Spunk von der Studienzulassung

Beispielbild
Demonstration / Foto: Andreas Lindinger
Wer heute da ist, dem ist die Sache ein ernsthaftes Anliegen. „Hier organisieren sich Menschen, die zum ersten Mal in ihrem Leben über sich selbst bestimmen können“, erzählt einer der Teilnehmer. Nicht unerfolgreich. Die Infrastruktur funktioniert. Mittlerweile ist es kein Problem mehr, einen Laptop anzuschließen oder ein Handy aufzuladen. Verteilerkabeln zum Dank, die irgendjemand organisiert hat. Ein paar Studierende reinigen die Wände des Hörsaals von Graffitis. Es gibt Lesezirkel und Unterhaltungsprogramm. Alles selbstorganisiert. Jeder der will, hat etwas zu tun.

Natürlich ist es auch dem Reinigungspersonal zu verdanken, dass der Laden läuft. Einige Studierende bedanken sich sogar bei den privaten Securities, sonst eher Feindbilder der organisierten Linken. „Die waren echt korrekt zu uns und schieben 12-Stunden-Schichten. Wen ihr seht, dass einer mal traurig schaut, bringt ihm vielleicht einen Kaffee oder einen Tee“, ruft ein junger Mann die Besetzerinnen und Besetzer im Audi Max auf. Der Applaus ist deutlich.

Bei aller Harmonie sind kleine Reibereien unvermeidlich. „Die RSO (Revolutionäre Sozialistische Organisation, Anm.) hat bei uns gefragt, ob wir ihr Transparent gesehen haben, das in der Nacht verschwunden ist“, erzählt Charly von der Sozialistischen Linkspartei (SLP). Michael Gehmacher, ebenfalls von der SLP und Jus-Student,meint. „Bei solchen Parties gibt’s immer wieder junge Leute, die meinen, alle Parteien sind Scheiße und dann Transparente oder Plakate herunterreißen“. Die RSO habe einen anderen mutmaßlichen Schuldigen ausgemacht. „Die vermuten, dass es die Autonomen waren“, sagt Charly. Aufklären lässt sich der Sachverhalt nicht ganz. Doch die Appelle, diese Besetzung als linken Freiraum einzurichten, scheinen im großen und ganzen zu fruchten.

Innerhalb der Möglichkeiten ist der besetzte Flügel der Uni Wien zu einem selbst verwalteten Dorf geworden. Eine Arbeitsgruppe Presse kümmert sich um die Infos, die nach außen gehen. Plattformen der Wahl sind Facebook und StudiVZ. Gleichzeitig versuchen sie, Kontakt mit anderen Gruppierungen zu halten. Mit Gewerkschaften, Schülerorganisationen und so weiter. Und mit Studierenden auf anderen Unis. „In Turin hat sich eine Gruppe mit uns solidarisch erklärt“, wird hier erfreut erzählt. „Und wir haben die uneingeschränkte Unterstützung der Jugendorganisation der Gewerkschaft der Privatangestellten“. Klare Hierarchien gibt es hier nicht. Wie auch sonst nirgends. Offizielle Presseaussendungen müssen im Plenum abgesegnet werden. Basisdemokratie auf allen Ebenen. Ein Nachteil war das bisher nicht. Das mediale Interesse ist nach wie vor hoch. Das ATV-Team dreht gerade im Audi Max, der ORF war schon da. „RTL hat angekündigt, dass sie vorbeikommen“, sagt eine Teilnehmerin der Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit.

Kern eine österreichweiten Protests?

Nach den ersten Tagen ist eine gewisse Ernsthaftigkeit eingekehrt. Jetzt geht es darum, die Besetzung zu einem schlagkräftigen Kern eines österreichweiten Protestes zu machen, hört man. Selbstorganisiert. Zur Not auch ohne Studierendenvertreter. Wie das funktionieren soll, soll eine eigene Arbeitsgruppe klären. „Wir werden die Studentenproteste in ganz Europa analysieren und versuchen, deren Fehler zu vermeiden“, formuliert es der Initiator der Gruppe, ein Kölner, der in Wien studiert.

Aus Sicht der Studierenden geht es um viel. Die Pläne, die das Wissenschaftsministerium ventiliert, sehen vor, dass Unis die Zahl der Studienplätze beschränken dürfen. So hofft er, der vielen Studienanfängerinnen- und anfänger Herr zu werden. Beziehungsweise sie abzuschrecken. Und Studiengebühren würde der Minister auch gern wieder einführen. Was für zumindest 46 Prozent der Studierenden fatal wäre. Sie leben laut Österreichischer HochschülerInnenschaft unter der Armutsgrenze. Je lauter der Protest, desto besser die Chancen, diese Pläne zu Fall zu bringen. „Wir haben lange genug aufgeschrien. Jetzt ist die Zeit, aufzustehen“, lautet der Slogan der Besetzerinnen und Besetzer. Geht es nach ihnen, soll das bald das Motto eines österreichweiten Protestes werden. Zumindest ab Dienstagvormittag. Wenn die Unis wieder öffnen.

Spunk wird nicht so lange hier bleiben. Sein Frauchen Eveline wird ihn Samstagabend wieder heimbringen. Und in den nächsten Tagen klären, wie sie am besten helfen kann. Ob mit oder ohne Hund, weiß sie noch nicht.

Christoph Baumgarten