Polnische Bischöfe kritisieren neue Leitlinien zu Abtreibungen

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Protest gegen Abtreibungsverbot in Polen (Berlin, 2016)
Protest gegen Abtreibungsverbot

Das polnische Gesundheitsministerium und der Justizminister Adam Bodnar haben jüngst neue Leitlinien zu Schwangerschaftsabbrüchen vorgelegt. Damit sollen die menschenverachtenden Verbote der vorherigen Regierung entschärft werden. Selbstredend missfällt dies der Polnischen Bischofskonferenz.

Polen hat hinsichtlich der Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch eines der restriktivsten Gesetze in Europa, Abbrüche sind nur bei Gefahr für die Gesundheit der Frau oder nach einer Vergewaltigung erlaubt. Seit 1956 war in Polen ein Schwangerschaftsabbruch (eingeschränkt) möglich und wurde 1993 auf Druck der katholischen Kirche abgeschafft. So verwundert es nicht, dass die Kirche nun Zeter und Mordio ruft, wenn diese Regeln aufgeweicht werden sollen.

Regierungschef Donald Tusk hatte am 30. August gemeinsam mit Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna und Justizminister Adam Bodnar neue Richtlinien für Kliniken und Anklagebehörden vorgestellt. Nötig wurde dieser ungewöhnliche Weg, weil zuvor im Parlament ein Antrag für eine Liberalisierung des restriktiven Abtreibungsgesetzes gescheitert war.

Laut Gesundheitsministerin Leszczyna soll allein die Empfehlung eines Facharztes ausreichen, um einen Schwangerschaftsabbruch zukünftig zu ermöglichen: "Wenn eine Frau zum Beispiel zu einem Psychiater geht und dieser der Meinung ist, dass eine Gefahr für ihre psychische Gesundheit besteht, reicht das von ihm ausgestellte Attest für einen Schwangerschaftsabbruch aus", sagte sie in einer Pressekonferenz.

Die neuen Bestimmungen sollen laut Tusk dazu beitragen, dass Ärzte und Staatsanwälte "auf der Seite der Frauen" stehen. Er sprach von "rechtskonformen Vorgehensweisen, die in der Praxis den Zugang zur legalen Abtreibung ermöglichen".

Nach Auffassung der katholischen Kirche hingegen werde "offensichtlich das Ziel verfolgt, Abtreibungen ohne ethische Überlegungen und gegen Schutzbestimmungen der Verfassung vorzunehmen". "Der Inhalt der Leitlinien und die Art und Weise ihrer Veröffentlichung geben Anlass zu größter Sorge", heißt es dazu weiter in einer Stellungnahme des Fachgremiums der Polnischen Bischofskonferenz für Bioethik.

2023 gab es laut offizieller Statistik 423 legale Schwangerschaftsabbrüche. 2022 waren es noch 161. Polens Verfassungsgericht hatte im Oktober 2020 die Abtreibung unheilbar kranker Föten für verfassungswidrig erklärt. Das löste landesweite Proteste aus.

(Hinweis der Redaktion: Aufgrund eines Hinweises in den Kommentaren wurde der Artikel sachlich korrigiert.)

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