Ein Kind weniger fürs Klima

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Ein Kind weniger bekommen und auf Flugreisen verzichten – das sind zwei der Handlungsempfehlungen der Wissenschaftler, um dem Klimawandel entgegenzuwirken.
Ein Kind weniger bekommen und auf Flugreisen verzichten – das sind zwei der Handlungsempfehlungen der Wissenschaftler, um dem Klimawandel entgegenzuwirken.

Was können wir tun, um die Pariser Klimaziele zu erreichen? Zwei Forscher haben verschiedene Klimaschutzmaßnahmen gegeneinander abgewogen und kommen zu einer klaren Empfehlung: Keine tierischen Produkte, keine Flugreisen, kein Auto und: weniger Kinder.

Letzte Woche wurde in Deutschland ein neuer Hitzerekord gemessen. Ein erneuter aktueller Anlass, das Dauerthema Klimawandel wieder ganz nach oben in die Schlagzeilen zu katapultieren. Wie ist der menschgemachten Atmosphärenerwärmung am effektivsten beizukommen?

Zwei Wissenschaftler veröffentlichten ihre Erkenntnisse dazu bereits 2017 in den Environmental Research Letters. Darin vertreten Seth Wynes von der kanadischen Universität von British Columbia und Kimberly A. Nicholas von der schwedischen Universität Lund eine provokante wie eingängige These: Ein Mensch, der in einer Industrienation lebt, kann am meisten CO2 einsparen, wenn er ein Kind weniger bekommt, das seinerseits ein Leben lang klimaschädliche Treibhausgase produzieren würde. Die übrigen von ihnen empfohlenen Maßnahmen, die das höchste Potenzial haben, den Pro-Kopf-Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, sind altbekannt: Autofrei leben, aufs Fliegen verzichten und eine pflanzenbasierte Ernährung.

Die beiden Wissenschaftler hatten verschiedene Maßnahmen danach verglichen, wie groß ihr Effekt bei der CO2-Ersparnis wäre. Demnach bringe es weit weniger, die Glühbirnen im Haus gegen energiesparende Alternativen zu tauschen als auf tierische Produkte zu verzichten. Gänzlich auf das Autofahren zu verzichten sei effektiver als die Wäsche auf der Leine zu trocknen. Sie fanden heraus, dass sowohl Regierungen als auch Schulbücher bisher jedoch vor allem Maßnahmen propagieren, die wenig brächten, beispielsweise Tipps, wie man umweltfreundlicher Auto fährt oder zu Hause Strom spart.

Eine weitere Forderung an die Mitglieder der Wohlstandsgesellschaften: Der Verzicht aufs Auto. Foto: pixabay.com
Eine weitere Forderung an die Mitglieder der Wohlstandsgesellschaften: Der Verzicht aufs Auto. Foto: pixabay.com

Doch was wir auch tun, um klimaschädliche Gase einzudämmen – bis wir es schaffen, die Treibhausgasbelastung, die im Rahmen von hoch entwickeltem menschlichem Leben entsteht, auf Null zu reduzieren, werde die Bevölkerung immer ein Multiplikator der (noch verbliebenen) Emissionen sein, schreiben Wynes und Nicholas. Deshalb sei der Königsweg, die eigene Fortpflanzung zu reduzieren: "Eine US-Familie, die sich entscheidet, ein Kind weniger zu bekommen, würde genau so viele Emissionen einsparen wie 684 Teenager, die für den Rest ihres Lebens vollumfänglich recyclen würden", so ihre These.

Mit ihren Empfehlungen beziehen sich die Forscher explizit auf die Wohlstandsgesellschaften mit ihren hohen Pro-Kopf-Emissionen. Beispielsweise sei in den reichsten 15 Ländern der Welt der Fleischkonsum 750 Prozent höher als in den ärmsten 24 Nationen.

Um den von ihnen als am effektivsten angesehenen Maßnahmen zum Durchbruch zu verhelfen, empfehlen Seth Wynes und Kimberly A. Nicholas entsprechende politische Weichenstellungen wie die bereits diskutierte CO2-Steuer – auch auf Lebensmittel. Eine entsprechende Ernährungsumstellung hätte nämlich nicht nur positive Effekte auf das Klima, sondern würde auch helfen, die durch den Flächenfraß für die Tierhaltung bedrohte Biodiversität zu schützen.

Neben der Umwelt würde aber auch die menschliche Gesundheit profitieren, da weniger Personen an Krebs oder Diabetes Typ 2 erkranken würden. "Einige der Maßnahmen, die einen großen Effekt haben würden, mögen politisch unpopulär sein, aber das rechtfertigt nicht, sich nur auf jene zu fokussieren, die nur eine mittlere bis geringe Veränderung bewirken würden, zu Lasten der wirksameren Methoden", stellen die Wissenschaftler in ihrem Aufsatz klar. Wenn in einem Schulbuch empfohlen wird, statt Plastiktüten wiederverwendbare Einkaufstaschen zu benutzen, sei das weniger als ein Prozent so effektiv wie ein Jahr ohne Fleisch. Handlungsvorschläge wie diese suggerierten, dass der Klimawandel eine triviale Angelegenheit sei, kritisieren die Autoren, und stünden beispielhaft für versäumte Möglichkeiten, die Menschen ernsthaft für die wirklich wichtigen Maßnahmen zu ermutigen.