AUGSBURG. (hpd) Am vergangenen Freitag wurde im Musiksaal des Zeughauses in Augsburg der Ludwig-Feuerbach-Preises 2012 des Bund für Geistesfreiheit Augsburg verliehen. Der Preisträger Herbert Steffen, Vorstandsvorsitzender der Giordano-Bruno-Stiftung, meinte, dieser Preis sei ihm wichtiger als sein Bundesverdienstkreuz.
Der gut gefüllte Musiksaal des Augsburger Zeughauses war in Festtagsstimmung. Herbert Steffen, der Gründer und Inspirator der Giordano-Bruno-Stiftung nahm unter minutenlangem Beifall und Standing Ovations den Ludwig-Feuerbach-Preis entgegen, den der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg zum vierten Mal seit 2001 stiftete. Auf der überreichten Feuerbach-Medaille stand dessen Spruch „Willst Du Gutes tun, dann tue es für den Menschen.“ Der Augsburger bfg-Vorsitzende Gerhard Rampp bemerkte dazu: „Selten trifft dieser Satz so stark auf das Wirken eines Menschen zu wie bei Herbert Steffen.“
Zu Beginn sprach Gerhard Rampp über „Ludwig Feuerbach als Wegbereiter einer säkularen Gesellschaft“ und fügte gleich ein Fragezeichen an. Feuerbachs religionskritisches Frühwerk fand große Verbreitung, während seine Ausführungen zu einem diesseitigen Humanismus bis zur Jahrtausendwende völlig unbeachtet blieben. Die Gründe lagen in den später eingeschlafenen Kontakten zu den damaligen Medien und in der fehlende Vernetzung mit säkularen Weltanschauungsgemeinschaften, die es in Nürnberg und Fürth durchaus gegeben hätte. „Kurz gesagt: Ihm fehlte eine Institution, wie sie heute die Giordano-Bruno-Stiftung darstellt.“
In der Gegenwart sei die gbs umso nötiger, als wir in einer rasanten weltanschaulichen Umbruchsphase lebten, die humanistische Impulse verlange. „Seit 1990 verlieren die Kirchen bundesweit jedes Jahr eine halbe Million Mitglieder.“ Inzwischen werde nur noch die Hälfte der Neugeborenen getauft, während fast drei Viertel der Verstorbenen einer der beiden Großkirchen angehörten. Entsprechend wachse die Giordano-Bruno-Stiftung: Während die katholische Kirche täglich um 650 und die evangelische um 800 Mitglieder schrumpfe, gewinne die gbs jeden Kalendertag durchschnittlich fünf und übertreffe damit noch um Längen die am zweitstärksten wachsende säkulare Organisation in Deutschland, denn der bfg Augsburg nehme „nur“ alle vier Tage um ein Mitglied zu.
Anschließend zeichnete der Laudator Dr. Gerhard Czermak den außergewöhnlichen Lebenslauf Herbert Steffens in beeindruckender und packender Wieder nach.
Mit der Denkfabrik gbs unterstützt Herbert Steffen nicht nur die öffentliche Wirkung von Wissenschaftlern, die auf sich allein gestellt in der Versenkung verschwänden, sondern bündelt die Kompetenz all jener, die an einer neuen humanistischen Ethik arbeiten.
Und er blieb auch bei der Preisverleihung so bescheiden wie immer. Die Ehrung nehme er nur mit Bedenken an und widme sie der Giordano-Bruno-Stiftung. Sie freue ihn aber mehr als seinerzeit die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Er deutete an, die 2000 Euro Preisgeld seinem „Kind“, der Giordano-Bruno-Stiftung spenden zu wollen. Mit einem Sektempfang und angeregter persönlicher Unterhaltung klang der Abend aus.
(rp)
Laudatio auf Herbert Steffen
von Gerhard Czermak
Lieber Herbert,
ein Lob auf Dich anzustimmen, fällt nicht allzu schwer. Es öffentlich tun zu dürfen, ist mir eine Ehre.
