Notizen aus Frankreich

Sarkozy zum Ersten: „Für die Republik ist Gott unentbehrlich".

Am 20. Juni 2005 fand eine interreligiöse Versammlung

unter dem Titel „Kann Gott die Republik entbehren?" statt, die von der Vereinigung „Bibel" im Theater von Neuilly organisiert worden war. Dort erklärte der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy: „Religionen sind etwas Gutes für die Republik ... Nur engstirnige Sektierer haben den Laizismus als einen Kampf betrachtet." Sarkozy selbst sieht das eher umgekehrt. Seiner Meinung nach ist Gott für die Republik unentbehrlich, vor allem in ärmeren Stadtvierteln, wo ein Mangel an Spiritualität augenscheinlich alle Probleme bedinge. „Unsere Stadtviertel haben sich in spirituelle Wüsten verwandelt, und ich denke nicht, dass daraus etwas Gutes gedeihen kann", so der Präsident. (Deutsch)

 

Sarkozy zum Zweiten: „Der Islam ist auch Frankreich."

„Diejenigen, die vom Hass im Namen des Islams reden ... haben auf dem Boden der Französischen Republik nichts zu suchen", erklärte Nicolas Sarkozy während eines Essens zum Ende der Fastenzeit in der Großen Moschee von Paris. „Der Islam entwickelt sich gut in Frankreich. Ich bin an Ihrer Seite, um Ihre Rechte zu verteidigen. Gleichfalls bitte ich Sie, sich mir zur Seite zu stellen, wenn es um die Wahrnehmung Ihrer Pflichten geht", sagte der Präsident. Er wies darauf hin, dass auch Regierungsmitglieder wie Rachida Dati das Fasten im Ramadan einhielten. „Dies zeigt, dass der Islam von der Spitze bis zur Basis unserer Gesellschaft ein vertrauter Bestandteil unseres Landes geworden ist", kommentierte er. Und: „Der Islam ist auch Frankreich!" (Französisch)

Katholisches Institut Paris bildet Imame aus

Nachdem der Versuch an den Universitäten Paris IV (Sorbonne) und Paris VIII (Saint-Denis) gescheitert ist, eine laizistische Ausbildung für Muslime anzubieten, startet die Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der katholischen Universität Catho im Januar 2008 einen akademischen Ausbildungsgang „Säkularisierung" für Führer religiöser, insbesondere muslimischer Vereine.

Die Ausbildung beinhalte Fragen der Säkularisierung und nicht theologische Problemstellungen, erklärte Olivier Bobineau, Soziologe und Mitglied der Arbeitsgruppe „Gesellschaften, Religionen, Laizismus". Damit solle die religiöse Bildung von Bewerbern auf Imamstellen bzw. von bereits predigenden Imamen ergänzt werden. Der erste Kurs habe eine Laufzeit von 400 Stunden, darunter 250 Stunden Unterricht, und werde mit etwa dreißig Studenten von Januar bis Juni durchgeführt.

Die Ausbildung beinhaltet vier Schwerpunkte: „Allgemeinbildung" (Geschichte der Moderne, Republikanische Werte und Institutionen, Politisches Leben), „Rechtsfragen" (Recht der Religionen, Wirtschaft und Verwaltung des Gottesdienstes, Menschenrechte usw.), „Öffnung zur religiösen Welt" unter geisteswissenschaftlichem Aspekt und „Interkulturalität".

Die Union der islamischen Organisationen in Frankreich (UOIF), die an zwei Instituten Imame in Frankreich ausbildet, ist skeptisch: „Wir haben nichts gegen eine nicht-religiöse akademische Ausbildung von Imamen", erklärt Fouad Alaloui, der erste Vizepräsident der UOIF. „Aber ich glaube nicht, dass der Ort angemessen ist. Es sollte ein neutraler Ort gesucht werden."

„Diese Ausbildung ist eine gute Sache", freut sich hingegen Didier Leschi, der Leiter des Büros für Religionsangelegenheiten im Innenministerium. „Ich bin allerdings weniger darüber erstaunt, dass das Catho von Paris die Ausbildung übernommen hat, sondern dass klassische Universitäten sie abgelehnt haben", die idealerweise diesen Bedarf hätten erfüllen sollen. (Französisch)

Lyon startet „ökumenische" Kantinen

Um Schülern entgegenzukommen, die kein Schweinefleisch essen, gleichzeitig aber konfessionslose Schüler nicht vor den Kopf zu stoßen und um auch die Sorge los zu sein, sich um die Bestellung von koscherem Fleisch kümmern zu müssen, werden Lyons Schulkantinen ab 2008 fleischlose Menüs anbieten. Dieser Schritt soll helfen, die bestehenden Konflikte zwischen den Eltern und der Stadtverwaltung abzubauen.

