Religiöse Rechte - Notizen Juni 2012

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US-Flag / Foto: Andrea Church (morguefile)

USA. (hpd) Der vergangene Monat brachte US-Präsident Obama viel Freud und Leid. Sein Vorsprung auf Herausforderer Mitt Romney schmilzt dahin, dieser sammelt immer mehr Spendengelder, und die wichtige Gouverneurswahl in Wisconsin ging verloren. Jedoch ist innenpolitisch ein großer Erfolg errungen, die allgemeine Krankenversicherung kann kommen.

Immer noch steht der US-Präsident wegen seiner Haltung zur Homoehe und angeblicher Nähe zum Islam unter Beschuss durch die Christliche Rechte. Und nicht zuletzt hat dieser Monat gezeigt, dass der Graben zwischen schwarzen und weißen Amerikanern noch immer tief ist.

Die Debatte um den Tod des schwarzen Teenagers Trayvon Martin – war es Mord oder Notwehr – beschäftigt die USA weiterhin. Rick Joyner warnte, dass die Feinde Amerikas die Situation ausnutzen könnten, Rassenunruhen, ähnlich denen in Los Angeles 1992, zu entfachen. (Quelle)

David Barton erklärte diesen Monat den Zuhörern seiner Radioshow, dass die Ursache für Armut mangelnder Glaube sei. Das Lesen der Bibel steigere den Willen zu arbeiten. Zwar gebe es keine Studie zur Untermauerung seiner Thesen, eine genauere Untersuchung würde ihn aber sicher bestätigen. Außerdem verteidigte er US-Präsident Thomas Jefferson. Dieser hatte – für damalige Zeiten nicht ungewöhnlich – mehrere Sklaven besessen. Barton verteidigte ihn dahingehend, dass Sklaven damals noch keine Rechte besaßen und es daher schlicht illegal gewesen sei, sie zu entlassen. Derartige Gesetze gab es tatsächlich, Barton zitierte sie in seinen Schriften jedoch so stark verkürzt, dass gewisse Ausnahmeregelungen für die Freilassung von Sklaven unter den Tisch fielen. (Quelle 1) (Quelle 2)

Matt Barber stimmte einem rumänischen Gast in seiner Fernsehsendung zu, dass Organisationen in den USA, die eine Trennung von Kirche und Staat fordern, in Wahrheit kommunistisch seien und „religiöse Säuberungen“ planten. Auch Mike Huckabee warnte war Attacken auf das Christentum. Angeblich würde die Umweltschutzbehörde den Baptisten bald die Taufe durch Untertauchen verbieten, weil dies mit zu hohem Wasserverbrauch verbunden sei. (Quelle 1) (Quelle 2)

Obamas Vorstoß in Sachen Homoehe sorgt noch immer für heftige Nachbeben. Buster Wilson von der American Family Association kritisierte die Aufnahme von Schwulen in die Armee. In keinem anderen Segment der Gesellschaft seien Selbstmorde so weit verbreitet wie unter Homosexuellen. Die erhöhte Suizidrate im US-Militär könne mit diesem Fakt erklärt werden. An dieser Äußerung entzündete sich Kritik, so dass Bryan Fischer seinem Kollegen beisprang. Schwule seien weder für Logik noch für Fakten zugänglich, weil Gott ihnen einen verdorbenen Verstand gegeben habe. (Quelle 1) (Quelle 2)

Der afroamerikanische Bischof Harry Jackson wies die Analogie zwischen der Emanzipation der Schwarzen und der Schwulen zurück. Gegen Homosexuelle habe es niemals eine derart starke Diskriminierung gegeben wie gegen Afroamerikaner. Dass die meisten Schwarzen ihre Stimme nicht der republikanischen Partei geben, kommentierte er damit, dass sie endlich die „demokratische Plantage“ verlassen müssten. Tony Perkins meinte mit Blick den Umstand, dass im Juni der „Gay Pride Month“ gefeiert werde, dass man genauso gut auch einen Trunkenheits- oder Fremdgeh-Monat einführen könnte. (Quelle 1) (Quelle 2)

Ein wichtiger Sieg für Obama: Der Oberste Gerichtshof der USA musste darüber befinden, ob die Gesundheitsreform verfassungswidrig ist oder nicht. Das Urteil war denkbar knapp und vor allem deshalb überraschend, weil John Roberts sie passieren lässt. Bislang galt der von George Bush ernannte Richter als streng konservativ. Besonders im rechten Spektrum rief seine Entscheidung deshalb Irritationen hervor. Bryan Fischer warf Roberts vor, an Epilepsie zu leiden (dies ist nicht offiziell bestätigt, aber plausibel) und durch Medikamente in seinem Urteilsvermögen gestört zu sein.

