Fragile Körper in fragilen Zeiten

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Galerist Mirko Freiwald in der Ausstellung / Foto: Susan Navissi

BERLIN. (hpd) Die Auseinandersetzung mit dem Körper beschäftigt die moderne iranische Kunstszene nicht erst seit Shirin Neshat. Sie ist elementarer Bestandteil der gegenständlichen Kunst, und nicht nur dieser - was ist uns näher als unser Körper? Notizen eines Gesprächs mit dem Galeristen der Werkstattgalerie, Mirko Freiwald.

Die Auseinandersetzung mit dem Körper beschäftigt die moderne iranische Kunstszene nicht erst seit Shirin Neshat. Sie ist elementarer Bestandteil der gegenständlichen Kunst, und nicht nur dieser - was ist uns näher als unser Körper?
In Berlin werden in diesen Tagen einige Werke 5 iranischer KünstlerInnen ausgestellt, die das sensible Thema Körper thematisieren.

Mitra Farahani, Fereydoun Ave,Narmine Sadeg, Nikoo Tarkhani und Ramin Haerizadeh zeigen je verschiedene Techniken, andere Motive, unterschiedliche Herangehensweisen bei der Darstellung der Körper. Was sie vereint ist die hohe künstlerische Qualität ihrer Arbeiten und ihre Herkunft, ihre Wurzeln.

Mirko Freiwald, seit 3 Jahren Galerist der Werkstattgalerie in Schöneberg entschied sich aus verschiedenen Gründen, diese Werke in seiner Galerie auszustellen. So sollte es um Kunst aus Iran gehen und schon bald kristallisierte sich heraus, dass das Thema KÖRPER der rote Faden sein würde. Die Zusammenarbeit mit den Kuratoren Edward Lucie-Smith und Janet Rady, SpezialistInnen für Kunst aus dem Nahen Osten, ermöglichte diese spannende Ausstellung, die eine Brücke baut für jene, die sie nutzen möchten - um Einblicke zu bekommen, die über Horrormeldungen über vermeintliche Atombomben weit hinausgehen und die zeigen, dass Iran wohl nicht nur den Wunsch nach einer Atombombe mit der „westlichen“ Kultur teilt (eigene ironische Anmerkung) sondern auch die differenzierte Auseinandersetzung mit Körpern, Sexualität, Tod und Leben, Weiblichkeit und Männlichkeit.

Diese Mehrdimensionalität , die den vermeintlichen Kampf der Kulturen, den S.Huntington besang, so blass und unsinnig erscheinen lässt, ist es, die Auseinandersetzungen im Sinne von Aufklärung ermöglicht und fördert.

Mirko Freiwald schätzt an dieser Ausstellung besonders die Mischung aus traditionellen Elementen und modernsten Techniken. Ausgedrückt durch z.B. Rostam, (einer Figur aus dem Schahnameh, dem iranischen Nationalepos) der mit den modernen Mitteln der Collage dargestellt wird. Ornamente, die sich auf surrealistischen Bildern wieder finden oder die Aussage: This is not a woman, Titel von Bildern, die er nicht nur für iranische Verhältnisse sondern global bedeutsam findet.

Er bedauert, dass die Auseinandersetzung der deutschen Presse mit dieser Ausstellung bisher sehr auf die politisch brisante Lage in Iran fixiert war und der Kunst, deren qualitative Auswahl eine wundervolle Gelegenheit zu einer anderen als rein politischen, kognitiven Auseinandersetzung mit Iran bietet, kaum Beachtung geschenkt wurde.

Auch von andere Seite gibt es mittlerweile „Feuer“: das iranische Kulturministerium hat in einer offiziellen Verlautbarung die hier gezeigte Kunst als "nicht-iranische" gebrandmarkt.

Das erinnert an andere Diktaturen und deren Unfähigkeit, Kunst als Bücke, als teils nonverbale Kommunikation und Ausdrucksform zu schätzen…

Mirko Freiwalds Lieblingsstücke:


Mitra Farahanis HAMMAM

Ein dreiteiliges Werk, das als Raumteiler dient, aber in der Galerie wie ein Altar an der Wand hängt. Freiwald schätzt hier die verschiedenen möglichen Lesarten, die das Bild bietet. Von links nach rechts, wie ein Film (Farahani arbeitet auch mit Film) ; die Präsentation des männlichen Körpers, die für eine so junge Künstlerin einerseits erstaunlich abgeklärt und unterkühlt wirkt, fast respektlos aber von so exzellenter malerischer Qualität ist, dass die BetrachterInnen gefangen sind. Diese flexible Deutungsart stellt einen Vorteil dar, wenn es zu der gefürchteten Zensur bei einer iranischen Ausstellung kommt, denn nur diese lässt den KünstlerInnen die Chance einer Ausstellung.

 
Fereydun Ave: Rostam in late summer revisited

In den Rostam Bildern wird das Schahnameh thematisiert, in dieser orientalischen Herkunft etwas Neues zu entdecken, zu sehen, wie sich Altes mit Neuem verbindet , Traditionelles neu ausgedrückt wird, das ist für ihn immer wieder interessant.

Bis zum 12.3.2010 kann diese Ausstellung besucht werden. Empfehlenswert!

Susan Navissi

Iranian bodies in Berlin
19.2.2010 - 12.3.2010
Werkstattgalerie

Öffnungszeiten: Di-Fr 12-20 Uhr, Sa 12-18 Uhr
Eisenacher Straße 6
(Nähe Nollendorfplatz U1-U4, Bus M19, 187)
10777 Berlin 030 21002158