„Ungemalte Bilder“ von Emil Nolde

1941, mit dem Ausstellungs- und Malverbot befand sich Nolde bereits in der ‚Spätphase’ seines Werkes, das Biographen mit dem Jahr 1937 beginnen lassen. Er konnte nicht ahnen, dass es nur eine vorübergehende Zeit sein würde, musste sich auf Machbares begrenzen, auf ein beschränktes Leben einstellen, in dem er nur noch in der Freiheit der Kunst, in der Unendlichkeit seiner Phantasie leben und arbeiten konnte. Die wenigen Ölfarben, die er noch hatte, die Freunde ihm brachten, brauchte er für ein paar der größeren Ölbilder, die er trotz des Verbotes in seinem Atelier begonnen hatte. Für seine Aquarelle auf Japanpapier, kaum eines größer als 17 x 24 cm, verwendet er wieder die Naturfarben seiner Jugendzeit, Holundersaft und Rote Beete, die sich reichlich im Garten finden lassen. Er selbst geht allerdings in diesen Jahren nicht mehr in den Garten, um ‚nach der Natur’ zu malen, er malt nach seinen inneren Bildern, sein „Flow“ des Gefühls eines völligen Aufgehens in seiner Arbeit als Künstler. Es sind Entdeckungsreisen in die Tiefen und Weiten seiner intensivfarbigen Phantasie. Keines der Bilder hat einen Bildtitel. Warum auch, Nolde kannte sie, eine Öffentlichkeit dafür gab es ja nicht.

„Ich will kaufen mir ein Haus mit einer großen Scheune, dort sollen meine Bilder,... daß niemand sie sehe, nur ein einzelner, verirrter Wandersmann.“

 

Die Ausstellungsräume öffnen sich wieder, die Bilder lassen wieder Platz zueinander, bekommen den Platz, der ihnen zukommt.

Nach dem Krieg wurde Noldes Werk erneut geehrt. Die wieder gewonnene Freiheit nutzte der knapp 80-jährige zur rührigen künstlerischen Tätigkeit. So übertrug er nach 1945 noch einige seiner kleinen Aquarelle als Ölgemälde in ein großes Format. Sie werden in der Berliner Dependance ausgestellt und zeigen, wie die norddeutsche Farbstimmung in ihrer Art, in der sich Mond und Sonne, Wind und Wetter vermischen, kraftvoll auf das Sujet Einfluss nimmt.

„Als mir die verschnürten Hände freigegeben wurden, malte ich rotglühenden, roten Mohn, um mich an die Farben zu gewöhnen.“

1956 stirbt Nolde in Seebüll. Sein Testament enthielt die Gründungsurkunde für die „Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde“, die den Namen Ada und Emil heute allerdings nicht mehr führt, sondern sich lediglich „Nolde Stiftung Seebüll“ nennt.

Großflächige Lichtbilder gewähren Einblick in das von Nolde hinterlassene Seebüller Stiftungsgelände, in dem der immer rauschende Wind nicht fehlt.

C.F.


„Mit verschnürten Händen – ‚Ungemalte Bilder’ von Emil Nolde“
Ausstellung in der Nolde Stiftung Seebüll, Dependance Berlin
Jägerstraße 55 (am Gendarmenmarkt), 10117 Berlin

Öffnungszeiten: Täglich 10 - 19 Uhr
Eintrittspreise: Erwachsene 8,00 Euro / Schüler/ Studenten 3,00 Euro / Audio Guide 4,00 Euro
Freier Eintritt an jedem 1. Montag des Monats
Die Ausstellung läuft bis 17. Januar 2010