Weltwassertag 2017

Abwassernutzung stinkt nicht zum Himmel

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Abwasseraufbereitungsanlage in Schiffdorf
Abwasseraufbereitungsanlage in Schiffdorf

2,4 Milliarden Menschen haben weltweit keinen Zugang zu Sanitäranlagen, 2012 starben 824.000 Menschen an verdrecktem Trinkwasser: In weiten Teilen der Welt ist die Trinkwasserversorgung eine Katastrophe. Dies offenbart am Weltwassertag (22. März) der heute erschienene UN-Wasserbericht der UNESCO. Die Hoffnungen ruhen nun auf dem Abwasser.

"Abwasser sind eine wertvolle Ressource in Zeiten, in denen Wasser endlich ist und die Nachfrage danach weiter wächst", erklärt Guy Ryder, Vorsitzender von UN-Wasser und Direktor der Internationalen Arbeiterorganisation. Der diesjährige Weltwasserbericht soll zeigen, wie verbesserte Abwasseraufarbeitung nicht nur Verschmutzung reduzieren soll – bezogen auf Mensch und Natur. Dazu müsse die soziale Akzeptanz von Abwassernutzung verbessert werden, so UNESCO-Direktor Irina Bokova.

"Weltweit fließen 80 Prozent des Abwassers ungereinigt ins Ökosystem zurück. Verschmutztes Trinkwasser und schlechte Sanitärversorgung sind unter den wichtigsten Ursachen für Erkrankungen wie Cholera, Ruhr, Typhus oder Polio, an denen noch immer jährlich eine große Zahl von Menschen stirbt. Sicher aufbereitetes Abwasser ist eine erschwingliche und nachhaltige Quelle für Wasser, Energie aber auch Nährstoffe und wiedergewinnbare Materialien, auf die wir in Zukunft nicht mehr verzichten dürfen. Noch immer wird diese Ressource zu wenig genutzt", erklärt Bärbel Kofler, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe in einer Presseerklärung zum Weltwassertag 2017.

Weltweit wird immer noch eine große Menge an verschmutzten Abwasser in die Natur abgelassen – ohne, dass es vorher gereinigt wurde. Gerade in Entwicklungsländern werden gerade mal 8 Prozent des Abwassers gereinigt. Zum Vergleich: In Ländern mit hohem Einkommen sind es 70 Prozent. Die Folge ist stark kontaminiertes Wasser mit Bakterien, Phosphaten und Lösungsmitteln, welche über Flüsse und Seen ins Meer gelangen. Und die Menge an Abwasser wird ansteigen, gerade in Städten in Entwicklungsländern mit einer schnell wachsenden Bevölkerung. Als Beispiel dient Lagos. Die nigerianische Hauptstadt produziert 1,5 Millionen m³ Abwasser am Tag, das meiste davon gelangt in die Lagos Lagoon. Sollte sich nichts ändern, wird sich die Situation noch verschlimmern, sollte die Bevölkerungszahl bis 2020 auf mehr als 23 Millionen ansteigen.

Verschmutzungen reduzieren die Verfügbarkeit von Frischwasser. Und das, wo dieses schon durch den Klimawandel betroffen ist. Lösungsmittel und Hydrokarbonate, welche in der Industrie und im Kohleabbau genutzt werden, sowie Nitrogen, Phosphor und Kalium aus der Landwirtschaft beschleunigen die Eutrophierung von Frischwasser und Ökosystemen. Hinzu kommt der dadurch entstehende Anstieg von giftigen Algen, die andere Pflanzen und Lebewesen vertreiben. Was weitere Stoffe wie Hormone, Antibiotika, Steroide und Endokrine für Effekte haben, ist noch nicht völlig geklärt.

Vorreiter für die Aufarbeitung von Abwassern sind Jordanien und Israel: In Jordanien werden seit 1977 90 Prozent des Abwassers zur Bewässerung in der Landwirtschaft genutzt. Israel benutzt fast 50 Prozent des gereinigten Wassers in der Landwirtschaft. Doch gerade in der Industrie könnten große Mengen Wasser wiederverwendet werden, beispielsweise zur Erhitzung oder Kühlung.

Doch nicht nur in der Landwirtschaft und Industrie kann gesäubertes Abwasser genutzt werden. Städte wie Windhoek, Namibias Hauptstadt, Singapur und San Diego (USA) sind Vorreiter in der Nutzung von gereinigtem Abwasser als Trinkwasser. Eine Reaktion auf die momentanen Frischwasserengpässe. Die UNESCO schlägt in ihrem Pressebericht vor, dass mehr Aktionen zur Aufklärung über diese Möglichkeit gestartet werden müssen: Zu vielen Menschen sei es noch unangenehm, Wasser zu trinken, was einmal als dreckig bezeichnet wurde.

Doch Abwasser kann auch auf andere Art und Weise wiederbenutzt werden: Durch neue Techniken können beispielsweise Phosphor und Nitrate aus Abwasser und Schlamm gewonnen werden, welche wiederrum als Dünger genutzt werden. Circa 22 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Phosphor kann durch menschliches Urine und Exkremente gedeckt werden. Weitere organische Substanzen können zur Produktion von Biogas genutzt werden, welche wiederrum dann als Energieanlage für Abwasseranlagen genutzt werden – ein Energieneutraler Prozess.

Die UNESCO fordert, dass solche Technologien auch für Entwicklungsländer verfügbar gemacht werden sollen. Zumal der Verkauf von Phosphor und Nitrat helfen würde, die Kosten für Finanzierung und Nutzung der Anlage zu decken.