Missionierung und Machtanspruch, egal wie...

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Erfurt: Dom u. St. Severi-Kirche (Foto: thueringen.de)

ERFURT. (hpd) Um ihren Einfluß auf die Politik und auf die Menschen nicht nur zu verlieren, sondern um diesen sogar noch zu erhöhen, ist der katholischen Kirche jedes Mittel recht. Das zeigte sich dieser Tage im Thüringischen wieder einmal besonders deutlich.

 

Zu Wochenbeginn fand hier eine Fachtagung "Herausforderung einer missionarischen Pastoral“ statt. Veranstaltet wurde diese von der „Katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral (KAMP)“ und dem „Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken“.

Da man sich im katholischen Klerus der Stimmung in der Bevölkerung angesichts der unzähligen Fälle von Mißbrauch und Gewalt durchaus bewußt ist und zudem weiß, daß die Zahl der Katholiken im ostdeutschen Missionierungsgebiet verschwindend gering ist, tarnt man diese Missionierungsanstrengungen mit salbungsvollen Worten. So wurde in Erfurt für die Öffentlichkeit verkündigt: „Der missionarischen Pastoral geht es nicht primär um 'Mitgliedergewinnung', sondern um ein Bezeugen des Evangeliums.“

Obwohl hier eher tiefgestapelt wurde, wurde der Leiter der KAMP, Dr. Hubertus Schönemann, doch recht deutlich. So führte er in Erfurt u.a. aus: „Missionarische Pastoral ist nicht ein Thema der Pastoral unter vielen, sondern ein Querschnittsthema. Es beschäftigt sich mit der Art und Weise, wie die Kirche das Evangelium in der modernen Gesellschaft lebt und verkündigt.“ Aha... Man will sich also ungebrochen in jeden Bereich der Gesellschaft einmischen und dort selbstverständlich die Meinungsführerschaft beanspruchen. Denn missionarische Pastoral sei eine zentrale Zukunftsaufgabe, die alle Glieder der Kirche angeht, also Laien und Kleriker, so Schönemann weiter.

Und Pfarrer Dr. Thomas Roddey, Bereichsleiter Pastoral im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, ermutigte die Tagungsteilnehmer, Schritte in Richtung einer evangelisierenden Kirche zu gehen. Aktiv taten sich auf der Tagung ganz besonders theologische Lehrkräfte der Universität Erfurt, wie Prof. Dr. Maria Widl, Universität Erfurt, hervor. Widl wurde in Thüringen vor allem durch die Förderung von Missionierungen auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt bekannt.

 

Politik und Kirche in Thüringen

Deutlicher noch wurde in dieser Woche Bischof Joachim Wanke. Er erklärte sich am 6. September bei einem Hintergrundgespräch des Katholischen und des Evangelischen Büros zum Thema „Politik und Kirche in Thüringen“. In aller Deutlichkeit sagte der Thüringer katholische Bischof:

„20 Jahre nach der friedlichen Revolution haben inzwischen auch die Kirchen ihren Platz in der neuen politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit der neuen Bundesländer im Osten gefunden. Das heutige Abendgespräch will das jeweilige Selbstverständnis von Politik und Kirche in ihrer gegenseitigen Zuordnung thematisieren. Ich möchte dazu für meine Kirche einen kurzen Gesprächsimpuls geben.

Kirche und Politik haben je verschiedene Aufgabenbereiche. Sie zielen freilich in ihrem Handeln immer auf den konkreten Menschen bzw. die konkrete gesellschaftliche Situation, in der wir leben. Darum gibt es Berührungspunkte zwischen politischem und kirchlichem Handeln wie bei zwei Kreisen, die je ihren eigenen Mittelpunkt haben, aber sich dennoch in bestimmten Aufgabenbereichen gegenseitig überlappen.

Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass der Staat und die Politik auf Werthaltungen gesellschaftlicher Gruppen, insbesondere auch der Kirchen, bleibend angewiesen sind. Die politischen Akteure sollten sich daher nicht den Ast absägen, auf dem sie sitzen.“

Unverhüllter wie hier kann man eigentlich dem Staat, der Politik, nicht androhen, wem sie zu folgen haben. Sind die Regierenden wirklich so abhängig von der Kirche, wie es hier zum Ausdruck kommt? Das läßt doch einiges befürchten.

Wanke wird noch deutlicher: „Der christliche Glaube wird jeden Anspruch von Politik, die sich selbst absolut setzen will, ablehnen müssen. Weltanschauungsstaaten haben diese Tendenz. Es gilt dort Widerstand zu leisten und prophetisches Zeugnis für Wahrheit und Recht zu geben, wo der Staat seine Kompetenzen überschreitet und sich die Gewissen der Menschen unterwerfen will. (...) Wir leben hier und heute gottlob nicht in einem gottfeindlichen Staat. Dennoch ist es wichtig, dass der Christ und die Kirche sich einen kritischen Blick für die Ansprüche von Politik bewahrt.“

Und wieder einmal: Die christlichen Religionen sehen sich natürlich nicht selbst auch als Weltanschauung an, sie für ihre Prediger natürlich auch keine Ideologie. Und theokratische Staaten, wie es sie in christlichen Einflußgebieten real gab und mit dem Vatikanstaat noch heutzutage gibt, sind natürlich keine 'Weltanschauungsstaaten'...

Wanke ist aber wohl doch wahr geworden, was er da von seiner Kanzel herab verkündigt hat und wiegelt ab. „Ich möchte abschließend ausdrücklich darauf hinweisen, dass der christliche Glaube keine direkten politischen Weisungen für die Organisation des Gemeinwesens gibt. Das letzte Konzil (in Gaudium et spes Nr. 3) hat es so formuliert: Christen könnten "bei gleicher Gewissenhaftigkeit in der gleichen Frage zu einem anderen Urteil kommen." Gerade in den neuen Bundesländern sollten wir diese Einsicht nicht vergessen. Der Zuspruch und die Verheißungen der Bibel sind für einen christlichen Politiker "Auftrag, Licht und Kraft" (ebd. Nr. 42), aber sie ersetzen kein Parteiprogramm.“

Na, klar doch: Direkte und schriftliche Weisungen sind nicht notwendig, denn sie würden ja auch dem letzten deutschen Michel das Eigentliche offenbaren. Kamingespräche u.a. informelle Begegnungen reichen doch völlig aus, damit die in diesem Lande tonangebenden Politiker im Sinne der Kirche, im Sinne des Klerus, den Staat verwalten.

SRK