Anmerkungen zur Potsdamer Garnisonkirche

Während der Zeit des Faschismus fanden in der Potsdamer Garnisonkirche regelmäßig „militärische Feiern mit religiöser Weihe“, Ansprachen, Predigten und Feldgottesdienste statt, bei denen sehr intensive Kriegspropaganda betrieben wurde. Das betraf unzählige Vereidigungen, Geburts- und Todestagsfeiern, Lazarett-Gottesdienste, feierliche Flaggenhissungen, Schul- und Schulanfangs-Gottesdienste mit militärischem Drill, Reformationsfeiern, allgemeine Gottesdienste für Soldaten, Feld-Gottesdienste, Treffen von Kolonial-Kriegervereinen, Seesoldaten- und Marinevereinen, Zusammenkünfte der Gustav-Adolf-Stiftung, des Königin-Luise-Bundes, des Großvereins der Generalfeldzeugmeister sowie unzähliger anderer Bünde und Vereine, Langemarck-Feiern, Gedenktage an große Schlachten und Siege.

Als Beispiel sei aus einer Predigt beim Feldgottesdienst am 7. November 1935 zitiert, bei der man zu frieren beginnt: „Soldaten, deutsche Männer! Das ist heute ein großer und leuchtender Tag in Eurem Leben und im Leben unseres Volkes. Zum ersten Mal soll ein ganzer Jahrgang deutscher wehrhafter und waffenfähiger Jugend auf den obersten Befehlshaber der Wehrmacht, den Führer und Kanzler vereidigt werden. Das ganze deutsche Volk nimmt daran freudigen und stolzen Anteil. So leidenschaftlich kann Wehrfreiheit und Wehrhaftigkeit nur ein Volk ergreifen, dem Soldatenblut tief im Herzen steckt und dem man seine ruhmreiche, scharf geschliffene Waffe zerbrochen hat. […] Wer ist ein Mann? Der sterben kann für Freiheit, Pflicht und Recht. […] In Sturm und Wetter, in Angst und Grauen, in Not und Tod soll es heißen: Ich will mich lieber bei lebendigem Leib in Stücke hauen lassen, als dass ich ein Feigling, ein Verräter und ein ehrloser Mann werde. Der ist ein Mann, der sterben kann, wie Eure Väter 1914, da Ihr geboren wurdet, in den großen Schlachten des Weltkrieges kämpften, siegten, bluteten und starben. […] Darum steht das >Gott mit uns< auf Eurem Koppel. Wer als Christ glauben und beten kann, der wird auch seinen Fahneneid halten, wird freudig sein zu jener harten und schweren Pflicht, auch freudig zum Bluten und Sterben.“

Beispielbild
Koppelschloss der deutschen Wehrmacht
Der dann vom Faschismus initiierte Zweite Weltkrieg zerstörte halb Europa und kostete 55 Millionen Menschen (Soldaten und Zivilisten) das Leben. Trotzdem versucht man heute wieder Rechtfertigungen für den Wiederaufbau der Garnisonkirche zu konstruieren. So heißt es im „Ruf aus Potsdam“: „Viele der Männer des Widerstandes (gegen Hitler) – insbesondere des 20. Juli 1944 – waren Gemeindeglieder der Garnisonkirche.“ Hiermit wird wohl die Geschichte endgültig pervertiert. Wie und wann fand eigentlich der viel gepriesene „Widerstand“ des deutschen Militärs (gegen Hitler) seinen Ausdruck? Und war es eigentlich wirklich ein Widerstand gegen System des Faschismus oder (nur) der Versuch eines Tyrannenmordes? Wir müssen uns den Zeitpunkt genau ansehen, zu dem es „endlich“ zum viel gepriesenen Attentat kam: Der 20. Juli 1944. Bereits 1943 fügte die Rote Armee den deutschen Truppen die schwere Niederlage bei Stalingrad zu. Am 6. Juni 1944 eröffneten die westlichen Alliierten die 2. Front und vom 23.-27. Juni 1944 erreichte die sowjetische Armee den Bug. Jedem Realisten war klar, dass die militärische Niederlage Deutschlands unausweichlich war, wenn man es nicht schaffte, eine ungewöhnliche Wende herbeizuführen. Und das war auch das Ziel der „Widerstandskämpfer“ des 20. Juli. So sagte denn auch der in drei Armeen – der Reichswehr, der Wehrmacht und der Bundeswehr – gediente Johann Adolf Graf von Kielmannsegg später: „Im Vordergrund der Befürchtung stand für uns nicht Hitler, sondern der Bolschewismus. Deutschland sollte den Kommunisten nicht zum Opfer fallen […] Es war die Idee Stauffenbergs, den Westen aufzumachen und die Ostfront um jeden Preis zu halten.“

Das 1921 aufgestellte Infanterie-Regiment No. 9 war von 1933 bis 1935 für die militärische Ausbildung von Hitlers Leibstandarte zuständig und nahm unter dem Truppenkennzeichen „Fridericus Rex“ sehr aktiv an den Überfällen auf Polen, auf Frankreich und auf die Sowjetunion teil. Es galt als das exklusivste Regiment der Wehrmacht. Der Hörfunkjournalist Konstantin Sakkas sagte am 24.07.2011 im Deutschlandfunk: „Dem viel gepriesenen Opfergang des deutschen Adels […] ging eine lange und tiefe Kollaboration mit dem NS-Regime voraus.“ Noch klarer formulierte es der Arzt und Schriftsteller Friedrich Reck-Malleczewen. Er schrieb in seinem „Tagebuch eines Verzweifelten“: „Ein wenig spät, ihr Herren, die ihr diesen Erzzerstörer Deutschlands gemacht habt, die ihr ihm nachliefet, solange alles gut zu gehen schien, die ihr […] unbedenklich jeden von euch gerade verlangten Treueid schworet, die ihr euch zu armseligen Mamelucken des mit hunderttausend Morden, mit dem Jammer und dem Fluch der Welt belasteten Verbrechers erniedrigt habt […].“