Dass das Licht des Lobes und Schatten gerade bei einer Ehrung für eine geistige Haltung und ihre Unterstützung eng beieinander liegen, hast Du eindringlich erfahren. Darauf werde ich noch zu sprechen kommen. Nicht nur meine positive Einstellung zu Deiner Person beruht nicht lediglich auf Deinem säkular-humanistischen Denken und Handeln, sondern auf der wohltuenden Herzlichkeit und Offenheit, mit der Du Deinen Mitmenschen gegenübertrittst, wenn sie Dich nicht gerade als Gegner oder gar Feind betrachten. Letzteres kann man sich aber nur mit Mühe vorstellen, und es fällt automatisch auf den Betreffenden zurück.
Beim Versuch einer Würdigung muss ich die Zuhörer mit ein paar Fakten zum Werdegang von Herbert Steffen vertraut machen. Seine 78 Jahre sieht man ihm nicht an. Geboren ist er in Mastershausen, mitten im Hunsrück, zwischen Mosel und Rhein, und hauptsächlich hier hat er sein Leben verbracht. Da kommt wohl auch sein fröhliches, rheinisches Temperament her. Er stammt aus einem streng katholischen Elternhaus, und überhaupt war der Hunsrück sehr katholisch. Und so besuchte Herbert Steffen neun Jahre lang, seit er zwölf Jahre alt war, das Bischöfliche Internat in Gerolstein, und sicher könnte er einiges berichten aus dieser Zeit in der klerikalen Adenauer-Ära. Er scheint das aber nicht öffentlich getan zu haben. Jedenfalls in den sechziger und siebziger Jahren muss, diversen Schülerberichten zufolge, dort ein sehr hartes Regiment geführt worden sein. Herbert Steffen war sogar schon im Trierer Priesterseminar angemeldet, nahm aber – zum Glück – davon Abstand. Er hatte nämlich ein ausgeprägtes Sündenbewusstsein, das ihn jahrelang plagte, und war sich sicher, die „Nachfolge Christi“ nicht entsprechend seinem hohen Selbstanspruch erfüllen zu können: ganz oder gar nicht. Der Zölibat schreckte ihn ab. Zwar kannte er viele Priester, die heimlich eine Freundin hatten, aber diese Heuchelei war ihm zuwider.
Herbert Steffen begann daher in Köln ein Wirtschaftsstudium und schloss sich einer katholischen Studentenverbindung an. Als Diplomkaufmann übernahm er 1969 die elterliche Möbelfabrik in Mastershausen und baute sie zu einem deutschlandweit bekannten Hersteller von Schlafraummöbeln mit 2.000 Beschäftigten aus. Da war er noch kirchlich, auch finanziell, engagiert und aus seiner heutigen Sicht fundamentalistisch mit wörtlichem Bibelglauben. Durch Zufall fiel dann das 1972 erschienene Buch „Jesus Menschensohn" von Rudolf Augstein in seine Hände. Dass es Dir, Herbert, sehr zu denken gegeben hat, wie Du später erzählt hast, wundert mich nicht, selbst wenn die Erstausgabe nur halb so gut gewesen sein soll, wie die bedeutende Neuausgabe von 1999.
Soweit es der Betrieb zuließ, beschäftigte sich Herbert Steffen dann mit naturwissenschaftlicher Literatur, insbesondere der Evolutionstheorie, was seine Glaubenszweifel verstärkte. Die Entscheidung, die Kirche auch tatsächlich zu verlassen, fiel aber erst nach langen inneren Kämpfen, der Lektüre zahlreicher kritischer Bücher und bezeichnenderweise auch erst nach dem Tode seines erzkatholischen Vaters. Dieser hatte ihm anlässlich der Betriebsübergabe den Ratschlag mitgegeben: „Stelle niemals einen Evangelischen ein!" Dass das erst recht für Agnostiker oder gar Atheisten galt, brauchte er nicht eigens zu erwähnen, zumal es solche Unwörter im Sprachschatz eines katholischen Hunsrückdorfes gar nicht gab.
