Die polizeiliche Praxis des Racial Profiling verstößt gegen Grund- und Menschenrechte. Das schreibt Hendrik Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte - und fordert gesetzliche Änderungen.
Betroffenenorganisationen in Deutschland üben zunehmend öffentlich Kritik an der Praxis rassistischer Personenkontrollen. Die "Initiative Schwarze Menschen in Deutschland" hat beispielsweise Ende 2012 beim Petitionsausschuss des Bundestages eine Petition eingereicht, die sich gegen die Praxis der Bundespolizei wendet. Die Petition wurde von mehr als 13.000 Menschen gezeichnet und erreichte damit Rang 13 gemessen an der Anzahl der Mitzeichnungen, bei insgesamt 526 öffentlichen Petitionen im Jahr 2012. Die Bundesregierung vertritt hingegen den Standpunkt, dass es in Deutschland keine Praxis des "Racial Profiling" durch die Bundespolizei gebe.
Niemand darf wegen seiner "Rasse" benachteiligt werden, so heißt es in der fundamentalen Verfassungsnorm des Art. 3 Abs. 3 (GG). Damit – wenn auch in der Formulierung problematisch, da diese den Anschein weckt, es gebe unterschiedliche "Rassen" (siehe dazu Cremer 2010) – verbietet das Grundgesetz rassistische Diskriminierungen. Das Verbot rassistischer Diskriminierung ist ebenso elementarer Bestandteil der europäischen und internationalen Menschenrechtsschutzsysteme. Rassistische Diskriminierung verbieten etwa Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Art. 2 Abs. 1 und Art. 26 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) sowie das Übereinkommen gegen rassistische Diskriminierung (ICERD) als spezielle Konvention zur Bekämpfung von Rassismus. Sämtliche Verträge sind von Deutschland ratifiziert worden und damit innerstaatlich geltendes Recht, an das Polizei und Gerichte gebunden sind (Art. 20 Abs. 3 GG).
11 Kommentare
Kommentare
Rolf Schröder am Permanenter Link
Auch auf die Gefahr hin mich mit meiner Meinungsäußerung „in die Nesseln“ zu setzen:
Der Begriff „Racial Profiling“ ist irreführend, vielleicht sogar demagogisch – jedenfalls aber ideologisch:
Wenn in einer Gruppe von "N" Individuen eine kleine, leicht erkennbare Teilgruppe "n" existiert, und wenn man weiß, dass bestimmte kriminelle Akte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Mitgliedern der Gruppe "n" ausgeführt werden, dann ist es einfach nur pragmatisch, einen Täter zunächst in dieser Gruppe "n" zu suchen. Warum sollte man von den Mitgliedern der Gruppe "n" nicht dafür Verständnis haben?
Wäre ich z. B. in Japan, und man suchte einen Mörder, von dem nur beobachtet wurde kaukasischen Typs zu sein, dann hätte ich volles Verständnis dafür, dass genau in der Gruppe der Menschen kaukasischen Typs gesucht wird – ich hätte dafür volles Verständnis! Wie sieht es damit eigentlich bei unseren "n"-Gruppen aus?
Etwas anderes wäre es, wenn diese Art pragmatischer Tätersuche für andere Zwecke missbraucht wird und z. B. Ausländerfeindlichkeit, gar Rassismus, zum Ausdruck gebracht wird oder zum Vorschein kommt? Aber das war ja in dem Beitrag wohl nicht gemeint.
Also, „Racial Profiling“ ist für mich deshalb ein demagogischer, ideologisch belasteter Begriff!
Chaos am Permanenter Link
"wenn man weiß, dass bestimmte kriminelle Akte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Mitgliedern der Gruppe "n" ausgeführt werden" Hier liegt bereits das Problem.
Rolf Schröder am Permanenter Link
Das ist keine „selbsterfüllende Prophezeiung“ sondern ganz einfach Erfahrung. Wenn ich eine einen Vergewaltiger suche, dann „scanne“ ich Männer, weil die Erfahrung ist, dass es (meist) Männer sind...
