Notizen aus Polen

Denkwürdige Jubiläen

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WARSCHAU. (hpd) In den vergangenen Tagen wurden in Polen zwei große Jahrestage gefeiert: Der sechste Jahrstag der Katastrophe von Smoleńsk und die "Taufe Polens" vor 1.050 Jahren.

Am 10 April 2010 stürzte im russischen Smoleńsk das Regierungsflugzeug ab. Alle 96 Passgiere, darunter auch der damalige Präsident Polens, Lech Kaczyński und seine Frau sowie prominente Politiker aller Parteien, Minister, Parlamentarier und hohe Beamte sowie Mitglieder der sogenannten "Katyń Familien" kamen ums Leben.

Sie waren auf dem Weg, um den 70.Jahrestag der Ermordung der polnischen Offiziere durch Stalins Sicherheitspolizei (NKWD) in Katyń zu begehen. Der alte Militärflugplatz Smoleńsk liegt ganz in der Nähe von Katyń. Dort wollte die Maschine landen. Die russische Seite hatten vorab den polnischen Behörden davon abgeraten, diesen Flugplatz zu benutzen. Ergebnislos. Der staatliche Ausschuss zur Untersuchungen der Flugzeugkatastrophen hat inzwischen eindeutig bewiesen, dass schlechtes Wetter und unverantwortliches Handeln der Piloten (sie sollten keineswegs bei solchen Bedingungen landen) zum Unglück führten.

Der Zwillingsbruder des Präsidenten, Jarosław Kaczyński, und seine Gesinnungsgenossen von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) haben allerdings von Anfang an behauptet, dass der Absturz kein Unglück, sondern ein Attentat auf dem polnischen Präsidenten war. Und die Verantwortlichen seien die damalige Regierung von Donald Tusk und die Russen. Jetzt, nach der Machübernahme, hat PiS endlich die Möglichkeit, das zu beweisen. Zu diesem Zweck wurde ein neuer Untersuchungsausschuss gebildet. Kaczyński hat dabei die Gelegenheit genutzt, um die Bestrafung der Schuldigen zu versprechen. Der Hauptschuldige steht für ihn bereits fest: Donald Tusk.

Vor 1.050 Jahren wurde der damalige polnische Herrscher, Fürst Mieszko der Erste, getauft. Das soll der Anfang der "polnischen Staatlichkeit" sein. So behauptet es jedenfalls die polnische katholische Kirche.
Die regierende Partei PiS ist mit dieser Feststellung völlig einverstanden. Die drei Tage dauernden, breit angelegten Feierlichkeiten beinhalteten zahlreiche Heilige Messen; eine Sondersitzung der beiden Kammern des Parlaments in Posen, dem Bestattungsort des Fürsten Mieszko; Sonderbotschaften des Präsidenten; die kollektive Erneuerung der Taufe auf dem Fußballplatz in Posen; eine Aufführung des Musicals "Jesus Christ Superstar"; Sondertagung des Bischofskonferenz etc. etc.
Die wichtigsten Beamten der Republik: Der Präsident, die Vorsitzenden des Sejm und Senats, die Regierungschefin und ihre Minister und alles was Rang und Namen hat, waren mit dabei. Sie haben vor Altar gekniet, gebetet, die Kommunion empfangen. Völlige Einigkeit von Thron und Altar.

Niemand hat in diesen Tagen erwähnt, dass schon im VIII. Jahrhundert vor Christi, als Homer die Ilias und Odyssee schaffte, die Ahnen der gegenwärtigen Polen die befestigten Burgen gebaut hatten. Das ist schon längst von den Archäologen bewiesen. Die Taufe des Fürsten Mieszko war nicht "der große Knall", nach der der polnische Staat aus dem Nichts entstand. Die polnische Geschichte ist wesentlich älter als 1050 Jahre.

Viele Polen sind nicht bereit, die Worte des Präsidenten, Andrzej Duda, bei den Feierlichkeiten in Posen zu akzeptieren:

Die Taufe Mieszkos ist das wichtigste Ereignis in der ganzen Geschichte des polnischen Staates und der polnischen Nation. Nicht war, sondern ist, weil diese Entscheidung unseres ersten historischen Herrschers über die ganze Zukunft unseres Landes entschieden hat.
Die christliche Erbschaft gestaltet das Schicksal Polens und jeden von uns Polen. Das hatte der Heilige Johannes Paul der II im Sinn, als er sagte, dass man die Geschichte Polens ohne Christus nicht verstehen kann. Gemäß Tradition fand die Taufe des Herrschers am Großsonntag, dem 14. April 966, statt und genau dann ist Polen geboren.

Seltsame Worte des amtierenden Präsidenten, der noch im Wahlkampf versprach, dass er der Präsident aller Polen sein wird.