Religionsunterricht? Nein danke.

klassenzimmer_museum_lennestadt.jpg

Altes Klassenzimmer

Immer weniger Schülerinnen und Schüler nehmen am christlichen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen teil. Nach Zahlen der Kultusministerkonferenz waren es im vergangenen Jahr 53,7 Prozent. Zum Vergleich: Im Schuljahr 2015/2016 waren es noch 68,8 Prozent gewesen.

Die Kultusminister erheben die entsprechenden Zahlen alle zwei Jahre. Nach den aktuellen Ergebnissen nahmen im Jahr 2023/24 insgesamt 28,5 Prozent der Schüler der ersten zehn Klassenstufen am evangelischen und 25,2 Prozent am katholischen Religionsunterricht teil.

Der Rückgang spiegelt die allgemeine Entwicklung wider, wie sie sich auch bei den Kirchenaustrittszahlen zeigt. In dieser Frage sind sich sogar die Deutsche Bischofskonferenz und der Zentralrat der Konfessionsfreien einig. So sagte Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur: "Wir bedauern diese Entwicklung, aber sie überrascht uns nicht." Der Rückgang entspreche der rückläufigen Zahl von Kirchenmitgliedschaften in Deutschland.

Ulla Bonnekoh, Vize-Vorsitzende des Zentralrats der Konfessionsfreien, ordnet gegenüber dem hpd ein: "Dass die Teilnehmerzahlen am Religionsunterricht zurückgehen, überrascht auch uns nicht. Angesichts der Tatsache, dass nur noch 46 Prozent der Bevölkerung Kirchenmitglieder sind und nur ein geringer Prozentsatz der Kinder bei der Einschulung getauft ist, sind 53,7 Prozent Schülerinnen und Schüler, die noch am Religionsunterricht teilnehmen, erstaunlich viel."

Bischofskonferenz und Zentralrat ziehen freilich sehr unterschiedliche Schlüsse aus den Zahlen. So setzt Bischofs-Sprecher Matthias Kopp darauf, dass die Kirchen zukünftig stärker betonen sollten, dass der katholische oder der konfessionell-kooperativ erteilte Religionsunterricht auch offen für konfessionslose Schülerinnen und Schüler ist. Dort hätten sie die Chance, "das Christentum authentisch kennen zu lernen und sich mit den großen Fragen des menschlichen Lebens auseinanderzusetzen."

In Nordrhein-Westfalen hat man sich dafür das exotisch klingende Kürzel "kokoRu" ausgedacht. Was wie der Slogan einer neuen Heilslehre klingt, steht für "konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht". Beim Düsseldorfer Schulministerium heißt es dazu, dass es dabei einen verbindlichen Wechsel zwischen Lehrkräften beider christlicher Konfessionen gibt. "Auf diese Weise betont der kokoRU die verbindenden Grundüberzeugungen des christlichen Glaubens und bietet zugleich Raum für die jeweiligen konfessionellen Sichtweisen."

Ulla Bonnekoh hält freilich gar nichts davon, konfessionsfreie Schüler in solche kokoRu-Klassen zu schicken. Für sie "fehlt es eindeutig an einem ausreichenden Angebot an Ethikunterricht, insbesondere in der Grundschule." Der konfessionell-kooperative Religionsunterricht stelle keine Lösung dar, da er ähnlich wie der konfessionelle Religionsunterricht die Kinder separiere. Die stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Konfessionsfreien sagt: "Wären alle staatlichen Schulen bekenntnisfrei, würde sich dieses Problem nicht stellen. Philosophieunterricht, der auch ethisches Reflektieren einübt, kann Wertefragen aufgreifen und gleichzeitig Kenntnisse über Religionen vermitteln. Genau das ist der Auftrag von Schulen: Kenntnisse zu vermitteln, statt Bekenntnisse."

Immerhin ist der Anteil der Schüler, die statt des Religionsunterrichts den Ethikunterricht besuchen, mittlerweile deutlich gestiegen. So haben im vergangenen Schuljahr 26,4 Prozent der Schülerinnen und Schüler an diesem Fach teilgenommen, 2015/16 waren es erst 15,2 Prozent gewesen. Ein weiteres Ersatzunterrichtsfach (hier haben die Bundesländer die Hoheit) ist in dieser Hinsicht Philosophie: Für 6,7 Prozent der Schülerinnen und Schüler ist dieses der Ersatz für Religionsunterricht. Einen Anstieg gab es beim Islamunterricht: 2015/2016 nahmen nach Zahlen der Kultusministerkonferenz gut 24.000 Schüler (0,4 Prozent) daran teil, im vergangenen Schuljahr waren es knapp 50.000 (0,7 Prozent) Kinder und Jugendliche.

Weil Schulfragen Ländersache sind, kann auch die Abmeldung vom Religionsunterricht in den Bundesländern unterschiedlich geregelt sein. Wie es zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen funktioniert, hat der Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!) auf seiner Internetseite unter der Überschrift "Reli Adieu" erklärt und stellt Vorlagen mit entsprechenden Formulierungen für die Abmeldung zur Verfügung.

Unterstützen Sie uns bei Steady!