Aufklärung und Kritik 4/2021 erschienen

Das aktuelle Heft von Aufklärung und Kritik, der umfangreichen Vierteljahreszeitschrift der Gesellschaft für Kritische Philosophie Nürnberg (GKP), ist erschienen. Die Redaktion hat dem hpd wieder das Vorwort zu Verfügung gestellt.

Im ersten Aufsatz "Vom Wert des Zweifels. Anmerkungen zur skeptischen Grundorientierung der Philosophie Bertrand Russells" untersucht Prof. Dr. Rudolf Lüthe drei wichtige skeptische Positionen, nämlich diejenige Poppers, Kants und Russells. Dabei arbeitet er ihre Ähnlichkeiten, ihre Unterschiede und ihr Verhältnis zum Empirismus heraus, um schließlich Russells speziellen Skeptizismus darzustellen.

Prof. Dr. Jürgen Daviter zeigt in "Evolutionäre Erkenntnistheorie: Erkenntnisvermögen naturwissenschaftlich betrachtet" deren Stellung innerhalb der verschiedenen Erkenntnistheorien und legt ihre Bedeutung als Unterbau der modernen Erkenntnis- und Wissenschaftstheorien dar. Auch mit den gegen sie vorgebrachten Einwänden der Zirkularität und der Begrenztheit setzt er sich auseinander und deckt darüber hinaus Bezüge zu Ansätzen bei Kant, Schopenhauer und Hume auf.

In seinem Beitrag "Wie ist der Mensch möglich? Hans Blumenberg zum 100. Geburtstag" stellt Prof. Dr. Franz Josef Wetz den erst in letzter Zeit zu größerer Wirksamkeit gelangten, sehr produktiven Philosophen vor. Er zeigt dessen Phänomenologische Anthropologie als Zentrum seines Schaffens und führt vor, welche Konsequenzen sich aus der Änderung der philosophischen Frage "Was ist der Mensch?" in "Wie ist der Mensch überhaupt möglich?" ergeben.

In seinem Beitrag "Menschenrechte und Menschenpflichten im Streit der Kulturen" erörtert Prof. Dr. Anton Grabner-Haider den derzeitigen Diskurs der Interkulturellen Philosophie. Ausgehend von der Entwicklung der Idee der Menschenrechte von den Griechen bis 1948 zeigt er den gegenwärtigen Diskurs innerhalb der westlichen Demokratien und dessen Möglichkeiten im Hinblick auf die asiatischen Großmächte auf. So wirbt er für einen rationalen Diskurs, auch wenn die Traditionen der großen Pflichtbetonung und des Individualismus weit voneinander entfernt sind.

Dr. Jürgen Koller stellt in seinem Artikel "Leidensfähigkeit als zeitlose Grundnorm" pathozentrische Tierethiken zur Debatte. Um den Begriff "Leidensfähigkeit" möglichst genau einzukreisen, untersucht er damit zusammenhängende Fragen wie die der Bewusstseinsabhängigkeit oder der Sprachabhängigkeit und stellt ihre jeweiligen phylogenetischen Voraussetzungen wie auch den Stand des wissenschaftlichen Diskurses dar.

In seinem hochinformativen Artikel "Soziale Marktwirtschaft und politische Vernunft" erklärt Frederick Herget den Begriff "Soziale Marktwirtschaft" und dessen Entstehung, wobei er die historischen Wurzeln, die universitären Voraussetzungen und die politischen Bedingungen seiner Umsetzung aufzeigt. Dabei beleuchtet er einige besondere Bedingungen in Deutschland, wie die Entstehung der Parteienlandschaft oder das besondere Verhältnis der Deutschen zum Staat.

Die modernen Gefährdungen der Meinungsfreiheit sind das Thema von Prof. Dr. Bijan Nowrousian in seinem Beitrag "Ein Plädoyer für das freie Wort". Ausgehend von den liberalen Definitionen John Lockes und ihrer fundamentalen Bedeutung für Demokratie und Erkenntnisge winnung, erläutert der Autor zunächst die Entwicklung der Gesetzgebung zur Meinungsfreiheit. Anschließend beschreibt er die in den letzten Jahren zunehmenden Gefährdungen von vielen Seiten, wie z.B. Hassmails oder Cancel Culture, und bietet Lösungsvorschläge zum Schutz dieses Grundrechts an.

Ebenfalls um die Verteidigung von Grundrechten und Demokratie geht es Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber in "Die antiaufklärerische Dimension linker Identitätspolitik". Darin hinterfragt er kritisch die Ansprüche und Formen des fraglos ehrenhaften und wertvollen Engagements gegen Rassismus und für Minderheiten, wie sie von der "Identitätslinken" durchgeführt werden. Dabei geht er von den Menschenrechten als Wertefundament aus und nutzt Ideologiekritik als Methode.

