Aus Eritrea bleibt nur die Flucht

Weltweites Schlusslicht der Pressefreiheit

BERLIN. (hpd/rog) Unter den Flüchtlingen, die übers Mittelmeer nach Europa kommen, sind auffallend viele Männer und Frauen aus Eritrea, die dem menschenverachtenden System des Diktators Isaias Afewerki entkommen wollen. Eritrea ist deshalb auch das Land, aus dem weltweit die meisten Journalisten fliehen.

„Vielen Journalisten aus Eritrea bleibt allein die Flucht, weil sie in ihrer Heimat ihren Beruf nicht mehr ausüben können“, sagt ROG-Vorstandsmitglied Gemma Pörzgen. „Die dramatische Lage von Journalisten und Medien spiegelt sich auch darin wieder, dass die Menschen in ihrem Land keine Perspektive mehr sehen. Sie nehmen jedes Risiko in Kauf, um in Europa vielleicht eine Chance auf ein normales Leben zu bekommen.“ Schätzungen zufolge ist bereits ein Viertel der Bevölkerung aus Eritrea geflohen.

Seit acht Jahren Schlusslicht auf der Rangliste der Pressefreiheit

 Seit acht Jahren markiert das diktatorische Regime am Horn von Afrika das Schlusslicht auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen mit insgesamt 180 Ländern. Damit steht Eritrea noch hinter Nordkorea und China.

Schon seit 2001 gibt es keine unabhängigen Medien mehr. Im Zuge einer politischen Säuberungsaktion schloss die Regierung damals alle nicht-staatlichen Medien und inhaftierte zahlreiche Journalisten. Einzig die Staatsmedien dürfen seither Nachrichten verbreiten, doch auch sie sind streng zensiert. Jede Publikation und jeder Artikel müssen vor der  Veröffentlichung vom Informationsministerium gebilligt werden.

Aufgrund der strengen Nachrichtenkontrolle sind die Bürger in Eritrea der staatlichen Propaganda praktisch vollständig ausgesetzt. Die Nutzung ausländischer Medien ist verboten. Seit 2010 sind in Eritrea keine ausländischen Korrespondenten mehr stationiert. Nur vereinzelt gelingt es  internationalen Journalisten, eine Akkreditierung für das abgeschottete Land zu erhalten und von dort zu berichten.

Folter, Einzelhaft und lange Haftstrafen

Eritreische Journalisten laufen ständig Gefahr, dass die Polizei sie willkürlich verhaftet und ohne Anklage jahrelang wegsperrt. Die Haftbedingungen sind meistens menschenunwürdig. Viele Journalisten werden in komplett dunklen oder 24 Stunden lang künstlich beleuchteten Zellen in Einzelhaft gehalten, andere müssen in Metallcontainern mitten in der Wüste ausharren, die sich im Sommer auf unerträglich hohe Temperaturen aufheizen. Während der Haftzeit sind sie zusätzlich Folter, Schlägen, Wasser- und Nahrungsentzug  ausgesetzt.

Sieben Journalisten seit 2001 in der Haft gestorben 

Sieben Journalisten sind seit 2001 in der Haft gestorben, unter ihnen Dawit Habtemichael und Mattewos Habteab, die beiden Gründer der Wochenzeitung Meqaleh sowie der freie Journalist Sahle Tsegazab. 16 Journalisten und vier Medienassistenten sind derzeit in Gefängnissen in Eritrea inhaftiert. Damit ist das Land das größte Gefängnis für Medienschaffende auf dem afrikanischen Kontinent.

David Isaak seit mehr als 5000 Tagen in Haft

Einer der bekanntesten inhaftierten Journalisten ist David Isaak, der für die Tageszeitung Sedit in der Hauptstadt Asmara gearbeitet hat. Auch er sitzt bereits seit 2001 hinter Gittern. In seinen Artikeln hatte sich der kritische Kommentator wiederholt für politische Reformen in Eritrea stark gemacht.  

Weil er am 2. Juni dieses Jahres seinen 5.000ten Tag in Haft verbringen musste, hat ROG mit öffentlichen Aktionen an das Schicksal von Isaak erinnert und seine Freilassung gefordert.

Viele fliehen vor drohender Verhaftung

Um drohender Haft und Folter zu entgehen, sind in den  vergangenen Jahren zahlreiche  Journalisten aus dem Land geflohen. Doch auch in Nachbarländern wie Sudan und Uganda stellen die eritreischen Behörden ihnen nach. Selbst in Schweden und Italien verprügelten Anhänger von Präsident Afewerki Regime-Kritiker, die sich im Ausland sicher glaubten. Zudem gelingt längst nicht allen der Weg in die Freiheit. Paulos Kidane, Fernsehjournalist beim staatlichen Sender Eri-TV, wurde 2007 auf dem Weg in Richtung Sudan erschossen. 2010 hinderten die Behörden den Hörfunkjournalisten Eyob Kessete an der Flucht und verhafteten ihn. Er hatte für den staatlichen Radiosender Dimtsi Hafash gearbeitet. Lidya Mengesteab, die ebenfalls für Eri-TV gearbeitet hatte, ertrank 2011 bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren.
Exilsender Radio Erenea sendet aus Paris

ROG unterstützt die Arbeit des in Paris ansässigen Radiosenders Radio Erena, der aus dem Exil unabhängige und kritische Informationen in Eritrea verbreitet. Das Hörfunkprogramm  kann über Satellit und im Internet empfangen werden und wird von eritreischen Exiljournalisten betrieben.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Eritrea auf Platz 180 von 180 Ländern.


Pressemitteilung von Reporter ohne Grenzen