Notizen zu Nordkorea 20

Nordkorea in Angst vor dem Ebolavirus?

Asylbewerber in Schweden: Abschiebung aufgeschoben

Wie wir letzten Monat berichteten, droht einem jungen Erwachsenen, der in Schweden Asyl beantragt hat, die Abschiebung nach China: Der Asylantrag wurde zunächst abgelehnt, weil die schwedischen Behörden davon ausgingen, dass er Chinese sei.

Durch ein schwedisches Gericht wurde die Abschiebung jetzt aufgeschoben. Die südkoreanische Nichtregierungsorganisation "Justice for North Korea" hat Kontakt zu dem Flüchtling und den schwedischen Behörden aufgenommen. Sie habe mehrere nordkoreanische Flüchtlinge aus dem Ort interviewt, den der Asylbewerber als Heimatstadt angegeben hat. Die Schilderungen ähnelten seinen Aussagen sehr. Das Gericht befand nun, dass man diese neuen Informationen begutachten müsse. Vorher dürfe der Junge nicht abgeschoben werden.

Die schwedischen Behörden haben außerdem inzwischen die Fingerabdrücke des jungen Mannes nach China und Südkorea geschickt. Wenn ihn keines der Länder identifizieren kann, hat er gute Chancen darauf, in Schweden bleiben zu dürfen. Die in Südkorea ansässige Nichtregierungsorganisation "Citizens’ Alliance for North Korean Human Rights" verlangte von Schweden, den Asylanten im Falle einer Abschiebung nach Südkorea und nicht nach China zu schicken.

Nordkoreanische Flüchtlinge in Südkorea arbeiten mehr und verdienen weniger

Eine Studie der südkoreanischen Hana-Stiftung untersuchte die Lebensumstände von knapp 13.000 nordkoreanischen Flüchtlingen in Südkorea, also fast die Hälfte aller in Südkorea lebenden Nordkoreaner. Die jährliche Befragung zeigt, dass sich die Situation der Flüchtlinge langsam verbessert. So fiel die Arbeitslosenquote von 9,7 auf 6,2 Prozent. In der Gesamtbevölkerung lag sie 2014 allerdings bei 3,2 Prozent. Nordkoreaner arbeiten mit 47 Stunden pro Woche etwa 3 Stunden mehr als Südkoreaner, verdienen im Schnitt aber nur 66 Prozent dessen, was Südkoreaner im Monat erwirtschaften (umgerechnet etwa 1.163 Euro).

Die Berufsabschlüsse aus dem Norden werden im Süden in den meisten Fällen nicht anerkannt – die Arbeitsanforderungen unterscheiden sich zu stark. Im hochtechnisierten Südkorea selbstverständliche Voraussetzungen wie Computer- oder Englischkenntnisse können Nordkoreaner in der Regel nicht vorweisen. Viele von ihnen arbeiten daher eher im Niedriglohnsektor und haben zudem keine ökonomische Sicherheit: Knapp 21 Prozent arbeiteten als Tagelöhner und 54 Prozent hatten einen einjährigen Arbeitsvertrag. Von den Befragten gaben viele psychische Probleme an, die aufgrund von Einsamkeit, finanziellen Schwierigkeiten oder Krankheiten entstanden sind. Zwanzig Prozent litten unter Suizidgedanken. Knapp 68 Prozent sind mit ihrem Leben in Südkorea allerdings zufrieden. Insbesondere die jüngere Generation scheint weniger Anpassungsschwierigkeiten zu haben. Nach dem Bildungssystem befragt, sind sie sogar zufriedener als südkoreanische Gleichaltrige. Aufgrund von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen sehen sie die hohen Ausbildungskosten als weniger problematisch an. Die Studie kommt daher auch zu dem Schluss, dass Integrationsmaßnahmen der Regierung fruchten.

Zu einem anderen Ergebnis kommt dagegen eine Studie des Asan Institute for Policy Studies, die sich insbesondere mit den Problemen junger nordkoreanischer Flüchtlinge beschäftigt hat. Weil sie denselben kulturellen und sprachlichen Hintergrund haben, wird von ihnen erwartet, dass sie sich schneller als andere Einwanderer an die südkoreanische Gesellschaft anpassen. Allerdings werde dabei nicht berücksichtigt, welchen traumatischen Erfahrungen sie in ihrer alten Heimat oder während der Flucht ausgesetzt waren. Die Regierungsmaßnahmen seien auf kurzfristige ökonomische Unterstützung ausgerichtet. Dabei müsse man den Flüchtlingen langfristige psychosoziale Hilfen anbieten und außerdem Vorurteile von Südkoreanern gegenüber ihren nördlichen Nachbarn abbauen, um Diskriminierungen zu reduzieren.