Die Belegschaft war zufrieden mit ihrem neuen Chef, der schon 1973 die betriebliche Gewinnbeteiligung von 50 Prozent für die Mitarbeiter einführte, überdurchschnittliche Löhne zahlte und für gute Arbeitsbedingungen sorgte. Tatkräftig, wie er war und ist, übernahm er für mehrere Jahre den Vorsitz im Verband der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie Rheinland-Pfalz, war Mitglied in verschiedenen Ausschüssen des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie sowie im Messebeirat der Kölnmesse. Zudem war er von 1985 bis 1986 im Verwaltungsrat der „Stiftung wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung.“
Neben all dieser Tätigkeit also entwickelte sich der freie Geist des Herbert Steffen, wobei ihm das Bücherlesen allerdings nur während des Urlaubs möglich war. Da las er Buch um Buch und seine Zweifel wurden stets größer. „Allmählich“, so seine Worte, „ging mir auf, dass die Wurzeln unsres Glaubens fingiert sind.“ Am Ende des langen Wegs stand, nach dem Tod seines Vaters, der Kirchenaustritt. In der folgenden Silvesterpredigt 1983 oder 1984 sprach der Pfarrer über Judas, den Verräter, der den Herrn für 30 Silberlinge verkauft habe. Er erklärte der verschreckten Gemeinde, der größte Arbeitgeber der Region sei aus der Kirche ausgetreten. Ein Atheist sei jetzt verantwortlich für das Wohl und Wehe nahezu des ganzen Dorfes. Für die Mitarbeiter der Firma war das ein Schock. Drei mutige Mitarbeiterinnen fassten sich ein Herz, erbaten und bekamen einen Termin beim Chef. Das Folgende wirkt aus heutiger Sicht etwas surreal. Warum er ihnen das angetan habe, wollten sie von ihm wissen, und womit sie nun zu rechnen hätten. Denn man war weithin der Ansicht: Ein Mensch, der die Kirche ablehnt, hat auch keine Moral und keinen Anstand. Man hatte sogar damit gerechnet, dass die großzügige Gewinnbeteiligung beendet wird.
In Zusammenhang mit der Herausgabe von Karlheinz Deschners 4. Band der „Kriminalgeschichte des Christentums“ im Jahr 1994, Deschner wurde damals 70 Jahre alt, machte Hermann Gieselbusch, Lektor des Rowohlt Verlags, ein größeres Interview mit Herbert Steffen, der seit den 1990er Jahren einer der wichtigen Förderer Deschners war. Darin erzählt Herbert Steffen auch über seinen Kirchenaustritt. Eine der katholischen Meinungen sei gewesen: „Du bist sogar Atheist. Da wirst Du ja jetzt ein richtiger Menschenverächter, wirst über Leichen gehen!“ Nun, die bewährte harmonische Zusammenarbeit im Betrieb blieb unverändert. So setzte sich allmählich die Erkenntnis durch, dass Atheisten auch Menschen sind. Für manche deutsche Politiker scheint es noch heute eine fast ethische Leistung zu sein, das zähneknirschend hinzunehmen.
Für Herbert Steffen war der Kirchenaustritt eine große persönliche Befreiung. „Ich bin eigentlich erst Mensch geworden, als ich erkannt hatte, dass meine Konfliktsituation künstlich herbeigezaubert worden war von der Kirche. Das hat mich plötzlich frei gemacht.“ Hierzu gabst Du, lieber Herbert, im Gieselbusch-Interview folgende Erläuterung: „Ich habe an mir selber erlebt, wie enorm mein Leben an Qualität gewonnen hat, seitdem ich diesen Seelenballast von Sünde, Schuld und Strafe über Bord geworfen habe. Ich habe die Freuden der Aufklärung selber erlebt.“ Jeder, der den formalen Schritt zur Lösung vom Glauben nach intensiver Auseinandersetzung mit ihm getan hat, kann das gut nachempfinden. Er weiß, warum er seinen Schritt getan hat, und ist dabei wohl sicherer als viele Geistliche, die Probleme damit hätten, aufrichtig begründen zu sollen, warum sie noch in der Kirche sind.