Die Evangelikalen betrachten die Hilfe für Notleidende als Aufgabe der Kirche und sehen daher jede Form von Sozialhilfe oder Krankenversicherung als direkten Angriff aufs Christentum an. Ein anschauliches Beispiel für ein rein christliches Verständnis von Gesundheitsvorsorge lieferte ein Ereignis im letzten Jahr im US-Bundesstaat New Jersey, der Fall wurde jedoch erst jetzt bekannt. Ein katholisches Krankenhaus hatte einem schwulen AIDS-Kranken seine Medikamente verweigert: „Das kommt davon, wenn man gegen Gottes Willen handelt.“ (Quelle 1) (Quelle 2)

In diesem Monat trat Kamal Saleem in der Radiosendung von Janet Parshall auf. Der Araber gibt an, vor seiner Konversion zum Christentum islamischer Terrorist gewesen zu sein und mit der Muslimbruderschaft, der PLO, Muammar Gaddafi, Saddam Hussein, den Mudschaheddin etc. zusammengearbeitet zu haben. Seine Schilderungen sind derart unglaubwürdig, dass das FBI es bislang nicht als nötig empfand, ihn wegen seiner angeblichen Kontakte zu internationalen Terroristen zu befragen. Dem Radiopublikum erzählte er, dass Präsident Obama Terrorismus legalisieren wolle und viele Generäle im US-Militär geschworen hätten, die USA zu zerstören. (Quelle)

Auch Michele Bachmann, die kürzlich ihre eigenen Präsidentschaftsträume begraben musste, teilte heftig gegen Obama aus. Dieser spucke auf die US-Verfassung und habe die Unterwanderung der gesamten Regierungsebene durch die Muslimbruderschaft zugelassen. Jeffrey Daly sagte im Gespräch mit der American Family Association, dass Obama den göttlichen Schutz, der über dem Weißen Haus schwebte, zerstört habe. Bei einem Treffen mit dem saudischen König habe er ihm nicht die Hand gereicht, sondern sich verbeugt. Die Bibel besage, dass man nicht vor heidnischen Göttern knien dürfe. (Quelle 1) (Quelle 2)

General William Boykin warnte erneut vor einer Überfremdung der USA. Angeblich sei die Stadt Dearborn in Michigan zu fast 100% muslimisch und hätte die Scharia-Gesetzgebung eingeführt. Man würde sich dort wie in Damaskus fühlen. Tatsächlich befindet sich in der Stadt die größte Moschee der USA, Muslime machen aber nur etwa ein Drittel der Bevölkerung aus. (Quelle)

General Boykin äußerte sich jedoch auch zu innenpolitischen Themen. Angeblich hätten Marxisten die amerikanischen Schulbücher umgeschrieben um dem Land seine Identität zu rauben. Dieser Prozess sei vor allem in Europa bereits weit fortgeschritten. Außerdem warf er im Gespräch mit Rick Joyner den Anhängern der kapitalismuskritischen Occupy-Bewegung vor, Drogen zu nehmen und Menschen zu vergewaltigen. (Quelle 1) (Quelle 2)

Führungswechsel: Die Southern Baptist Convention, nach der katholischen Kirche die größte Glaubensgemeinschaft in den USA, hat einen neuen Präsidenten. Fred Luter ist der erste Afro-Amerikaner, der dieses Amt ausübt. Dies ist umso bemerkenswerter, da die SBC sich im bewussten Gegensatz zu Baptisten, die eine Abschaffung der Sklaverei forderten, gegründet hatte. Bis in die 60er-Jahre hinein befürworteten ihre Pastoren in den Südstaaten der USA die Rassentrennung. Vor Fred Luter war mit Johnny Hunt bereits ein Native American Präsident. An den realen Machtverhältnissen ändert diese Personalie jedoch wenig. Der Präsident der SBC übt sein Amt in der Regel nur zwei Jahre aus, bevor er seinem Nachfolger das Feld überlassen muss. Die tatsächliche Ausrichtung der Konfession liegt in den Händen von Richard Land und Al Mohler, die beide ihre (protokollarisch niedrigeren) Ämter seit mehr als bzw. knapp 20 Jahren ausüben.

In einem Video der „Truth in Action Ministries“ über den moralischen Niedergang Amerikas kam auch Pastor Peter Hammond aus Südafrika zu Wort. Er hatte dem Apartheidsregime als Offizier gedient. In der Dokumentation beklagte er, dass bei den ersten freien Wahlen in dem Land 1994 keine christlichen Politiker gewählt wurden. (Vgl.: "Vor 20 Jahren wurde die Apartheid beendet") Die Legalisierung von Abtreibung, Pornographie, Homosexualität und der Anstieg der Sexualität in Südafrika seien darauf zurückzuführen. Dazu passt auch, dass der Republikaner Jeff Flake, der in diesem November um den Senatssitz in Arizona kämpft, in den 80er-Jahren als Uran-Lobbyist versuchte, die wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Apartheidsstaat zu lockern. (Quelle 1) (Quelle 2)

