Notizen zu Nordkorea 20

Nordkorea in Angst vor dem Ebolavirus?

BERLIN. (hpd) Seit vier Monaten herrscht in Nordkorea ein Einreisestopp für Touristen – angeblich, um einem Ebola-Ausbruch zu verhindern. Weitere Themen u.a.: Abschiebung eines Asylbewerbers in Schweden aufgeschoben, wirtschaftliche Situation von Nordkoreanern in Südkorea.

Dichte Grenzen in Nordkorea: Angst vor Ebola?

Seit dem 23. Oktober 2014 lässt Nordkorea keine Touristen mehr ins Land. Alle anderen Besucher müssen sich 21 Tage lang unter Quarantäne in ein Hotel begeben. Dies betrifft ausdrücklich nicht nur Reisende aus Ebola-Gebieten, sondern alle Personen. Das Auswärtige Amt rät daher von allen Reisen nach Nordkorea ab.

Abgesehen von wenigen Ausnahmen sollen die Restriktionen streng durchgesetzt werden. Selbst Kim Yong Nam, das protokollarische Staatsoberhaupt, der Anfang November von einer Afrikareise wiederkehrte, absolvierte in den darauffolgenden Wochen keine öffentlichen Auftritte, wie eine Suche im Archiv der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA ergibt. Möglicherweise galt die Quarantäne auch für ihn – das behaupten zumindest südkoreanische Quellen. Auch andere hohe Funktionäre sollen betroffen gewesen sein. Der Warenverkehr zwischen Nordkorea und China verläuft Angaben zufolge jedoch weiterhin normal. Nordkorea hatte in den vergangenen Jahren betont, den Tourismus weiter ausbauen zu wollen. Es ist geplant, die Region um Wonsan mit dem nahegelegenen neuen Skiresort zu einem attraktiven Urlaubsziel umzuwandeln. Das Ziel sei, eine Million Besucher pro Jahr in diese Region zu locken, wurde noch im vergangenen September betont. Dieses Ziel liegt in weiter Ferne: Schätzungen zufolge besuchen jährlich etwa 4.000 bis 6.000 westliche und 200.000 bis 300.000 chinesische Touristen das gesamte Land. Nordkorea wirbt trotz der Einreisesperre weiterhin um Touristen – zuletzt etwa auf einer Ferienmesse in Bern.

Chinesische Händler und andere Besucher, die kurz nach Bekanntwerden der Maßnahmen nach Nordkorea eingereist waren und sich daraufhin in Quarantäne begeben mussten, wurden aufgefordert, 600 Yuan (knapp 85 Euro) pro Tag für die Unterkunft zu zahlen. Nordkoreaner, die aus dem Ausland zurückkehren, müssen mit 15.000 Won (etwa 1,50 Euro) pro Tag deutlich weniger zahlen, aber über 21 Tage ist das für viele eine erhebliche finanzielle Belastung. Nachdem sich Beschwerden häuften, soll ein Rabatt von 5.000 Won eingeführt worden sein – wenn man seine eigenen Lebensmittel mitbringt.

Auch Reisen innerhalb des Landes, die schon zu normalen Zeiten reglementiert sind, wurden weiter erschwert. Insbesondere der Zugang nach Pjöngjang ist noch stärker als bisher eingeschränkt. Unter den Maßnahmen leiden nicht nur die Nordkoreaner, sondern auch die Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen und den in Pjöngjang ansässigen Botschaften. Aufgrund der Versorgungslage können viele Güter nur in China gekauft und Bargeld kann in Nordkorea nicht beschafft werden, weshalb die dort lebenden Ausländer üblicherweise regelmäßig nach China reisen. Zwar dürfen die Personen, die in Pjöngjang wohnen, die Quarantänezeit auch zu Hause verbringen, aber die Arbeitsfähigkeit der Organisationen und Behörden ist erheblich eingeschränkt, wenn ein Teil der Mitarbeiter die Wohnung oder das Botschaftsgelände nicht verlassen darf. Anfang Februar wurde eine diplomatische Note an die Botschaften und internationalen Organisationen geschickt, in der das Verhalten einiger Ausländer kritisiert wird, die sich trotz der Quarantäne an Treffen oder Feiern beteiligt hätten.

