BERLIN. (hpd) Vor kurzem beging das nordkoreanische Regime den siebzigsten Gründungstag der regierenden Partei der Arbeit Koreas. Welche Auswirkungen hatten die Vorbereitungen der Festivitäten auf die Bevölkerung? Weiteres Thema: Ist Verhütung in Nordkorea illegal?
Das Regime feiert sich, das Volk arbeitet: Siebzigster Gründungstag der Partei der Arbeit Koreas
Am 10. Oktober beging das nordkoreanische Regime mit einer gigantischen Militärparade auf dem Kim-Il-Sung-Platz in Pjöngjang und anderen Festivitäten das siebzigjährige Jubiläum der Partei der Arbeit Koreas (PdAK). In Nordkorea verbreitet sich das Gerücht, dass die Feiern zwei Milliarden Dollar gekostet hätten, aber wegen des massiven Einsatzes unbezahlter Arbeitskräfte kann diese Zahl in Frage gestellt werden.
Wie auch bei anderen wichtigen Jahrestagen mussten zu diesem Anlass wichtige Bauprojekte fertiggestellt und die Städte verschönert werden. Um die Aufgaben zu bewältigen, war die Bevölkerung gezwungen, daran aktiv mitzuwirken. Als im Jahr 2012 der "Ewige Präsident" Kim Il Sung 100 Jahre alt geworden wäre, wurden sogar die Universitäten des Landes über Monate geschlossen, damit die Studenten für Baumaßnahmen insbesondere in der Innenstadt Pjöngjangs mobilisiert werden konnten. Auf dieses Jahr wurde in der nordkoreanischen Propaganda lange hingearbeitet, denn bis dahin sollte sich das Land zu einer "starken und prosperierenden Nation" entwickelt haben.
Neben den monatelangen Proben und Vorbereitungen für die Militärparade in Pjöngjang – Augenzeugen berichten, wie Studenten stundenlang das Heben und Senken von Fackeln geübt hatten – gab es auch in den Provinzen zahlreiche Mobilisierungsmaßnahmen. Gleichzeitig wurde der Zugang in die Hauptstadt, der schon zu normalen Zeiten strikt reglementiert ist, Nicht-Einwohnern komplett untersagt.
Um alle Bauvorhaben und Verschönerungen pünktlich fertigstellen zu können, mussten viele Bürger an den Projekten mitarbeiten. Weil aber anscheinend die "normalen" Mobilisierungsmaßnahmen nicht ausreichten, soll es seit April in einigen Provinzen Zwangsrekrutierungen auf der Grundlage von Gesetzesverstößen gegeben haben. In der Provinzhauptstadt Chongjin im Nordosten des Landes wurden viele Personen zwangsweise einer Arbeitsbrigade zugeteilt, weil sie ohne Klingel Fahrrad fuhren oder unordentliche oder zu freizügige Kleidung trugen. Der Bevölkerung ist dabei vollkommen klar, dass es hierbei nur darum ging, möglichst viele unbezahlte Arbeitskräfte zu gewinnen.
Unmut machte sich auch deshalb breit, weil selbst die überlebenswichtige Landwirtschaft unter den Vorbereitungen für das Parteijubiläums zu leiden hatte. Da angeordnet worden war, dass vor diesem wichtigen Tag die Ernte abgeschlossen sein musste, sollen Ertragszahlen gefälscht worden sein, damit zumindest auf dem Papier die verlangten Quoten erfüllt wurden. Allerdings wurden viele Bauern auch für andere Projekte mobilisiert, so dass Arbeitskräfte in der Landwirtschaft fehlten und es damit zu Ernteeinbußen kam.
Nach Berichten von "Radio Free Asia" wurde Kritik an dem Regime sogar öffentlich gezeigt, was in Nordkorea eine Seltenheit darstellt: Jegliche Form oppositionellen Verhaltens kann schwerwiegende Folgen nicht nur für die Person selbst, sondern für ihre gesamte Familie haben. Trotzdem wurden in mehreren Städte Plakate verunstaltet, die den Staat und die Partei glorifizierten. So wurde etwa das Wort "Sieger" mit "Verlierer" übermalt. Viele Bürger fühlten sich ausgebeutet, weil sie neben Mobilisierungsaktionen auch gezwungen worden waren, eine Haushaltsabgabe in Höhe von 40 chinesischen Yuan – ca. 5,50 Euro, was etwa dem Zehnfachen eines offiziellen Monatslohns entspricht – zu entrichten, um das Training für die Militärparade und Baumaßnahmen zu unterstützen. Diese Maßnahme wirkt umso absurder, weil gleichzeitig berichtet wurde, dass alle Arbeiter und Militärangehörige zum Jubiläum einen 100%igen Bonus auf ihr Gehalt bekommen haben – dank der Großzügigkeit Kim Jong Uns. Von den Geldabgaben sind nicht nur die Menschen innerhalb Nordkoreas betroffen – auch Diplomaten sollen angehalten worden sein, noch mehr Geld als sonst schon in die Heimat zu schicken.
Andere Bürger hingegen verfolgen eher ihre eigenen Ziele und haben sich daher freiwillig bereit erklärt, die Kosten beispielsweise für Kulturveranstaltungen im Rahmen der Feierlichkeiten zu übernehmen: Den sogenannten "Donju" ("Herrscher des Geldes"), die durch privaten und damit (halb-)illegalen Handel zu Geld gekommen sind, fehlt es nicht unbedingt an finanziellen Mitteln, aber an politischem Einfluss. Mit dieser Form der Loyalitätsbekundung gegenüber höheren Parteikadern möchten sie vermeiden, dass ihnen durch den Staat Steine für zukünftige geschäftliche Aktivitäten in den Weg gelegt werden. Immerhin ein paar tausend Bürger hatten allerdings wirklich etwas zu feiern – zum siebzigsten Jahrestag der Unabhängigkeit von Japan im August und noch einmal in diesem Monat zum Parteijubiläum wurden im Rahmen einer Amnestie viele Gefangene aus Umerziehungslagern freigelassen. Berichten zufolge wurden alle Häftlinge begnadigt, die eine Strafe von unter drei Jahren abzusitzen hatten; und bei den übrigen wurde die Haftstrafe um drei Jahre verkürzt. Nach anderen Quellen konnte die Liste der Freizulassenden zusätzlich mit Bestechungsgeldern manipuliert werden, so dass durch Rückdatierung auch Personen begnadigt werden konnten, die erst nach der Bekanntgabe der Amnestie verurteilt worden waren. In jedem Fall konnten aber nur Häftlinge in den sogenannten "Kyohwaso", den Umerziehungslagern, von der Regelung profitieren. Ausgenommen waren die "Kwanliso" ("Kontrollorte"), den Lagern für politische Gefangene, deren Existenz das nordkoreanische Regime bis heute leugnet. Eine Entlassung aus den "Kwanliso" ist in vielen Fällen nicht vorgesehen und auch die Dauer der Haftstrafen ist – zumindest für die Häftlinge – nicht ersichtlich.
Die Unterteilung in politische und "gewöhnliche" Verbrecher ist in Nordkorea jedoch recht schwammig und die Amnestie sollte laut der staatlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA ausdrücklich solche betreffen, die "Verbrechen gegen den Staat und das Volk" verübt hatten. Von der Amnestie profitierten daher auch Flüchtlinge, die aus China oder Laos nach Nordkorea abgeschoben worden waren und danach in Nordkorea interniert wurden.