Das Spaghettimonster als Kinderbibel

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Joachim Sohn und Daniela Wakonigg, Illustrator und Autorin der Spaghettimonster-Kinderbibel.

Seit Jahren ist das Fliegende Spaghettimonster in aller Munde. Nun ist im Alibri-Verlag eine Spaghettimonster-Bibel für Kinder erschienen. Der hpd sprach mit Daniela Wakonigg und Joachim Sohn, Autorin und Illustrator der Spaghettimonster-Kinderbibel.

hpd: Eine Spaghettimonster-Kinderbibel – Wie kommt man denn bitte auf die Idee, sowas zu machen?

Wakonigg: Die Idee war, wenn man so will, eine Art österliche Eingebung, die ich ziemlich genau vor einem Jahr hatte. Im Fernsehen lief die übliche Mischung aus alten Bibel-Schinken und Osterhasen-Werbung für Kinder, während die Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters gleichzeitig ihren "Garfreitag" feierten. Das Ganze muss sich in meinem Hirn unbewusst vermischt haben, so dass ich ganz plötzlich dachte: Warum gibt es eigentlich keine Kinderbibel, die Heranwachsenden die Inhalte des Spaghettimonster-Glaubens näher bringt?

Und dann?

Wakonigg: Dann habe ich die Idee Joachim Sohn unterbreitet, einem wundervollen Illustrator, mit dem ich bereits bei einem früheren Kinderbuchprojekt erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Und er war ebenfalls sofort begeistert von der Idee.

Herr Sohn, was dachten Sie, als die Idee an Sie herangetragen wurde, eine Spaghettimonster-Kinderbibel zu illustrieren?

Sohn: Mir hat die Idee sofort gefallen, weil mir die Idee des Fliegenden Spaghettimonsters an sich gefällt. Wäre es nicht bereits erfunden worden, hätte man es erfinden müssen, um die Absurditäten von teils fanatischen Glaubensinhalten aufzeigen zu können. Das Spaghettimonster ist ein wundervolles Beispiel dafür und es lässt sich auch wundervoll illustrieren, wie man von den verschiedenen ikonographischen Zeugnissen Seiner Nudeligkeit weiß. Aber natürlich hatte ich auch einen Heiden-Respekt vor dieser Aufgabe. Ein Bildnis von ER/SIE/ES erschaffen zu sollen, steckt man nicht so eben weg. Aber es gehört zu den Aufgaben des Menschen, sich den höheren Dingen zuzuwenden, um seine eigene Nudeligkeit darin zu erkennen.

Äh, ja… Worum geht es denn in dieser Bibel?

Wakonigg: Wie Sie sicher wissen, gibt es ein "Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters", in dem zentrale Inhalte des Pastafarianismus festgehalten sind. Das Evangelium richtet sich allerdings an ein erwachsenes Publikum und ist stellenweise auch nicht ganz jugendfrei. Unsere Spaghettimonster-Kinderbibel vermittelt das Wichtigste, was man über den Pastafarianismus wissen muss, auf kindgerechte Weise. Also zum Beispiel, was es mit dem Urknall, der Schwerkraft und dem Klimawandel nach pastafarianischer Vorstellung wirklich auf sich hat, warum die Beschaffenheit der DNA ein Hinweis auf eine Nudelgottheit sein könnte, warum einige Pastafaris sich als Piraten kleiden und andere Nudelsiebe auf dem Kopf tragen, was es mit dem Biervulkan im Jenseits auf sich hat und so weiter.

"Ein ganz zentraler Aspekt des
Pastafarianismus ist der Zweifel. Es darf und soll an allem gezweifelt werden. Auch an den Inhalten dieser Bibel
und sogar am Spaghettimonster selbst.
Das Buch eignet sich deshalb vor allem wunderbar dafür, mit Kindern über
Religionen aller Art zu diskutieren."

Herr Sohn, war es eine Herausforderung, sowas zu illustrieren? Schließlich gibt es ja noch keine anderen Kinderbibeln des Pastafarianismus, es war also ein komplettes Novum.

Sohn: Ein Kinderbuch zu illustrieren, ist immer eine große Herausforderung. Das hat sich schon bei unserem ersten gemeinsamen Projekt gezeigt. Es bedeutet, der Illustrator wird sich nun für ein halbes Jahr einschließen und nicht mehr von seinen Zeichen- und Malinstrumenten weichen, bis das Endprodukt vor ihm liegt. Man bekommt einen Text mit geschriebenen Bildvorschlägen und dann muss man zusehen, was man daraus macht, in welche Richtung man geht, stilistisch, farblich, inhaltlich. Und natürlich war es etwas Besonderes, ausgerechnet die Wahrheit über das FSM kindgerecht darstellen zu dürfen. Als erstes musste ich an die wundervolle Kinderbibel "Awkward Moments Children’s Bible" denken, die auf so ehrliche Art und Weise den jungen Menschen die Inhalte des Alten Testaments mit all seinen Abscheulichkeiten nahebringt.

