Die Kunst des Zweifelns

ZÜRICH. (fvs/hpd) Viele Menschen wollen Gewissheit, nicht Wissen. Diesem Umstand verdanken wir abstruse Verschwörungstheorien, Erlösungsmythen genauso wie Heilsversprechungen unterschiedlichster Provenienz. Pseudowissenschaft und Esoterik sind absolute Boom-Branchen. Dem setzen nun die Zürcher Freidenker das „Denkfest“ entgegen.

Einer, der auszog, die Scharlatane das Fürchten zu lehren, ist der Amerikaner James Randi. Dessen Stiftung führt seit Jahren im angelsächsischen Raum das TAM - The Amazing Meeting durch, ein gelungener Mix von Aufklärungsarbeit und Unterhaltung. Dieses Vorbild ermunterte den Präsidenten der Zürcher Freidenker Andreas Kyriacou dazu, Ähnliches im deutschsprachigen Raum zu initiieren: das „Denkfest“ verspricht vier Tage Wissenschaft, kritisches Denken und intelligente Unterhaltung.

Vom 8. bis 11. September widmen sich rund 40 ReferentInnen aus vier Kontinenten im Volkshaus Zürich dem „public understanding of science“: Erfolgsgeschichten in der Wissensvermittlung an Kinder werden vorgestellt, die Psychologie seltsamer Überzeugungen erklärt, eine Grenzziehung zwischen Skeptizismus und dem Leugnen von Fakten versucht. All dies, ohne dass dabei der Spaßfaktor zu kurz kommt. Humor ist denn auch im Abendprogramm angesagt: im kabarettistischen Vortrag des deutschen Diplom-Physikers Vince Ebert, im Film „Die Mondverschwörung“ oder in einem internationalen Blogger-Panel und Science Slam.

Zwischen Grabtuch und Globuli

Am ersten Skeptiker-Anlass der Schweiz wechseln sich Präsentationen topaktueller Forschungsprojekte mit skeptischen Blicken auf allerlei Behauptungen ab: So geht beispielsweise Dr. Michael Schmidt-Salomon, Philosoph und Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, der Frage nach, woher unser ethisches Empfinden stammt; der Kreationismus wird ebenso ins Visier genommen wie die Idee eines exakt auf den Menschen abgestimmten Universums. Dr. Edzard Ernst, Professor für Komplementärmedizin, begibt sich auf eine homöopathische Spurensuche, während der Chemiker Luigi Garlaschelli die Herkunft des Turiner Grabtuchs entmystifiziert.

Religiosität soll ja in der Natur des Menschen liegen. Die Neurobiologie beschäftigt sich heute wissenschaftlich mit dem Phänomen: Peter Brugger von der Uni Zürich untersucht das „gläubige Hirn“ – zu dem dank einem Schuss Dopamin selbst jenes eingefleischter Rationalisten mutiert, wie die Neuropsychologin Christine Mohr erläutern wird. Eine Expertin auf dem Gebiet der menschlichen Fehlbarkeit ist Kathryn Schulz, die über die Vorzüge und Nachteile des Sich-Irrens spricht. Am Sonntag – Datum verpflichtet - sollen dann Verschwörungstheorien unter die Lupe genommen werden, allen voran die Truther-Bewegung um 9/11 oder die radikalen Impfgegner.

Breite Unterstützung

Das Denkfest wird von der Freidenker-Vereinigung der Schweiz FVS mit tatkräftiger Hilfe ihrer Zürcher Sektion durchgeführt. Der Anlass wird unterstützt durch befreundete Organisationen wie die deutsche GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften), die gbs (Giordano Bruno Stiftung), die IHEU (International Humanist and Ethical Union), sowie weitere private und öffentliche Sponsoren.

Grazia Annen

Weitere Informationen zum Denkfest finden sich auf www.denkfest.ch