Dr. Ludwig Coenen stellt in seinem Aufsatz "Kant spricht mit Lob und Tadel von Locke" schwerpunktmäßig Kants Anthropologie dar, sowie deren Entstehung und Verbindungen zu anderen Denkern, wie Rous seau oder Aristoteles. Er zeigt, dass John Locke als "Türöffner für die Sinne in der Philosophie" positiv erwähnt werde, aber wegen seiner Inkonsequenz in Bezug auf die Rolle Gottes und der Seele für die Ethik scharf kritisiert werde. Kant komme da zu anderen Schlüssen, die uns heute noch Aufgaben stellten.

Peter Kopf setzt seine Reihe über Galilei fort mit "Galilei – Augustinischer Exeget und skeptischer Christ". Darin zeigt er, dass Galileis Augustinusauslegung Bestandteil von dessen Kampf um die Anerkennung seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse war, und beleuchtet die historischen, naturphilosophischen und kir chenpolitischen Bezüge dieser Zeit.

Das FORUM zeigt auch diesmal wieder ein breites Spektrum von kritischen Ansätzen. Ausführlich und kontrovers diskutiert Dr. Sigbert Gebert in seinem Aufsatz "Die Corona-Falle – 'Totaler' Lebensschutz, Freiheitsverlust und Gesellschaftskrise" das Zeitgeschehen der letzten beiden Jahre. Große Einwände gegen Entwicklungen der letzten Jahre erhebt auch Prof. Dr. Dr. Norbert Hoerster in seinem Beitrag "Widersprüche politischer Bewertungen". Anlässlich des Todes von Hans Küng verfasste Prof. Dr. Hubertus Mynarek mit seinem Beitrag "Hans Küng – Prophet, Reformer oder Symbol der Inkonsequenz" einen respektvoll kritischen Nachruf, in dem er Aufbrüche und Brüche in Küngs Werk aufzeigt. In ganz anderer, eher kreativer Weise setzt sich Helmut Fink in "'Stille Nacht', neuer Text" mit unserer mitteleuropäischen, christlichen Tradition auseinander. Auch Dr. Matthias Mindach hat im "Glossarium apologeticum" das Christentum im Visier, wobei er einige durchgängige Kritikpunkte von Atheisten genau erläutert. In seinem Aufsatz "Dann nahm sie meine Hand und führte mich. Carl Spitteler und die Theologie" beschreibt Dr. Dominik Riedo das Verhältnis dieses Schweizers aus dem Nietzscheumfeld zum Christentum. Dr. Wilhelm Richard Baier informiert in "Der Mohismus (Mo Jia) oder die gescheiterte Aufklärung in China" über die Bewegung des Mohismus und ordnet diesen in seiner historischen Bedeutung ein. Mit unserer Gegenwart befasst sich analysierend Moses Ruge in seiner Abhandlung "Die Verbindung von Narzissmus und Entsublimierung in der Moderne – Eine Umkehr der Freudschen Genese". Ob Hoffnung eine tragfähige, auch politisch tragfähige, Kategorie sein kann, untersucht Dr. Michael Rumpf in seinem Beitrag "Über die Inbrunst von Illusionen. Blochs Begriff von Utopie". Eine andere Sichtweise auf Utopie zeigt Prof. Dr. Hartmut Heuermann in "Formeln des Glücks", wo er sie als notwendigen Teil der conditio humana darstellt. Last, but not least weist Dr. Bruno Heidlberger in seinem Artikel "Wie aktuell ist Hannah Arendt? Anmerkungen zu Richard J. Bernstein: Denkerin der Stunde" auf die Bedeutung der Philosophin für unsere heutige Welt hin, einer Frau, für die die Erfahrung von Staatenlosigkeit und Flüchtlingsproblematik bestimmend für Leben und Werk wurde.

Das Heft wird wie immer abgeschlossen von einer Reihe interessanter Rezensionen über Bücher, die ein breites Spektrum abdecken, von Philosophiehistorie über Auseinandersetzungen mit politischen Theorien oder gesellschaftlichen Entwicklungen bis hin zu existentiellen Fragestellungen. Vorstellungen von Podcasts und Neuzugängen in der Redaktion schließen den informativen Teil des Heftes.

Den Abschluss bildet, neben den Leserbriefen, eine Rezension, in der Informationen in einer speziellen literarischen Form präsentiert werden – und die deshalb den etwas anderen Heftabschluss bildet.

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