BERLIN. (hpd) Verschiedene Objekte und Skulpturen aus der Werkstatt des Düsseldorfer „Wagenbauers“ Jacques Tilly wurden auch für den säkularen Bereich gebaut und verwendet. Der hpd hatte die Gelegenheit, mit der ‚Plastikerin’ Doris George zu sprechen, die für den Bau einer aktuellen Großplastik verantwortlich war.
Wenn man nur an das „Dinomobil" in Köln oder an den „Konstantin der Grobe“ in Trier denkt, dann erinnert man sich an wesentliche Elemente eines öffentlichen Bildes mit einer spezifischen Wirkung. In Berlin wurde nun eine weitere Großskulptur aus der Werkstatt von Jacques Tilly auf der ‚öffentlichen Bühne’ verwendet, ein „Trojanisches Pferd“.
hpd: Wie bist Du dazu gekommen, ein „Trojanisches Pferd“ zu bauen?
Doris George: Meine Objekte sind Kundenorientiert und in diesem Fall war es Greenpeace, die sich ein „Trojanisches Pferd“ gewünscht haben, um einer Aktion ein deutliches Bild zu geben, das leicht verständlich ist. Das Trojanische Pferd steht für die CDU, die mit ihrem Wahlprogramm das Vertrauen der Wähler erwirbt, aber in keiner Weise auf das Thema der Energiegewinnung durch Atomkraft, welche die CDU vorantreiben will, hinweist. Symbolisiert durch die imitierten Atommüllfässer, die im inneren des Pferdes verborgen sind und später aus dem Bauch fallen sollen, wird deutlich auf die mit der Atomenergie verbundene Gefahr hingewiesen, welche mit der unkritischen Wahl der CDU „Einlass“ in Deutschland erhält .
Nun, das ist der Grund, dass du dieses Pferd gebaut hast. Aber was bedeutet eigentlich „Pferd bauen“? Wie fängt das an?
Das fängt so an, dass die Kunden zu mir kommen, eine Idee, eine Vorstellung haben und bestimmte Rahmenbedingungen angeben, in denen dieses Objekt letztendlich gehändelt wird. In diesem Fall wollten wir schon möglichst groß arbeiten, damit das Objekt weithin sichtbar ist und vielen Leuten auffällt. Doch musste es wegen des weiten Transportes zum Einsatzort LKW-gerecht gebaut werden. Zerlegbar in zwei Teile, Kopf und Rumpf, ließ sich das Objekt gut transportieren. So kamen wir auf diese Höhe von ca. fünf Metern für das Pferd.
Damit das Bild seine Geschichte erzählen konnte musste der Körper hohl konstruiert und ein Klappenmechanismus angedacht werden.
Das habe ich begriffen. Breite mal Höhe im LKW. Aber wie kommst du auf die Idee, so ein Gebilde zu formieren, wie entsteht dies?
Hand in Hand mit den technischen Rahmenbedingungen geht natürlich die Gestaltung des Objekts und letztendlich entscheidet sie über die Gesamtwirkung. Zwar ist das Trojanische Pferd an sich keine Neuerfindung, aber das „Eine“ gibt es eben auch nicht. So durfte ich das „neue“ Greenpeace-Pferd entwickeln.
Die Geschichte ist bekannt, wie die Griechen nach langer Belagerung durch diese List in die Stadt Troja eindringen konnten. Es heißt, dass das Pferd damals in drei Tagen gebaut wurde, es gab nur das Material aus der Umgebung und so wurde das Pferd aus alten Schiffssteilen gebaut, Planken, Masten, Segel. Und damit entsteht schon eine Vorstellung im Kopf, dass es nicht zu schön oder zu aufwendig aussehen könne, oder welches Holz könnte an welcher Stelle positioniert sein, welche Schiffsteile machen Sinn an jener Stelle.
Ich zeichnete eine erste Skizze, zu den Größen und Proportionen, dass es aus zwei Teilen bestehen würde und habe erste Details eingefügt, wie eine Holzstruktur aussehen könnte.
Dann haben wir uns natürlich noch mit Greenpeace zusammengesetzt, die hatten ja auch ihre Vorstellungen.
So fügte es sich dann nacheinander zusammen und so entstand ein Bild.
Als dieses angenommen worden war, entschieden wir aus welchen Materialien wir das Pferd bauen würden. Dabei spielen auch Einsatzdauer und die Beanspruchung eine wichtige Rolle. Übrigens haben wir für die Fertigstellung mehr als drei Wochen gebraucht.
Ich habe nun gut verstanden, dass es ein Auftrag von Greenpeace war, ein „Trojanisches Pferd“ zu bauen. Sag mit bitte, was für Inspirationen, was für Material verwendest du? Wie nennst du deinen Beruf? Was für Dinge baust du sonst und wie bist du auf die Idee gekommen, dies zu tun?
