(hpd) Religionskritik ist einfach. Denn die Wirklichkeit ist auf der Seite von jedem, der sich ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzen möchte. Aber wie ist es möglich, ein leicht verständliches und empfindsames Plädoyer für eine säkulare und humanistische Lebensperspektive zu formulieren? Adam Hieronymos ist es jedenfalls gelungen.
Ausgangspunkt für die von Hieronymos auf rund 130 Seiten dargelegten Erfahrungen und Ideen ist der Anblick des eigenen Todes. „Wir können nichts mehr für Sie tun“, gibt der Autor die Worte der behandelnden Ärzte wieder. „Der Krebs ist gnadenlos, kennt kein Erbarmen. Es ist aussichtslos, das wurde mir schrecklich bewusst“, heißt es deshalb auf der ersten Seite.
Was folgt ist die knappe, aber unterhaltsam und leicht verständlich geschriebene Reise des Autors durch die Vergangenheit seines Lebens und die Entwicklung seiner Gedanken bis zum Moment, in dem er die letzten Buchstaben setzt. Trotz des ernsten Starts vergisst der Autor nicht, alle Heiterkeit verbreitenden Gedanken mit dem Leser zu teilen.
Aufgrund des geringen Umfangs des Buches soll viel nicht zum Verlauf der Reise vorab verraten werden. Im Mittelpunkt steht ein Besuch in der orthodoxen Mönchsrepublik Athos.
Der Titel des Buches mutete zunächst "hochgestochen" an - und tatsächlich ist er es aus einer säkularen Perspektive auch. Ketzerisch sind die enthaltenen Ideen höchstens für verrückte Fanatiker irgendeines zurückgebliebenen Glaubens an „heilige Bücher“ – aufgeklärte Interessenten sollten sich von der plakativen Aufmachung nicht irritieren lassen.
Der Autor verarbeitet in diesem handlichen Werk seinen eigenen Weg zu einem von irrationalen Zwängen und Ängsten befreiteren Dasein - auch weil er sich früh von einer religiösen Sozialisation lösen konnte, aber schließlich vor allem von der Furcht vor seinem eigenen Tod.
Die sehr gut lesbaren, interessanten und ausgesprochen unterhaltsamen Ausführungen entführen jedoch nicht nur in die Gedanken-, sondern vor allem in die Erfahrungswelt eines Menschen mit tiefergehenden Ideen und Gedanken, einer respektablen Menge an Lebensjahren und die Erinnerung an für viele wohl unbekannte - aber nichtsdestotrotz wirkliche - Orte.
„Die letzten Bekenntnisse eines heiligen Ketzers“ ist kein Buch für Rechthaber, Streiter oder grimmige Sucher nach einer letzten Wahrheit. Adam Hieronymos verfasste stattdessen eine entspannende und von Zuversicht erfüllte Lektüre für alle, die sich mit Religion, Philosophie und einem persönlichen Resümee gegenüber einigen "großen Fragen" beschäftigen möchte. Es ist ein positives und greifbares Plädoyer.
Wer also drei oder vier Mußestunden findet und statt bitterernster Religionskritik oder theoretischer Philosophiestreits einen ernsthaften und empfindsamen Einblick in die Seele eines säkularen Humanisten sucht, sollte sich das Buch nicht entgehen lassen.
Arik Platzek
Adam Hieronymos: „Letzte Bekenntnisse eines heiligen Ketzers“. Books on Demand. 1. Auflage November 2010. 136 Seiten, 9,90 Euro
Das Buch ist auch im denkladen erhältlich.