SCHWERIN. (hpd) Der Humanistische Verband Mecklenburg-Vorpommern erklärte heute
auf einer Pressekonferenz, sich an der Initiative „LER 2011“ für die Umwandlung des Ersatzfaches Philosophieren mit Kindern bzw. Philosophie in ein Pflichtfach „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“ für alle Schülerinnen und Schüler aktiv zu beteiligen und strebt darüber hinaus die Einführung eines Faches Humanistische Lebenskunde als Alternative zum Religionsunterricht an. Er fordert außerdem, dass „Tage ethischer Orientierung“ für Schülerinnen und Schüler auch durch nichtkirchliche Verbände durchgeführt werden können.
1. Für einen LER-Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler
Unser Verband, eine Weltanschauungsgemeinschaft, die sich 2006 gegründet hat und insbesondere die Interessen von kirchlich nicht gebundenen Menschen wahrnimmt, würde es sehr begrüßen, wenn für alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer Teilnahme am Religionsunterricht ein allgemeinbildendes Pflichtfach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) eingeführt wird, in dem sie sich in unserer komplizierter gewordenen Gesellschaft gemeinsam mit Fragen der Lebensbewältigung und Lebensorientierung und mit verschiedenen Religionen, Weltanschauungen und Kulturen beschäftigen. Das gehört unseres Erachtens heutzutage zu einer modernen schulischen Allgemeinbildung.
Wir erachten es angesichts der religiös-weltanschaulichen Vielfalt in unserem Land als antiquiert, wenn einem bekenntnisgebundenen Religionsunterricht ein Vorrang vor philosophischer Allgemeinbildung eingeräumt wird, die auch für religiöse Schülerinnen und Schüler bedeutsam ist.
2. Für uneingeschränkte Freiwilligkeit kirchlichen Religionsunterrichts
Im Sinne der Trennung von Staat und Kirchen ist uns darüber hinaus wichtig, dass der evangelische und katholische Religionsunterricht in Mecklenburg-Vorpommern künftig völlig freiwillig besucht wird. Dass Religionsunterricht bei uns bisher Pflichtfach auch für nichtreligiöse Kinder und Jugendliche ist, von dem sie sich abmelden können, um dann an einem Ersatzfach teilnehmen zu müssen, widerspricht auch dem Verfassungsgebot der Bekenntnisfreiheit (Artikel 4 Grundgesetz). Der zur religiös-weltanschaulichen Neutralität verpflichtete Staat darf in keiner Weise Einfluss auf die Teilnahme an einem bekenntnisgebundenen Unterricht nehmen.
3. Für Humanistische Lebenskunde als Alternative zum Religionsunterricht
Wir wollen schließlich, dass künftig vor allem nichtreligiöse Schülerinnen und Schüler auch das weltanschauliche Fach Humanistische Lebenskunde als Alternative anwählen können. Dazu gibt es ein starkes Bedürfnis in der Bevölkerung. Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes forsa vom Mai 2008 befürworten 68% der Bevölkerung Mecklenburg-Vorpommerns, dass bei uns das Fach Humanistische Lebenskunde als Alternative zum Religionsunterricht eingeführt wird. Würde dies der Fall sein, würden 46 % der Eltern ihre Kinder eher am Lebenskundeunterricht teilnehmen lassen, dagegen nur 35% am Religionsunterricht (Quelle: fowid).
Im Übrigen gibt es mit dem Fach Humanistische Lebenskunde seit mehr als 25 Jahren in Berlin sehr gute Erfahrungen. Inzwischen nehmen daran mehr als 45.000 Schülerinnen und Schüler teil. Im Land Brandenburg wird das Fach nach einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts seit August 2007 für derzeit ca. 500 Schülerinnen und Schüler völlig gleichgestellt mit dem Religionsunterricht unterrichtet. Für Mecklenburg-Vorpommern streben wir für 2009 eine Pilotphase an einigen Schulen an.
Rechtliche Grundlage für die Einführung des weltanschaulichen Faches Humanistische Lebenskunde ist das Schulgesetz von Mecklenburg-Vorpommern. Zwar ist dort wörtlich nur von „Religionsunterricht“ die Rede, aber nach Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes in Verbindung mit den Art. 3 und 4 sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 der Weimarer Reichsverfassung müssen Weltanschauungsgemeinschaften mit Religionsgemeinschaften gleichbehandelt werden. "Religionsunterricht" im Schulgesetz ist somit so auszulegen, dass dieser Begriff auch Weltanschauungsunterricht umfasst.
4. Für eine Gleichbehandlung nichtkirchlicher Verbände bei „Tagen ethischer Orientierung“
Wir setzen uns darüber hinaus dafür ein, dass das bisherige Privileg der Kirchen, aufgrund einer Vereinbarung mit dem Kultusministerium für Schülerinnen und Schüler so genannte „Tage ethischer Orientierung“ durchführen zu können, beseitigt und auch nichtkirchlichen Trägern die Durchführung solcher Veranstaltungen ermöglicht wird.
Wegen der Einführung des Faches Humanistische Lebenskunde und einer gleichberechtigten Trägerschaft für „Tage ethischer Orientierung“ wird sich unser Verband in den nächsten Tagen auch an den Kultusminister wenden.“
Für Rückfragen steht Ihnen der Landesvorsitzende des HVD Humanisten Mecklenburg-Vorpommern e.V., Jochen Stopperam, unter Tel. 03861 2471 und E-Mail zur Verfügung.