Übrigens: Weder hat der vormalig bedeutende Kirchensteuerzahler Herbert Steffen seine 30 Silberlinge durch Verrat erlangt, noch hat er sie für sich behalten, sondern ist seitdem vielfältig als Mäzen tätig geworden. 1994 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande. Seit dem Verkauf der Firma im Jahr 1995 half er auch als Unternehmensberater in östlichen Bundesländern.
Auf dieser eindrucksvollen Vorgeschichte baut das folgende Leben Herbert Steffens schlüssig auf, und es führt zum eigentlichen Grund der heutigen Ehrung. Lieber Herbert, Du hast Dich auch künftig nicht einfach Deiner Freiheit in die Arme geworfen und hast einfach „privatisiert“, wozu ja alle Voraussetzungen gegeben waren. Auf Deinem wunderbaren Anwesen fanden gesellschafts- und kirchenkritische, aber auch naturwissenschaftliche Veranstaltungen statt. 2003 sprach bei einer solchen Veranstaltung Carsten Frerk, der 2002 sein Furore machendes Grundlagenwerk über „Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland“ herausgebracht hatte. Durch ihn lernte Herbert Steffen den jungen Pädagogen und Philosophen Michael Schmidt-Salomon kennen, der lange an der Universität Trier tätig gewesen und Dozent an verschiedenen Institutionen war. Schwerpunkte seiner Interessen waren u. a. Anthropologie, praktische Ethik, Gesellschaftstheorie und Wissenschaftstheorie, und mit geschliffener Feder hatte er schon viele luzide religionskritische Artikel geschrieben. Diese Begegnung sollte rasch bedeutsam werden für die Entwicklung eines modernen, unabhängigen weltlichen deutschen Humanismus.
Die beiden Persönlichkeiten passten genau zueinander: beide energiegeladen, mit fröhlichem Temperament, menschenfreundlich, optimistisch gestimmt, Neuem gegenüber aufgeschlossen, standfest und kaum einzuschüchtern. Beide waren in derselben regional-klerikalen Kultur groß geworden, hatten zahlreiche Gemeinsamkeiten im Denken und die Vision, dem etwas trüben und abgestandenen, geistig leicht vergifteten und daher manches erstickenden großen Teich der wiedervereinigten neuen Bundesrepublik Deutschland eine biochemische Grundreinigung angedeihen zu lassen. Sie wollten ihm dauerhaft frisches Wasser zuführen und ihn kräftig belüften. Das war 2003 noch ein ungewisses Ziel, für dessen Verwirklichung aber die Zeit reif schien. Es muss zwischen beiden gleich gefunkt haben: einem von alten Lasten befreiten wohlhabenden Senior und einem vielseitigen jungen Wissenschaftler auf der Suche nach neuen Aufgaben. Bereits nach zwei Wochen einigten sich beide auf die Gründung einer Stiftung zur Förderung des Evolutionären Humanismus, ein Begriff, der von dem bedeutenden Evolutionsbiologen und UNESCO-Generaldirektor Julian Huxley geprägt worden war: Es war die geistige Geburt der „Giordano-Bruno-Stiftung“ (GBS), die bereits im April 2004 als gemeinnützige Stiftung staatlich genehmigt wurde.