Bereits heute bieten die Schulen Menüs ohne Schweinfleisch an. Laut Yves Fournel, dem Leiter der Schulabteilung, essen 30 % der Kinder kein Schweinefleisch. Man könne in öffentlichen Schulen jedoch nicht so viele Menüs anbieten, wie es Religionen gebe. Das sei technisch nicht machbar und auch nicht wünschenswert. (Französisch)

Gegen Sterbehilfegesetz

Corine Pelluchon, Doktorin der Philosophie, hinterfragt in der Zeitung „Le Monde" die Notwendigkeit eines Gesetzes zur Legalisierung der Sterbehilfe, da es bereits das so genannte „Gesetz Leonetti" vom 22. April 2005 gebe, das konkrete Lösungen für die Angst vor dem Sterben biete. Dieses Gesetz beinhaltet den Begriff der „Verhältnismäßigkeit der Pflege" und der „Entwicklung einer palliativen Kultur".

An die Position eines Arztes erinnernd betont die Autorin, dass ein Tötungsakt mit der Aufgabe, das Leben nicht zu gefährden, unvereinbar sei, dass aber die Einbeziehung einer möglichen Tötung in die Pflege das Vertrauen der Familien gegenüber den Pflegenden beeinträchtigen würde. Frau Pelluchon ist zudem der Auffassung, dass die Legalisierung der Sterbehilfe „einer Anerkennung des Selbstmordes durch die Gesellschaft als legitime und natürliche Antwort auf das Leiden" gleichkäme. (Französisch)

30 Millionen Euro für Palliativmedizin

Anlässlich der ersten Tagung des Nationalen Netzes für Palliativmedizin gab Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot bekannt, dass im kommenden Jahr 30 Millionen Euro für die Palliativmedizin, insbesondere für die Anschaffung von Betten in diesem Bereich, vorgesehen seien. In Frankreich gebe es derzeit 3.000 Betten für Palliativmedizin, deren Anzahl bis 2012 verdoppelt werden soll, so die Ministerin.

Roselyne Bachelot zeigte sich gegenüber einem Vorschlag des Nationalen Komitees zur Überwachung und Begleitung der Entwicklung der Palliativmedizin sehr zurückhaltend. Das Komitee hatte vor kurzem in seinen Jahresbericht vorgeschlagen, nach dem Vorbild des Mutterschafts- bzw. Vaterschaftsurlaubes Menschen, die ihre Verwandten zum Lebensende hin betreuen und pflegen, einen bezahlten Urlaub zu gewähren. (Französisch) (Quelle 1) und (Quelle2)

Vaterschaftstests per Internet

Um die genetische Herkunft ihres möglichen Kindes zu bestimmen, beanspruchen immer mehr Väter die Dienste ausländischer Labors. In Frankreich können solche Tests nur von einem Richter angeordnet werden, was selten geschieht. Daher würden im Ausland pro Jahr mindestens 10.000, vielleicht sogar doppelt so viele, von Franzosen beauftragte Vaterschaftstests durchgeführt, erklärte Prof. Johannes Paul Moissan, Leiter des Instituts für Genetik in Nantes Atlantique. (Französisch)

Immigration 1: „Gute und schlechte Einwanderer"?

Zahlreiche Organisationen kritisieren einen neuen Gesetzesentwurf zur Verschärfung der Einwanderungsbestimmungen. Die französische Bischofskonferenz verurteilte unter anderem den Geist des Gesetzestextes, der zwischen „guten und schlechten Immigranten" unterscheide. So beklagen die Katholiken die Einführung von „immer restriktiveren Maßnahmen gegen Ausländer" als „Zugeständnis an eine von Angst beherrschte öffentliche Meinung", anstelle die Chancen der Globalisierung zu sehen.

Entsetzt zeigten sich die Föderation der Protestanten von Frankreich und andere protestantische Verbände über die geplanten DNA-Tests und das damit verbundene „Eindringen in die Privatsphäre der Familien". Auch Amnesty International Frankreich (AIF) und Ärzte der Welt (MDM) kündigten Protest an. (Französisch)

Immigration 2: Frankreich - Land der Quoten

Nach dem Fenstersturz eines illegal in Frankreich lebenden Chinesen haben mehrere Hundert Personen im Pariser Viertel Belleville gegen das Vorhaben der Regierung demonstriert, Immigrationsquoten einzuführen. Staatspräsident Sarkozy hatte angekündigt, dass zusätzlich zu der bereits existierenden Quotierung nach Berufsgruppen auch regionale Quoten eingeführt werden sollen.

Nach Aussage des Wissenschaftlers Patrick Weil verstoße dieses Vorhaben jedoch gegen die Verfassung; ein ähnliches System wäre bereits 1965 in den USA aus denselben Gründen abgeschafft worden. Der Immigrationsminister kündigte daraufhin einen Versuch zur Änderung der Verfassung an. (Französisch)

Petition gegen DNA-Tests

Charlie Hebdo und die Organisation „SOS Racisme" haben eine Petition gegen die Einführung von DNA-Tests verfasst. Die Tests sollen die Abstammung von Personen im Rahmen von Familienzusammenführungen nachweisen. Die von der Nationalversammlung vorgesehene Gesetzesänderung solle die Gentechnik als Mittel der staatlichen Kontrolle anwenden. Dies werfe nach Auffassung der Verfasser der Petition mehrere grundlegende Probleme auf: Wie lasse sich zum Beispiel eine Familie genetisch definieren? Ferner die Frage der Verwendung von Gentechnik im Widerspruch zur Idee von Zivilisation und Freiheit. Schließlich die Annahme eines wiederholten Generalverdachts gegenüber Ausländern. (Französisch)

Ausweisung trotz Zwangsehe

Nicolas Sarkozy hatte versprochen, dass Frauen, die Opfer von Gewalttaten sind oder nach der Rückkehr in ihre Heimat Zwängen und/oder Gewalt ausgesetzt werden könnten, nicht ausgewiesen werden dürfen. Eine derartige Bestimmung sieht auch der Entwurf des neuen Einwanderungsgesetzes vor.

