Papst im Panoptikum

HAMBURG. Pünktlich zum Geburtstag gibt es nun einen „Überraschungsgast" im

Hamburger Panoptikum an der Reeperbahn auf St. Pauli: Benedikt XVI. - als Wachsfigur.

An der Tür geht man an dem lebensechten Robbie Williams aus Wachs vorbei, dann blickt man rechts auf eine sehr attraktive „Pretty Woman" - Julia Roberts unter Palmen im dekolletierten roten Abendkleid - und kann durchaus einen Schreck bekommen, wenn man dann sieht, wer auf gleicher Höhe mit einem selber steht: der Papst - mit erhobenen Armen - so lebensecht, dass man meint, er würde gleich zu sprechen beginnen.

Hayo Faerber, der in vierter Generation das Panoptikum in Hamburg als Geschäftsführer leitet, ist sehr stolz auf die hervorragende Qualität des Wachsmodells. Am Gründonnerstag aufgestellt, hat die Wachsfigur den ‚Ostertest' bestanden und die vielen Besucher sehr beeindruckt. „Kritik gab es bisher keine" meint der Chef des Hauses zufrieden.

Geschaffen hat den wächsernen Papst der Berliner Gottfried Krüger, der seit mehr als zwanzig Jahren dem Hause verbunden ist und die "Kunst des Figurenbauens" beherrscht. „Ob das, was wir im Panoptikum ausstellen, nun Kunst oder nicht, darüber gibt es verschiedene Auffassungen. Bisher zumindest haben sich die Museen in Hamburg geweigert, das Panoptikum in die 'Lange Nacht der Museen' aufzunehmen. Es hat anscheinend immer noch einen Beigeschmack von Kirmes." Der Geschäftsführer des Panoptikums ist aber sehr selbstbewusst: „Als mein Urgroßvater dieses Haus gründete, 1879, da waren wir auch so etwas wie eine Bildungseinrichtung. Die Menschen damals hatten kein Kino, kein Fernsehen und häufig auch keine Zeitung, so dass sie viele „Berühmtheiten", wenn überhaupt, nur dem Namen nach kannten. Mit den ‚bewegten Bildern' sind dann die meisten Häuser geschlossen worden. Es gab um die Jahrhundertwende in beinahe jeder größeren Stadt ihn Deutschland ein Panoptikum. Wir sind, wenn ich es richtig sehe, als einziges Haus heute noch vorhanden."

Der Aspekt der „Berühmtheit" ist für die Auswahl der Dargestellten wesentlich. Einzige Ausnahme sind alle bisherigen BundeskanzlerInnen und so kann man sich im Foyer an einen Bistrotisch zu Gerhard Schröder neben Angela Merkel stellen und sich wächsern nah fotografieren lassen.

Rechtliche Probleme gibt es keine. Da die Dargestellten allesamt „Personen des öffentlichen Lebens" sind, dürfen sie auch als Figur dargestellt werden.

Es kommen für die Auswahl immer mehrere Dinge zusammen: Obwohl in einem kleinen Familienunternehmen die Chefin oder der Chef einen gewissen Einfluss hat, werden regelmäßig Besucherumfragen durchgeführt: „Wen würden Sie hier gerne sehen?" - Lady Di kam so in Betracht - und da wurde dann auch schon immer mal wieder in den vergangenen zwei Jahren der jetzige Papst genannt. Dann will das Panoptikum auch wichtige Menschen zeigen, und da seit dem letzten Papst im Panoptikum - vor 60 Jahren Pius XII. - nun schon Jahrzehnte vergangen seien, war es nun wieder mal Zeit. Dass es ein deutscher Papst ist, der auch viele Menschen beeindruckt, war auch ein Gesichtspunkt.

Für die Auswahl gibt es nicht nur rationale Kriterien und da das Haus nur eine Stellfläche für 130 Wachsfiguren hat, können pro Jahr nur zwei bis drei Figuren in die Sammlung neu aufgenommen werden. So ist es dann eine Mischung aus Publikumsgeschmack - mit den entsprechenden Berühmtheiten - und persönlichen Einstellungen - so wird es niemals einen Präsidenten Bush im Hamburger Panoptikum geben. Es ist auch eine Frage der Ehre.

Ansonsten spielt die Aktualität noch eine Rolle und so werden dieses Jahr zwei weitere Figuren aus dem Bereich des Show-Business neu hinzukommen - Thomas Gottschalk und Herbert Grönemeyer.

Wenn man sich den „Papst-Hype" am Sonntag auf dem Petersplatz angeschaut hat, als Benedikt XVI. wie in einem mittelalterlichen Festspektakel als Herrscher über den Menschen auf dem Petersplatz wahrhaft thronte, dann war das eine hervorragende Inszenierung im Show-Business.

Aber nur die lokalen oder die internationalen Berühmtheiten haben eine Chance auf Aufnahme - ein evangelischer Bischof oder eine Bischöfin haben bisher keine Erfolg versprechenden Aussichten. Da muss der Mensch im Religiotainment schon Papst sein.

CF