Der auf Veranlassung der „heilig“ genannten Inquisition am 17.2.1600 auf dem Campo de‘ Fiori in Rom lebendig verbrannte Dominikaner Giordano Bruno hatte im wesentlichen ein pantheistisches, heliozentrisches und vor allem naturalistisches Weltbild, in dem das Universum unendlich war, und Brunos Werk enthielt auch Impulse zu einer modernen Religionskritik. Der Stiftung geht es auf der Basis einer stets fortzuentwickelnden Evolutionslehre um ein friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben der Menschen im Diesseits unabhängig von ihrer jeweiligen Weltanschauung, sowie die Entwicklung von Grundzügen einer säkularen, evolutionär-humanistischen Ethik und ihre öffentliche Verbreitung. Das Denken in der Stiftung und um sie herum ist schlicht aufklärerisch, wobei Gefühle und Kreativität selbstverständlich dazugehören. Aber man soll sein Handeln auf echte Gründe stützen und nicht auf irgendwelche nicht begründbare phantasievolle Annahmen. Das ist der Kern der von Herbert Steffen errichteten Stiftung, der er, zusammen mit Vorstandssprecher Schmidt-Salomon, bis heute als Geschäftsführer tatkräftig vorsteht. Herbert Steffen trägt die Stiftung mit dem von ihm eingebrachten Vermögen und noch weit darüber hinaus, er ist gewissermaßen ihr Herz. Um Vieles kümmert er sich persönlich, pflegt die umfangreich gewordenen Kontakte und ist stets, wenn nicht in Aktionen direkt involviert, so doch bestens informiert.
Dass eine solche Stiftung Anklang finden würde, war klar. Niemand konnte aber vorhersehen, dass sie derart einschlagen und schnell so starke Wurzeln schlagen würde. Rasch gelang es, Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller und andere für den Stiftungsbeirat zu gewinnen. Ihre Zahl beträgt heute bereits 57, darunter etliche recht Prominente. Den Schwerpunkt bilden Professoren der Naturwissenschaft und Philosophie, aber andere Disziplinen sind ebenfalls vertreten, einschließlich Künstlern und Schriftstellern. Schon bald hatte die GBS den Ruf einer ebenso lebhaft begrüßten wie ideologisch angefeindeten „Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung“.
Fast unmittelbar nach Genehmigung der gemeinnützigen Stiftung richtete diese im Mai 2004 einen großen Festakt zum 80. Geburtstag von Karlheinz Deschner aus. Die mittlerweile schon zahllosen von der Stiftung initiierten und unterstützten öffentlichkeitswirksamen Aktionen hatten einen fulminanten Anfang mit Gegenveranstaltungen zum katholischen Weltjugendtag 2005, wobei ein riesiger Dinosaurier, der „Papst-Dino“ des genialen Jaques Tilly, Wagenbauer des Düsseldorfer Karnevals, zur geringen Freude Kardinal Meisners medienwirksam durch die Kölner Innenstadt gefahren wurde. Die geistigen Grundlagen von Steffens‘ Stiftung sind detailliert zusammengefasst im erfolgreichen „Manifest des evolutionären Humanismus“, das Schmidt-Salomon im Stiftungsauftrag 2005 publiziert hat.
Ebenfalls schon 2005 wurde der Förderkreis gegründet, dem damals 200 und nach stetigem Wachstum derzeit bereits ca. 4.200 Personen angehören. Ihre freiwilligen Spenden tragen heute bereits erheblich zum Stiftungsetat in der Größenordnung von zwei Pfarrergehältern bei. Aus dem Förderkreis haben sich mittlerweile schon 38 regionale Gruppen einschließlich Österreich und der Schweiz mit je eigenen Veranstaltungen entwickelt. Ebenfalls 2005 ging das sehr professionelle, aber ehrenamtlich betriebene Internet-Portal der GBS-Gründung „Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland“ (fowid) in Betrieb, das in unübertroffener graphischer Darstellung stark differenzierte statistische Daten zu Religion und Weltanschauung in Deutschland auf der Basis offizieller Statistiken, verbunden mit eigenen Korrekturen und Erläuterungen, bietet, ferner ein umfangreiches Archiv mit wissenschaftlichen Aufsätzen. 2006 ging, ebenfalls auf ehrenamtlicher Basis, natürlich wieder mit Unterstützung Herbert Steffens, das umfangreiche, aber kostenlos nutzbare Internet-Presseportal „Humanistischer Pressedienst – hpd“ an die Öffentlichkeit, in dem neben aktuellen Informationen aus Politik und Geistesleben und Buchbesprechungen seit Jahren auch verstärkt Informationen aus Österreich präsentiert werden, alles vernetzt mit der Tages- und Wochenpresse und internationalen Medien.