Skeptiker am Permanenter Link
Leider haben Sie das Problem der statistischen Verzerrung, welche vom racial Profiling verursacht wird das ich angesprochen habe nicht verstanden. Wikipedia hat einen recht guten Artikel dazu.
David am Permanenter Link
Ich halte das für zwei verschiedene Dinge: Das eine ist die Interpretation der kriminalstatistische Daten, das andere eine darauf beruhende Handlung.
Soweit ich das sehe, geht es hier um diese eine bestimmte Handlung und nicht um die Interpretation von Daten.
Wenn 75% eines bestimmten Verbrechens von Gruppe A begangen werden, ist es dann nicht völlig plausibel, bei begrenzten Resourcen im Zweifelsfall ein Mitglied der Gruppe A zu kontrollieren anstelle des Mitglieds der Gruppe B?
Ob die 75% richtig oder falsch sind, ist eine völlig andere Fragestellung.
Rolf Schröder am Permanenter Link
So ist es.
Skeptiker am Permanenter Link
Das Problem ist, dass sie die Interpretation der kriminalstatistische Daten in der Praxis nicht von der darauf beruhende Handlung trennen können da die kriminalstatistischen Daten ihrerseits ja wiederum das Produkt de
David am Permanenter Link
Wie gesagt, die Datenbasis und Statistiken kann man sicher kritisch sehen. Dann sind aber eben diese das zu diskutierende Problem und nicht die Methodik des profilings.
Dass sich statistisch auswertbare Erkenntnisse nur durch "profiling" ergeben sollen, erscheint mir nicht überzeugend. Wenn dem tatsächlich so wäre, könnte ich Ihrer Argumentation zustimmen, diese Behauptung läßt sich mMn aber nicht aufrechterhalten: Spontane Verbrechensprevention sollte nicht mit sorgfältiger Ermittlungsarbeit verwechselt werden, plausible Anhaltspunkte nicht mit Vorurteilen.
Ein Beispiel: Werden Inlands- und Auslandsflüge gleichermassen "scharf" kontrolliert? Stehen die wenigen Drogenhunde in einem deutschen Flughafen am gate der Maschine aus der Karibik oder der aus Rostock-Laage?
Karin Richter am Permanenter Link
Ich habe auf der einen Seite vollstes Verständnis für die unangenehmen Gefühle der Betroffenen, die immer wieder zu Kontrollen herausgepickt werden.
Auf der anderen Seite halte ich eine effektive Arbeit der Bundespolizei ohne Diskriminierung z. B. nach Alter, Geschlecht und eben auch ethnischer Zugehörigkeit usw für nicht realisierbar. Bei begrenzten (personellen) Resourcen müssen die Beamten sich zwangsläufig auf Gruppen konzentrieren, in denen sie mit höherer Wahrscheinlichkeit fündig werden als bei anderen.
Oder sollten zukünftig auch regelmäßig Altenheime durchgecheckt werden?
Ein praktikabler Lösungsansatz könnte eher sein, die Mitarbeiter der Bundespolizei im betont respektvollen Umgang mit Verdächtigen zu schulen.
David am Permanenter Link
Ethnie ist nur ein Aspekt des profilings. Alter und Geschlecht spielen zB. ebenso eine Rolle.
Dies scheint im allg. Verständnis doch auch kein Problem darzustellen, ohne dass sich die "Gruppe" der jungen männlichen Menschen "diskriminiert" fühlt.
Der Grad zum Rassismus ist zugegeben schmal, aber aufgrund von Wahrscheintlichkeiten sein Handeln zu steuern, halte ich grundsätzlich für völlig plausibel.
Ob diese Wahrscheinlichkeiten in den jeweiligen Kontexten stimmen, ist freichlich eine andere Frage.
Rolf Schröder am Permanenter Link
Genau!