Das sind nun viele Fragen auf einmal. Generell bin ich wahrscheinlich auf die Idee gekommen, weil ich, wie viele andere auch, immer gerne gezeichnet habe und auch schon in der Jugend kreativ war. Zuerst wollte ich Kommunikationsdesign studieren, was ich mir dann aber anders überlegt habe, da ich merkte, dass es sehr viel mit Computern zu tun hatte. Ich hatte damals noch so eine Art Computerphobie und wollte lieber mit den Händen arbeiten. Weil ich mich schon einmal für Maskenbild am Theater interessiert hatte, wurde ich aufmerksam auf eine Anzeige, dass im Stadttheater Aachen eine Ausbildungsstelle zur/m Theaterplastiker frei werde. Bis dahin hatte ich kaum plastisch gearbeitet, fand aber die Idee gut, da mal hineinzuschnuppern. Ich habe mich beworben, den Aufnahmetest bestanden und den Lehrplatz bekommen. Dort habe ich erst entdeckt, dass ich gut plastisch arbeiten kann und mir das sehr viel Freude bringt.
Wenn ich heute das Objekt dann schließlich auch noch bemalen kann, dann ist es eine runde Sache.
Am Theater habe ich sehr viele Techniken kennen gelernt, die für verschiedene Anforderungen Anwendung finden. So habe ich gelernt, mit verschiedensten Materialien und Techniken das zu bauen, was sich die Bühnenbildner vorgestellt haben. Die Bühnenbildner, oder generell die Kunden, wissen normalerweise ja nicht genau, mit welchem Material ihre Vorstellungen umgesetzt werden können. Sie haben zwar Ideen, aber wie man es tatsächlich machen kann, das liegt dann an den Plastikern.
Ich bezeichne mich entsprechend auch als Plastikerin. Es ist zwar nicht einfach den Begriff zu definieren, man könnte ja auch Bildhauerin sagen, aber das fällt dann in eher in den Bereich der Freien Kunst, während meine Arbeiten sich eher am Kunden orientieren. Obwohl es mich natürlich immer freut, wenn ich auch von mir etwas Eigenes mit hineinbringen kann.
Würde man zum Beispiel für Walt Disney eine Micky Mouse bauen sollen, ist das Bild schon fertig. Aber bei dem „Trojanischen Pferd“ waren die Vorstellungen ja noch recht frei und aus den Skizzen und Diskussionen hat sich dann ein Objekt entwickelt, mit dem schließlich doch alle zufrieden waren.
Wenn Du Deine Arbeit schilderst, stelle ich mir vor, auch andere würden gerne Deinen Beruf ergreifen. Welche Voraussetzungen sollte ein Plastiker, ein Skulpteur mitbringen. Was hat er zu tun, welche Fähigkeiten nützen?
Zeichnen zu können ist eine maßgebliche Voraussetzung, sowohl für den Entwurf als auch für technische Zeichnungen.
Ein gutes dreidimensionales Vorstellungsvermögen und Arbeitschritte vorausschauend planen. Dazu ist die Kenntnis über die verschiedensten Materialien und ihre Eigenschaften vorteilhaft. Dadurch kann die Problematik der Anforderungen zielgerecht gelöst werden.
Wie ist es mit Mathematik?
Ja, ist nicht unwichtig – es ist aber nicht so wahnsinnig kompliziert. Es gibt Leute, die mögen den Dreisatz nicht so gerne – aber mir hat Mathematik immer Spaß gemacht und.
Bist Du eine begabte Frau?
Tja, wahrscheinlich schon, die Reaktionen auf meine Arbeit und ihre Ergebnisse waren eher anerkennend, ich habe noch keine riesig großen Ablehnungen erfahren.
Deckt sich Deine Arbeit mit Deinen Kinderträumen?
Da gab es mehrere Wünsche. An erster Stelle stand immer, mit Tieren zu arbeiten. Vielleicht baue ich auch deshalb so gerne Tiere - ich freue mich immer wieder richtig darauf. Allerdings bei dem Pferd, da habe ich innerlich zuerst abgeblockt. Vorher hatte ich eine Figur von vier Metern gebaut und – nein, nicht wieder so eine Größe, ich wollte etwas Kleines angehen. Eine große Skulptur ist auch körperlich anstrengend. Man muss doch oft und immer wieder die Leiter hoch und runter steigen und hat man etwas nicht richtig erkannt oder stellt sich heraus, dass etwas verändert werden muss so ist das eben aufwendiger. Dann habe ich mich aber doch auf die Idee des Pferdes eingelassen, den Entwurf gezeichnet und dann war doch große Lust da.
Opernsängern wollte ich werden und ja, eben Künstlerin. Was immer es bedeuten sollte. Ich habe immer gemalt, habe mich stundenlang in meinem Zimmer verkrochen und dann alles um mich herum vergessen. Von außen wurde dann gesagt, Doris, Du wirst eine Künstlerin. Malen hat mir einfach Spaß gemacht – ja und so bin ich gelandet.