"The Interview" in Deutschland

Weil der Kinostart in Deutschland zufälligerweise mit dem Eröffnungstag der Berlinale auf einen Termin fiel, ging man in Nordkorea offenbar davon aus, dass "The Interview" im Rahmen des Berliner Filmfestivals gezeigt werde. Die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichte eine Stellungnahme des Außenministeriums, in der es heißt, die USA hätten den Film bei der Berlinale eingereicht und würden damit Terrorismus verbreiten. Nordkorea scheint den Unterschied zwischen staatlichen Institutionen und privater Filmwirtschaft nicht zu verstehen: Eine Pseudo-Filmfirma sei von den USA dazu angestachelt worden, diesen Film zu produzieren und zu verbreiten. In den "Vasallenstaaten" der USA würde der Film nun gezeigt. Die Erklärung nimmt Bezug auf den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust und warnt Deutschland, dass es durch das Zeigen von "The Interview" seine "schamvolle Geschichte" wiederholen würde. Der Film habe nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, sondern würde den Terrorismus fördern. Auch auf die Anschläge von Paris wird eingegangen: Während die Menschen in Europa Angst vor Terror haben, würde trotzdem zugelassen, dass der Film – ein Akt des Terrors – gezeigt wird. Diesen Staaten drohe "gnadenlose Bestrafung", denn Volk und Armee Nordkoreas würden ihren Führer treu verteidigen.

Dieter Kosslick, Direktor der Berlinale, erklärte daraufhin, dass Sony den Film nicht eingereicht habe. Er habe sich mit dem nordkoreanischen Botschafter Ri Si Hong getroffen, um das "Missverständnis" auszuräumen. Dieses Verhalten von Herrn Kosslick ist als sehr entgegenkommend zu werten. Ob der nordkoreanische Botschafter in Berlin wegen der Drohungen ins Auswärtige Amt einbestellt wurde, was ja auch eine mögliche Reaktion hätte sein können, ist nicht bekannt.

Währenddessen war "The Interview" für einen "Cinema for Peace"-Award nominiert. Weniger wegen seines Inhalts, sondern weil er nach Terrordrohungen einer Hackergruppe fast nicht in den Kinos gestartet wäre.

Meinungsfreiheit war nach den Anschlägen von Paris ein Schwerpunktthema bei der diesjährigen Gala, die auch zeitgleich mit der Berlinale stattfand, von dieser aber unabhängig ist. Die Organisatoren wollen sich nach eigenen Angaben daran beteiligen, den umstrittenen Film mithilfe von Ballons nach Nordkorea zu bringen.

In Nordkorea versuchen die Behörden die Verbreitung von "The Interview" mit allen Mitteln zu verhindern. Während einer ideologischen Schulung wurde behauptet, man werde allen vergeben, die südkoreanische Medien konsumiert haben. Allerdings würden diejenigen hart bestraft, die sich Material aus den USA beschaffen. Wer einen Film verbreitet, der die "höchste Würde" (Kim Jong Un) beleidigt, müsse damit rechnen, exekutiert zu werden.

Kurznachrichten

Das Rote Kreuz in Südkorea hat Nordkorea 25 Tonnen Milchpulver als Hilfslieferung angeboten. Nordkorea hat das Angebot allerdings ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Dies ist nicht das erste Mal, dass südkoreanische Unterstützungslieferungen nicht angenommen werden. Manche Offerten sind Nordkorea zu klein oder beinhalten nicht das Gewünschte. Südkorea versucht jedoch, die Hilfslieferungen so zusammenzustellen, dass sie den Bedürftigsten zugutekommen und nicht so leicht vom Militär abgezweigt werden können. Ein Nordkorea-Beobachter spekulierte, dass die Zurückweisung ökonomische Stärke und Selbstständigkeit suggerieren soll. Das würde wiederum gut zu einem der mehr als politische 300 Slogans passen, die von Nordkorea kürzlich herausgegeben wurden: "Produziert mehr Fleisch, Eier und Milch, indem ihr das Banner der wissenschaftsbasierten Viehhaltung hochhaltet!"

In Nordkorea werden die Bürger dazu angehalten, einen Button mit dem Portrait von Kim Il Sung oder Kim Jong Il über ihrem Herzen an der Kleidung zu tragen. Nach dem Tod von Kim Jong Il Ende 2011 wurde ein Button herausgegeben, der beide Kims zeigt – allerdings nur an verdiente Funktionäre. Radio Free Asia berichtet, dass dieser Button nun rege auf dem Schwarzmarkt gehandelt wird. Er dient auf der einen Seite als Statussymbol, denn der Träger wird als höher in der sozialen Hierarchie angesehen. Auf der anderen Seite kommt man mit dem Button besser an begehrte Güter und kann mit ihm sogar bezahlen. Eine Quelle berichtet, dass man früher eher Methamphetamine als "Schmiermittel" benutzt habe, aber seitdem Drogenmissbrauch stark verfolgt werde, benutze man nun häufiger diese begehrten Abzeichen.

SARAM e.V.
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