene Land beschränken, sondern in die ganze Welt hinein wirken wollen. Doch wie steht es um die Einstellung beider Staaten zueinander, welche Strategien verfolgen sie um der erhofften Weltgeltung willen? Antworten auf diese Fragen verspricht ein journalistisches Sachbuch. Es stammt von Adrian Geiges und ist mit "Front gegen die Freiheit. Peking, Moskau und ihre Komplizen in der Welt" überschrieben. Bereits der Autor und seine Biographie sprechen für das Buch: Er war für die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) in jungen Jahren journalistisch aktiv und reiste durch die genannten Länder mit damals noch anderen politischen Systemen. Darüber berichtet der Autor dann auch gelegentlich. Er arbeitete auch als Journalist in Moskau, und in Shanghai in einem deutschen Unternehmen. Außerdem war Geiges Korrespondent in Peking für den "Stern". Man hat es demnach mit einem Experten zu tun, auch aufgrund seiner Sprachkenntnis.
Gleich zu Beginn erinnert er an "Biedermann und die Brandstifter" von Max Frisch, worin bekanntlich Blauäugigkeit zur Brandstiftung an einem Haus führte. Dann heißt es zutreffend: "Ähnlich verhielt sich die freie Welt gegenüber den Machthabern in Russland und verhält sich weiter gegenüber den Machthabern in China unter denen ihre eigenen Völker am meisten zu leiden haben" (S. 10). Demnach erwartet man als Leser, dass derartige Inhalte dominieren. Das ist leider nicht der Fall, besteht doch ein anderer inhaltlicher Schwerpunkt. Es folgt dann nämlich ein anderes Buch als eigentlich angekündigt wurde, was nicht gegen diese Inhalte spricht, auch nicht gegen das entsprechende Niveau. Gleichwohl wurde eine andere Ausrichtung betont, geht es doch fortan um die Entwicklung des chinesisch-russischen Verhältnisses. Dazu blickt der Autor in seiner Darstellung weit zurück. Nach kurzen Ausführungen zum Beginn der Russischen Revolution geht es darum, wie die Bolschewisten in China damals letztendlich eine Kommunistische Partei gründeten.
Dann lässt sich der Autor von der historischen Chronologie hinreißen und verliert sein angekündigtes Anliegen bis zum letzten Hauptkapitel aus dem Sinn. Das spricht aber nicht gegen Informationsreichtum und Sachkenntnis. Außerdem hat man es bei Geiges mit einem lockeren journalistischen Schreiber zu tun. Die Inhalte können an den Kapiteltiteln gut abgelesen werden: "Wie Moskau die chinesische Revolution entfachte (1917-1949)", "Die Sowjetunion als großer Bruder Chinas (1949-1960"), "Der Bruderkrieg: Wer führt die Weltrevolution? (1960-1985)", "Wie sich Moskau und Peking wieder annäherten (1985-2000)" und "China als großer Bruder Russlands (seit 2000)". Deutlich wird die Annäherung bei gleichzeitiger antiwestlicher Konfrontation auf den letzten Seiten herausgearbeitet. Es gibt auch eine erkenntnisreiche komparative Betrachtung zu Wladimir Putin und Xi Jinping (vgl. S. 117-126). Dann folgen kritische Fragen wie "Was hat Putin gegen Schwule?" (S. 155) oder "Krieg gegen die Ukraine – und gegen Taiwan?" (S. 172).
Aber erst im letzten Kapitel wird das Kernanliegen thematisiert, übrigens bezogen auf die "Biedermänner" einhergehend mit einer interessanten Typologie. Die erste Gruppe sind "Unternehmer/Manager mit kurzfristigen Profitinteressen – und willfährige Politiker" (S. 198). Die zweite Gruppe bilden "Autoritäre Rechte" (S. 211), wobei AfD-Politiker genannt werden, aber dies nur sehr kurz ein Thema ist. Danach stehen "'Antikolonialisten' (einst 'Antiimperialisten') und 'Antirassisten'" (S. 215) von links im Zentrum. Und schließlich geht es um die "Apokalyptiker" (S. 233), etwa aus der Klimabewegung, mit schiefen Verständnissen. Gerade diese bedeutsamen Ausführungen wirken sehr kursorisch und oberflächlich, sie bilden aber gerade das eigentliche inhaltliche Problemfeld. Ebenso diffus wirkt dann das Schlusswort "Wie verteidigen wir Frieden und Freiheit?" (S. 233), dominieren dort doch eher Allgemeinplätze zum Thema. Mehr Details und Einwände gegen die Kooperationen mit autoritären Regimen wären hier wünschenswert gewesen.
Adrian Geiges, Front gegen die Freiheit. Peking, Moskau und ihre Komplizen in aller Welt, München 2024, S. Piper, 255 Seiten, 22 Euro