Vor einigen Tagen informierte nun das „Bildungsnetz ohne Grenzen" (RESF), dass die zwanzigjährige Senegalesin Aloe Fofana in Grenoble festgenommen wurde und ausgewiesen werden soll. Damit besteht für sie im Senegal das Risiko eine Zwangsehe mit einem sechzigjährigen Mann, der bereits verheiratet und Vater von vielen Kindern ist. Der Mann wurde vom Onkel Aloe Fofanas ausgesucht, der seit dem Tod ihrer Eltern ihr Vormund ist.

RESF fordert den Präfekt von Isère auf, Aloe freizulassen, sie zu schützen und ihren Aufenthalt gemäß der Verordnung vom 13. September 2007 zu regulieren. (Französisch)

Werfe Christus nicht aus der Kirche!

Seit dem 21. April besetzen 504 Obdachlose die St. Pauluskirche in Massy. Dabei handelt es sich um die bisher größte Kirchenbesetzung in Frankreich.

Zu ähnlichen Aktionen kam es wiederholt in der Vergangenheit. So wurde 2002 die Basilika von Saint-Denis unter Beschlag genommen, woraufhin die acht Bischöfe von Ile-de-France in einer Pressemitteilung darum baten, „den religiösen Charakter der Orte, an denen die Christen sich zum Beten treffen", zu respektieren. „Solche Maßnahmen dienen nicht der Sache der Obdachlosen und verbessern deren Situation nicht."

Bereits am Abend des ersten Tags der aktuellen Besetzung forderte Bischof Michel Dubost von der Diözese Evry, die Kirche mithilfe der Polizei zu räumen. Doch die christliche Gemeinschaft scheint diesbezüglich unterschiedlicher Auffassung zu sein. Fünf Priester haben die Forderung des Bischofs ihm gegenüber schriftlich abgelehnt: „Obdachlose rauswerfen wäre so wie Christus vor die Tür der Kirche zu setzen." Der Bischof behauptet jetzt, dass die Besetzer von der kommunistischen Gewerkschaft CGT manipuliert worden wären. (Französisch)

Schwerer Schulanfang für katholische Schulen

„Wenn sich der Abbau von 1.400 Stellen bewahrheitet, ist nicht abzusehen, wie wir nach der Sommerpause 2008 die Schülerzahl bewältigen sollen, zumal bereits 6.000 Kinder zusätzlich in diesem Jahr eingeschult worden sind", sagte Eric de Labarre, der neue Generalsekretär des katholischen Bildungswesens, angesichts der geplanten Streichung von 11.200 Stellen in öffentlichen und privaten Schulen.

Bereits jetzt mussten die katholischen Schulen die Registrierung von 30.000 bis 35.000 Schülern wegen fehlender Kapazitäten verweigern. De Labarre räumte ein, dass die privaten Schulen weniger behinderte Kinder aufnähmen und auch weniger in sozial schwierigen Gebieten aktiv seien. Um mehr tun zu können, seien dennoch mehr finanzielle Mittel nötig. (Französisch)

Die Freimaurerei aus Sicht der Rechtsextremen

Die Website der Neonazis von „Blut und Ehre", Anhänger der „White-Power"-Bewegung, greifen in einem Artikel das Freimaurertum an. Dieser enthält alle bekannten Angriffe von Rechts gegen die Freimaurerei:
- ihre oppositionelle Haltung gegen die Kirche und die Monarchie;
- ihre Sympathie für die Republik;
- das Emblem der Sekte auf amerikanischen Banknoten;
- ihre Vorstellung von der Zerstörung der römisch-katholischen Kirche;
- die Verantwortung für Morde und die Teilnahme an diversen Machenschaften;
- die Allgegenwart der Freimaurer;
- die Besetzung der Mehrheit der politischen Posten durch Freimaurer;
- die Schaffung der einheitlichen Währung Euro durch die Freimaurer;
- die Ausarbeitung von Gesetzen in Logen;
- die vom Großmeister vorgeschriebene Pflicht zu wählen;
- die finanzielle Unterstützung verwandter Sekten (Scientology, Zeugen Jehovas);
- Verbindungen zwischen Freimaurerei und internationaler Kinderpornografie;
die Neigung zu Pädophilie, totaler sexueller Freiheit und Inzest ...(Französisch)

 

Rudy Mondelaers