Die zweite Idee war, das Spaghettimonster selbst mit warmen und weichen Augen zu zeichnen, mit einem stets freundlichen und liebevollen Blick, als eine Figur, die sich um seine Kinder auf der Erde sorgt. Wenn es erscheint, dann erscheint mit ihm ein wohliger Ton, der sich über uns alle ausbreitet. Summmmmm….

Beispielbild

Und dann hatte ich noch die Idee, dass auf jeden Fall Kinder in der Bibel auftauchen sollen. Sie sollten die Lesenden direkt abholen und sie durch das Buch geleiten. Kinder und Tiere, als Identifikationsfiguren. Und wenn wir es schon mal mit Piraten zu tun haben, lag es auf der Hand, die Kinder als eine wilde Horde Piratenkids zu zeichnen, die tun und lassen können, was sie wollen.

Allerdings hatte ich Respekt vor der Figur selbst mit ihren unzähligen nudeligen Anhängseln und den Fleischbällchen. Ich dachte ich würde mich schnell in diesem Wirrwarr verirren. Aber siehe da, es muss mein letztes Pastagericht gewesen sein, das die Körperform Seiner Nudeligkeit einfach aus mir herausfließen ließ. Mit einem Mal war alles ganz einfach.

Wie stehen Sie beide denn selbst zum Fliegenden Spaghettimonster? Sind Sie Pastafaris?

Sohn: Nun, ich muss gestehen, ich tue mich etwas schwer, einem einzigen Glauben zu folgen. Ich bin seit dem Mel-Gibson-Film "Apocalypto" auch ein großer Fan der Maya-Religion. Aber natürlich habe ich das Ritual des gemeinsamen Pasta-Mahls mitgemacht. Solange der Mensch weiß, dass er glaubt, ist jede fantastische Geschichte bereichernd für das Gemüt. Wenn er allerdings glaubt, er weiß alles, kann es ungemütlich werden.

Wakonigg: Zu meinem eigenen Glauben oder Nicht-Glauben an wen oder was auch immer möchte ich mich eigentlich nicht äußern. Was ich persönlich glaube (oder nicht glaube) ist aber auch völlig irrelevant. Ich bin ja studierte Philosophin und Theologin und habe mich über viele Jahre autodidaktisch zur Pastafariologin fortgebildet. Das heißt, ich betrachte die Inhalte von Religionen oder Weltanschauungen beruflich gern von einem neutralen wissenschaftlichen Standpunkt aus, mit "methodologischem Atheismus", wie man diese Haltung in der Wissenschaft bezeichnet.

Ach, dann geht es also überhaupt nicht darum, mit Hilfe dieser Bibel Kinder zum Spaghettimonster-Glauben zu bekehren?

Wakonigg: Aber nein. Sie soll lediglich über dessen Inhalte aufklären. Ein ganz zentraler Aspekt des Pastafarianismus ist ja ohnehin der Zweifel. Es darf und soll an allem gezweifelt werden. Auch an den Inhalten dieser Bibel und sogar am Spaghettimonster selbst. Das Buch eignet sich deshalb vor allem wunderbar dafür, mit Kindern über Religionen aller Art zu diskutieren.

Glauben Sie denn, dass sich Ihre Spaghettimonster-Kinderbibel auf dem Markt gegen die Unzahl von christlichen Kinderbibeln wird behaupten können?

Wakonigg: Eine schwierige Frage. Wie wir alle wissen, sinkt die Zahl der Christen hierzulande aktuell rapide. Es entsteht also eine spirituelle Lücke, in der sich der Glaube an das Fliegende Spaghettimonster möglicherweise etablieren kann. Einige halten das für gänzlich unrealistisch, aber ich denke, dass man neben den theologischen auch die kulinarischen Faktoren nicht vergessen darf. Denn Nudeln schmecken nun mal leckerer als Oblaten.

Sohn: Dem muss ich uneingeschränkt zustimmen (streicht sich über seinen wohlgenährten Bauch). Möge die Pasta für alle Zeit mit uns sein. Arghh!

Daniela Wakonigg/Joachim Sohn: Das Fliegende Spaghettimonster - Die Kinderbibel. Alibri 2023. ISBN 978-3-86569-391-4. Ab 6 Jahren. 24 Seiten, gebunden. 16 Euro. 

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