Integration durch Ghettoisierung?

BERLIN. (hpd) Zum 13. Mal fand am Samstag in Deutschland ein „Tag der Offenen Moschee“ statt, der den Besuchern Eindrücke ebenso wie Diskussionen ermöglichte und auch mehr neue Fragen eröffnete als Antworten gab. Ein Erfahrungsbericht.

Der im April 2007 gebildete Koordinationsrat der Muslime (KRM) hatte mit der Informationsbroschüre zum „Tag der Offenen Moschee“ am 3. Oktober bereits in der Überschrift seinen Anspruch deutlich gemacht: „Moscheen – Ein fester Teil der Gesellschaft“ ist dort zu lesen, und in der Unterzeile „60 Jahre Bundesrepublik und seine Muslime.“

Dieser doppelte Anspruch, fester Teil der Gesellschaft und Deutschlands Muslime zu sein, ist sicherlich bei einem nicht unwesentlichen Teil der Gesellschaft in Deutschland noch nicht so angekommen. Noch immer wird der Islam, und als besonders sichtbarer Ausdruck seine Moscheen, von Vielen als „fremd“ empfunden. Dies könnten bessere Informationen und ein erstes Kennen lernen möglicherweise verändern und eine Akzeptanz erleichtern. Der KRM spricht von einem „Potenzial der Moscheen“. Und: „Damit Moscheen ihr Potenzial entfalten können, müssten sie jedoch als Bereicherung wahrgenommen, respektiert und gefördert werden.“ In Berlin hatten mehr als 20 Moscheen von rund 80 vorhandenen geladen. So machte ich mich mit zwei Kolleginnen auf den Weg. Ausgesucht hatten wir uns zwei Moscheen, es wurden dann vier, die wir besuchten.

In der Informationsbroschüre zum „Tag der Offenen Moschee“ (TOM) war das Programm des Tages in den Kapitelüberschriften vorgegeben: Ein fester Teil der Gesellschaft, Moschen haben Potenzial, Orientierung und Engagement, Werte und Wissen, Bildung und Unterstützung, Offenheit und Dialog, Soziale Verantwortung.
Ein kleiner, aber bezeichnender Satzfehler auf der ersten Seite, gab auch den Grundton vor: In der historischen Darstellung, seit wann es Muslime in Deutschland gibt, wird auf den Friedhof in „Berlin-Tempelberg“ verwiesen, der Stadtteil heißt jedoch „Tempelhof“. Auch wenn es im Januar 2009 eine skurrile Idee gab, auf das Tempelhofer Feld, das nicht mehr als Flughafen genutzte Gelände, einen 1.000 m hohen Berg zu setzen, der eigentliche Tempelberg ist der zwischen Juden, Christen und Muslimen umstrittene Tempelberg in Jerusalem, auch ein besonderes, das drittwichtigste Heiligtum des Islam. Und in dieser religiösen Einstimmung verging der ganze Tag.

Sehitlik Moschee

Bereits an der Umzäunung angebrachte Plakate informierten über den Islam, hinter dem Eingang stand ein einladender Tisch, auf dem ein kleiner Berg mit bunt eingewickelten Bonbons lag, und zwei freundliche junge Männer, die jeden Besucher begrüßten und bei Bedarf erste Informationen gaben. Dahinter Grabstelen und die Auskunft, dass dies ein rein muslimischer Friedhof sei, der jedoch nicht mehr genutzt sei, da die Muslime wie die Juden eine ‚ewige’ Grabstelle hätten und alle Grabflächen inzwischen belegt seien. Hinter der Moschee und ihren Nebengebäuden gäbe es noch einen allgemeinen Friedhof, auf dem verschiedenste Religionsangehörige, auch Muslime, begraben werden. Einen weiteren muslimischen Friedhof gibt es noch in Berlin-Spandau.

Die Sehitlik Moschee gilt als die Vorzeige-Moschee der DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.) ‎in Berlin. Sie steht am Columbiadamm, direkt neben dem Tempelhofer Feld des ehemaligen Flughafens Tempelhof, und ist so, wie man sich eine Moschee vorstellt: groß, prachtvoll und zwei hohe Minarette, jedoch alles in relativ maßvollen Dimensionen. Die Minarette sind mit 37 m auch höher als genehmigt, aber außer behördlichlicher ‚Empörung’ darüber hat niemand den Rückbau gefordert. (Die DITIP ist auch Bauherrin der umstrittenen Zentralmoschee in Köln.) Der relativ kleine Friedhof (2.550 qm) besteht hier seit 1866 und eine Denkmalssäule erinnert daran, dass Ali Aziz Efendi, der Botschafter des Osmanischen Reiches, 1798 in Berlin verstarb und auf einem nahe gelegenen Grundstück, das König Friedrich Wilhelm III. dafür als Friedhof geschenkt hatte, beerdigt worden war.