Pakistans Blasphemiegesetze: Parfüm löst Eklat aus

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Symbolbild
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Der beliebte pakistanische YouTuber Rajab Butt mit Millionen Followern war schon wieder gotteslästerlich. Er hat seine neue Duftkreation vorgestellt: das Parfüm "295". Die Zahl steht für §295 im pakistanischen Strafgesetzbuch für Blasphemie. Die religiös-extremistische Partei Tehreek-e-Labbaik Pakistan (TLP) erstattete sofort Anzeige. Der Fall wirft ein grelles Licht auf Pakistans anhaltenden Konflikt zwischen digitaler Jugendkultur und religiösem Radikalismus.

Das Parfüm ist keine Satire, keine fiktive Idee für kreative Kritik. Der Influencer Rajab Butt betreibt tatsächlich einen Onlineladen mit Accessoires, Schuhen und Düften. Er verkündete im besagten Video den Verkaufsstart und präsentierte "295" als neue Duftmarke für Männer und Frauen. Nach der Empörungswelle löschte er das Promo-Video von all seinen Kanälen und stellte den Vertrieb von "295" ein. In dem Video widmete er seine Duftkreation Sidhu Moose Wala, einem indischen Rapper, der unter mysteriösen Umständen ermordet wurde.

Sakrileg: Parfümname spielt auf Blasphemiegesetze an

Butt sagte sinngemäß, dass Moose Wala sein Vorbild sei und "wir beide ähnliche Fälle haben, einer davon ist Fall 295". Damit spielte Butt darauf an, dass gegen ihn selbst ein Verfahren nach §295 anhängig war (weil er Musik gespielt hatte während eines Gebets), ebenso wie Moose Wala in seinem Song "295" auf staatliche Repression Bezug genommen hatte. Die Reaktion der religiösen Hardliner ließ nicht lange auf sich warten. Haider Ali Shah Gillani, ein örtlicher Anführer der Partei Tehreek-e-Labbaik (TLP), stellte am 24. März in Lahore Strafanzeige gegen Rajab Butt. Der Beschuldigte habe mit dem Parfüm religiöse Gefühle verletzt und die Blasphemiegesetze zu verspottet. "Es gibt unzählige Paragrafen im Strafgesetz – warum wählt er ausgerechnet den Blasphemie-Paragrafen, um ein Parfüm zu benennen? Das bedeutet, dass er die Straftat anerkennt und feiert. Im Grunde ist dies ein Versuch, solche Taten zu normalisieren," sagt Gillani.

Demütigung und Reue werden Butt nicht helfen

Offiziell drohen Butt im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft. Butt bemühte sich umgehend um Schadensbegrenzung. Bereits am folgenden Tag veröffentlichte er ein Entschuldigungsvideo, in dem er den Koran in den Händen hielt und Reue zeigte, er ging sogar auf Pilgerreise nach Mekka. Die dramatische Entschuldigung und Unterwerfungsgesten zeigen, wie sehr der 28-Jährige um seine Sicherheit bangt. Pakistans Medien berichteten ausführlich über Butts demütiges Mea Culpa. In den sozialen Netzwerken wurde der Fall heiß diskutiert. Inzwischen hat Butt Pakistan verlassen und wird wahrscheinlich nie wieder zurückkehren.

Koloniales Erbe: Briten haben das Blasphemiegesetz eingeführt

Die erste Version des Blasphemie-Paragrafen wurde 1860 unter britischer Herrschaft in das indische Strafgesetzbuch aufgenommen. Die Briten tragen historisch gesehen eine Mitverantwortung für deren Einführung und Ausgestaltung. Der Paragraph stellt die "vorsätzliche und böswillige Verletzung religiöser Gefühle" unter Strafe, zehn Jahre Knast sind möglich. Während die pakistanische Verfassung nominell Religionsfreiheit garantiert, sorgen die §295ff des Strafgesetzbuchs in der Praxis dafür, dass schon geringste Vergehen gegen "das Heilige" drakonisch geahndet werden können. Menschenrechtler prangern an, dass die Gesetze oft als Werkzeug missbraucht werden, um persönliche Feindschaften auszutragen oder Minderheiten zu terrorisieren.

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