Der ehemalige republikanische Abgeordnete und gescheiterte Präsidentschaftskandidat 2008, Tom Tancredo geriet diesen Monat erneut in die Kritik. Er hatte einem Auftritt beim Council of Conservative Citizens zugestimmt. Der CoCC ist eine der größten rechtsextremen Organisationen in den USA. Es trauert den Konföderierten Staaten und der Rassentrennung nach. In den vergangenen Jahren waren auch Holocaustleugner gefragte Redner. Nach kritischer Medienberichterstattung zog Tancredo seine Teilnahme an der Konferenz zurück und wollte sich nicht weiter in der Angelegenheit äußern. Der evangelikale Politiker war vor allem wegen seiner harten Haltung gegenüber mexikanischen Einwanderern und durch seinem Vorschlag, islamische Terroranschläge auf amerikanischem Boden mit der Bombardierung der Heiligen Stätten in Mekka und Medina zu beantworten, landesweit bekannt geworden. (Quelle)

Bill Donohue, der Chef der katholischen Liga, legte sich in diesem Monat erneut mit der jüdischen Gemeinde in den USA an. Der progressive Rabbi Arthur Waskow hatte in einem Beitrag für die liberale Huffington Post die Haltung der amerikanischen Bischofskonferenz und des Vatikan in Bezug auf Verhütung kritisiert. Donohue kontaktierte ihn daraufhin umgehend per E-Mail. „Juden sollten sich ihre katholischen Freunde nicht zu Feinden machen, schließlich haben sie so wenige davon.“, so die verklausulierte Drohung. Außerdem solle sich der „hasserfüllte Waskow“ lieber mit dem Kindesmissbrauch durch jüdische Geistliche, statt mit katholischen Angelegenheiten befassen. (Quelle)

Gute Nachrichten für Atheisten: Eine Mehrheit der US-Amerikaner kann sich vorstellen, einem ungläubigen Präsidenten ihre Stimme zu geben. Umfragen in den vorigen Jahrzehnten hatten immer große Abneigung gegen Atheisten gezeigt. Dennoch sind die Zustimmungsraten mit nur 54% (Demokraten 58%, Republikaner 48%) relativ gering. Gleichzeitig zeigt sich aber, dass Afro-Amerikaner oder Frauen kaum noch auf Vorbehalte bezüglich ihrer Eignung für das höchste Staatsamt stoßen. (Quelle)

Gerade konservative Christen können sich aber keineswegs mit Ungläubigen anfreunden. Pastor John Hagee predigte, dass die Vereinigten Staaten weder von noch für Atheisten gegründet worden seien. Jeder Atheist der sich am Christentum störe, solle das Land verlassen, man werde ihn nicht vermissen. (Quelle)

Mitt Romney ist bislang mehr schlecht als recht in den Präsidentschaftswahlkampf hineingestolpert. In den Primaries verlor er Stimmen an seine konservativeren Mitbewerber Rick Santorum und Newt Gingrich, wobei sich die derzeitige Zerrissenheit der republikanischen Partei zeigt. Mittlerweile steht er aber als alleiniger Herausforderer Obamas fest und präsentiert sich erheblich selbstbewusster auf der politischen Bühne. In den letzten Wochen gelang es ihm, immer größere Spendensummen für seinen Wahlkampf aufzutreiben. Außerdem gewann im Bundesstaat Wisconsin der Republikaner Scott Walker die Gouverneurswahlen, was unter Konservativen die Hoffnung auf einen Sieg Romneys befeuerte. Matt Barber sprach von einem Erdbeben und sehnte die „Implosion der Progressiven“ herbei. Dennoch gelingt es Romney wegen seines mormonischen Glaubens nicht, in breite christliche Wählerschichten vorzustoßen. Bill Keller warnte vor dem „satanischen Kult“ und empfahl bei der Wahl im November „Jesus Christus“ auf den Wahlzettel zu schreiben. Eine tatsächliche Umsetzung dieses Planes dürfte aber Obamas Wiederwahl sichern. (Quelle 1) (Quelle 2)

„Joe the Plumber“, der Klempner aus Ohio, der im Präsidentschaftswahlkampf 2008 zum Liebling der Republikaner avancierte und nun selbst um den Einzug in den US-Kongress kämpft, verwunderte viele Amerikaner in einem Werbespot. Während er am Schießstand steht, erklärt er dem potentiellen Wähler, dass freier Waffenbesitz den Armeniern und Juden die Möglichkeit gegeben hätte, sich vor den gegen sie geführten Völkermorden zu schützen. Dem christlichen Fernsehsender CBN hatte er zuvor erklärt, wie er zum christlichen Glauben gekommen sei. Er habe die Bibel und ein naturwissenschaftliches Lehrbuch aus der Schule verglichen. Während die Bibel stets die unverfälschte Wahrheit bliebe, habe man das Lehrbuch bereits sieben Mal von Fehlern bereinigen müssen. (Quelle 1) (Quelle 2)

Redaktion und Übersetzung: Lukas Mihr