In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung spricht der Philosoph und Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung über Toleranz, Akzeptanz und die offene Gesellschaft.
Darin sagt er: "Der Erfolg der Rechtspopulisten ist, wie ich meine, auf zwei zentrale Faktoren zurückzuführen. Erstens auf eine zunehmende soziale Ungleichheit. Es ist ja leider so: Wenn Menschen ihren sozialen Status nicht verbessern können, wenn sie sich selbst als Individuen nicht mehr wahrgenommen fühlen, dann neigen sie dazu, sich über die Mitgliedschaft zu einer Gruppe zu definieren, was chauvinistische Abgrenzungen gegenüber 'den anderen' verstärkt.
Zweitens fehlt es tatsächlich an einer rationalen Streitkultur. Eine vernünftige gesellschaftliche Debatte hätte diesem Lagerdenken entgegenwirken können, aber dazu ist es in den letzten Monaten nicht gekommen."
Er weist darauf hin, dass eine pauschale Ausgrenzung des politischen Gegners nicht hilfreich ist: "Solange Rechtspopulisten oder Islamisten keine Gesetze verletzen, müssen sie in einer offenen Gesellschaft selbstverständlich toleriert werden. Zugleich aber sollte mit allen Mitteln des zivilisierten Widerstreits daran gearbeitet werden, die Attraktivität ihrer freiheitsfeindlichen Haltungen zu schwächen."
Doch bedeutet Toleranz nicht auch Respekt: "Selbstverständlich sollte allen Menschen mit Respekt begegnet werden, das gebietet die Menschenwürde. Das aber bedeutet keineswegs, dass man auch ihre Überzeugungen und Handlungen respektieren müsste." Denn: "Wir alle müssen damit leben, dass unsere Auffassungen von anderen nicht akzeptiert, sondern als 'irrational', 'inhuman' oder 'gottlos' verworfen werden. Wer nicht in der Lage ist, diese Last zu ertragen, beweist damit nur, dass ihm das für die offene Gesellschaft erforderliche Maß an Toleranz fehlt."