Kirchenbindung verringert sich weiterhin

BERLIN. (hpd) In den aktualisierten Datenblättern des Datenarchivs der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) zeigt sich, dass die empirisch feststellbaren Zahlen zum Ausmaß der Bindung der Kirchenmitglieder an ihre Kirchen sich kontinuierlich verringern.

Der vom Entstehungszeitpunkt her gesehen „ältere Bruder“ des Humanistischen Pressedienstes, das Datenarchiv der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland, wird jetzt wieder aktiver, da die hpd-Redakteurin Elke Schäfer es übernommen hat, die Zeitreihen zu aktualisieren.

Die ersten jetzt bis 2008 aktualisierten Zeitreihen – aktuellere gibt es derzeit nicht, da alle Statistiken immer erst erfasst und aufbereitet werden müssen , also normalerweise etwa zwei Jahre zurück bleiben – sind:

Kirchenaustritte in Deutschland, 1953-2008

Seit 1995 gab es eine (mit Schwankungen) Tendenz der Salden der Kirchenaustritte (Austritte minus Aufnahmen), sich stetig zu verringern. Diese Tendenz hat sich 2005 wieder in ihr Gegenteil umgekehrt: die Kirchenaustritte steigen wieder kontinuierlich an, für beide großen Religionsgesellschaften. Die Parallelität der Entwicklung weist auf gesamtgesellschaftliche Ursachen hin.

Diese steigende Tendenz wird sich aller Voraussicht nach auch 2009 und 2010 weiter fortsetzen, da die inneren Probleme der katholischen Kirche (Pius-Brüder, Äußerungen des Papstes, Missbrauchsvorwürfe, etc.) sich wahrscheinlich in weiter steigenden Austrittszahlen zeigen werden. Inwieweit die katholische Kirche davon stärker betroffen sein wird, als die evangelischen Landeskirchen, wird sich zeigen.

Gottesdienstbesucher in den Bistümern, 1960-2008

Die Anzahl der Gottesdienstbesucher (und damit auch die Häufigkeit des regelmäßigen Kirchgangs) wird als inhaltlicher Indikator für die 'Verankerung' der Kirche unter den Gläubigen angesehen. Seit 1960 ist diese Anzahl (bezogen auf die Katholikenzahl in dem jeweiligen Bistum) kontinuierlich gesunken.

Diese Trend hat sich auch in den vergangenen Jahren weiter fortgesetzt, so dass jetzt in einem ersten Bistum (Essen) die als nicht zu unterbietende Prozentzahl von weniger als 10 % der katholischen Kirchenmitglieder als regelmäßige Gottesdienstbesucher unterschritten wurde (mit 9,7 bzw. 9,8 %).

Während sich durchschnittlich von 1960 bis 2008 die Zahl der Gottesdienstbesucher um 33 Prozentpunkte verringert hat, sind es in den Bistümer Trier, Münster und Würzburg um bzw. über 40 Prozentpunkte Verringerung.

Kirchliches Leben, EKD, 1953-2008

Unter "Kirchlichem Leben" werden die Kasualien Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Bestattungen erfasst. In der jetzt aktualisierten Übersicht Kirchliches Leben, EKD, 1953-2008 zeigt sich bei den wichtigen Zukunftsdaten hinsichtlich der Taufen, Konfirmationen und Trauungen, dass nicht nur die absoluten Zahlen, sondern auch die relativen Zahlen pro 1.000 Kirchenmitglieder unmissverständlich sind: die evangelischen Kirchenmitglieder nutzen immer weniger diese kirchlichen Angebote.

Mit anderen Worten, die Bindung der Kirchenmitglieder wird stetig schwächer und von einer "Kehrtwende" in dieser Entwicklung ist die evangelische Kirche weiter entfernt als je zuvor.

Eheschließungen und Trauungen, 1953-2008

Als wesentlicher Indikator, inwieweit Kirchenmitglieder ihr Leben noch unter die Vorstellungen ihrer Kirche stellen, ist hinsichtlich des Leitbildes der "Familie" und der "Ehe" der Anteil der kirchlichen Trauungen an den Eheschließungen zu nennen. Im Datenblatt "Eheschließungen und Trauungen 1953-2008" zeigt sich, dass dieser Anteil beständig sinkt und mittlerweile (2008) nur noch bei insgesamt 27 % aller Eheschließungen liegt, d.h. 14 % aller Eheschließungen werden noch evangelisch getraut und 13 % katholisch. Mit anderen Worten, noch nicht einmal die Hälfte aller Kirchenmitglieder lässt sich noch kirchlich "einsegnen".

Besonders davon betroffen sind die evangelischen Landeskirchen, in denen der Anteil der Trauungen sich von 1970 bis 1989 noch stärker verringert hatte, so dass sie gegenüber den katholischen Trauungen insgesamt 464.000 Trauungen weniger aufzuweisen haben. Mittlerweile haben sich die sinkenden Trends in beiden Kirchen wieder angeglichen.

Trends

Diese Zeitreihen des Datenarchivs der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) werden in der nächsten Zeit weiter aktualisiert. Erste Eindrücke bei der Übersicht der Datenerfassung weisen darauf hin, dass auch weitere Indikatoren (Priesterweihen, Theologiestudenten, etc.) auf eine weitere Verringerung in der Akzeptanz bzw. Attraktivität der beiden großen Amtskichen hinweisen.

C.F.