Es ist unklar, was Nordkorea mit diesen drastischen Maßnahmen bewirken will. In den Staatsmedien wurde ausführlich über Ebola und die Schutzmaßnahmen durch die Regierung berichtet. Das soll zeigen, wie ernst die Regierung das vermeintliche Problem nimmt. Im Fernsehen wurden Dokumentationen gezeigt, wie Hygienemitarbeiter eingelaufene Schiffe desinfizierten oder in Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen Aufklärungsarbeit leisteten. Bei Nordkoreas marodem Gesundheitssystem wäre ein Ausbruch der Seuche eine wirkliche Katastrophe. Möglicherweise konnten die Behörden nicht abschätzen, wie sich Ebola in der Welt weiter verbreiten würde, und die Vorsichtsmaßnahmen wurden tatsächlich in der Absicht eingeführt, die Krankheit nicht ins Land zu lassen. Allerdings gibt es bis heute keinen einzigen bestätigten Fall von Ebola in Asien. Ein monatelanger Einreisestopp wurde auch bei der SARS-Epidemie 2003 verhängt, aber diese Krankheit hatte ihren Ursprung in China, einem direkten Nachbarn Nordkoreas.

Die Behörden behaupteten, die Maßnahmen seien im Einklang mit den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation entstanden. Diese widersprach sofort – nicht einmal die in Nordkorea ansässige Vertretung sei vorab informiert worden. Der Einreisestopp sei vollkommen unnötig.

Daher werden auch innenpolitische Gründe vermutet: Die Maßnahmen schränken Reisen innerhalb des Landes ein, und alle Nordkoreaner, die aus dem Ausland einreisen, können für drei Wochen rund um die Uhr kontrolliert werden. Die Überwachung im gesamten Land kann unter diesem Vorwand verstärkt werden. Außerdem wurden Nordkoreaner dazu aufgefordert, keinen Kontakt zu Landsleuten aufzunehmen, die aus dem Ausland zurückgekehrt sind. Damit wird der Informationsfluss im Land behindert. Verstöße gegen die Richtlinien sollen teilweise sehr streng geahndet werden: Ein Funktionär eines Staatsbetriebs ist nordkoreanischen Quellen zufolge aus der Partei ausgeschlossen worden, weil er versucht hatte, die Quarantäne zu umgehen. Überwachungsteams sprechen Warnungen aus: "Ein Verstoß gegen die Ebola-Vorsichtsmaßnahmen wird als Widerstand gegen Kim Jong Un gesehen." Es könnte also sein, dass sich die Säuberungsmaßnahmen nicht nur auf Desinfektion und Quarantäne beschränken.

Einen weiteren Hinweis auf die Ursachen der strengen Vorschriften gibt die Nachrichtenagentur KCNA: Weltweit sei bekannt, dass die Seuche von den USA ausgelöst wurde: Die Krankheit sei in Westafrika ausgebrochen, nachdem US-amerikanische Mitarbeiter von "Ärzte ohne Grenzen" in Afrika unterwegs waren. Sowohl das Ebola- als auch das HI-Virus seien als biologische Kampfstoffe von den USA entwickelt worden. Ein Impfstoff existiere, werde aber bewusst zurückgehalten. Die übertriebenen Vorsichtsmaßnahmen könnten also dazu geeignet sein, dem Volk zu vermitteln, man wappne sich gegen die kriegerischen Aktionen der US-Imperialisten.

Es ist unklar, wie lange die Einreisesperre noch aufrechtgehalten wird. Reiseagenturen hatten sich optimistisch gezeigt, dass sie zum Jahreswechsel aufgehoben würde. Aber sie gilt bis heute und soll aktuellen Informationen zufolge bis Ende März bestehen bleiben. Eine auf Nordkoreareisen spezialisierte Firma geht davon aus, zum Geburtstag vom Staatsgründer Kim Il Sung Mitte April und dem Pjöngjanger Marathon, der zur selben Zeit stattfindet, wieder Touren anbieten zu können. Allerdings hat Nordkorea am 23. Februar die Reiseagenturen darüber informiert, dass in diesem Jahr überhaupt keine Ausländer zum Wettkampf zugelassen werden – weder Profis noch Amateure. Das Land hatte zuvor auch das Ausrichten zweier Taekwondo-Meisterschaften abgesagt – eine sollte im April, die andere jedoch erst im August ausgetragen werden.