Aus den folgenden Jahren nur einige Stichpunkte: Religionsfreie Zone in München anlässlich des Papstbesuchs 2006 in Bayern, 2007 Vorstellung des neu gegründeten „Zentralrats der Ex-Muslime“ im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Es war weltweit die erste, nicht ungefährliche Kampagne von abgefallenen Muslimen, die in mehreren europäischen Ländern Nachahmer gefunden hat. Aufmerksamkeit fand die erstmalige Verleihung des Deschner-Preises 2007 in der Aula der Universität Frankfurt a. M. 2008 gab es die Irritationen um das liebevoll gestaltete Kinderbuch „Wo bitte geht’s zu Gott? fragte das kleine Ferkel“, das Schmidt-Salomon zusammen mit dem Illustrator Helge Nyncke herausgebracht hatte. Der schließlich abgewehrte Antrag des Bundesfamilienministeriums, das Buch als jugendgefährdend einzustufen, kam mit seiner grotesken Begründung einem Rufmord gleich, trug jedoch erheblich zum großen Erfolg des Buches bei. Im Darwin-Jahr 2009 anlässlich des 200. Geburtstags von Charles Darwin nahm die Stiftung die Gelegenheit wahr, ihre naturalistische Weltsicht, auch mittels eines umfangreichen Web-Portals, zu präsentieren und einen Darwin-Festakt in der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt durchzuführen. 2010 beschäftigte sich die Stiftung intensiv mit dem Schicksal der zahllosen missbrauchten und misshandelten Heim- und Internatskinder und führte eine Kampagne zur Ablösung der seit 1919 verfassungswidrig nicht abgelösten bzw. eingestellten Staatsleistungen an die großen Kirchen durch. Dazu erschien auch das an politische Entscheidungsträger und Journalisten versandte neue Grundlagenwerk des Stiftungsbeirats Carsten Frerk, das „Violettbuch Kirchenfinanzen“. 2010 konnte erreicht werden, dass auch Menschen, die wegen ihrer fehlenden Religiosität verfolgt wurden, Asylstatus erlangen konnten. Auch mit Gutachten, etwa gegenüber dem Deutschen Ethikrat, haben Mitglieder des Stiftungsbeirats Stellung bezogen. Recht erfolgreich ist die aktuelle bundesweite Kampagne „Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz“, GerDiA, an der die GBS wesentlich mitwirkt.
All dies und vieles andere, was ich hier nicht näher darlegen kann, insbesondere zahlreiche Medienauftritte des Vorstandssprechers und diverser Stiftungsbeiräte, wäre ohne das große Engagement von Herbert Steffen nicht möglich gewesen. Seine Frau Bibi Binot hat freilich einen beachtlichen Anteil daran. Dieser Tage hat ein Stiftungsbeirat gesagt, lieber Herbert, sie sei nicht nur Deine rechte, sondern auch Deine linke Hand. Und Du wusstest zu ergänzen: Sie ist auch mein Prellbock.
Zu guter Letzt: Die Stiftung hat sich als „Denkfabrik“ etabliert, auch wenn das zumindest in Bayern der breiten Öffentlichkeit noch nicht so recht bekannt gemacht wurde. Das wirft natürlich Fragen auf. Dass diese Denkfabrik, aufbauend auf notwendiger Kritik, wichtige positive Beiträge für die Qualität und Freiheitlichkeit unserer Gesamtgesellschaft zu leisten vermag, wird hoffentlich eines Tages auch ein größerer Teil ihrer heutigen Gegner begreifen.
Lieber Herbert, es ist mir eine große Ehre und Freude, Dir (nach Karlheinz Deschner, Franz Buggle, Norbert Hoerster) zur Verleihung des Ludwig-Feuerbach-Preises des Bundes für Geistesfreiheit Augsburg [für Verdienste um den evolutionären Humanismus] herzlich gratulieren zu dürfen.