KÖLN. (hpd/ibka) Am vergangenen Karfreitag erklärte der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) Nordrhein-Westfalen das Kölner Filmhaus zum vierten Mal in Folge zur „Religionsfreien Zone“. Ziel der Veranstaltung ist, der Forderung nach der Abschaffung des besonderen Schutzes der „stillen“ Feiertage Nachdruck zu verleihen.
Das Gesetz über die Sonn- und Feiertage in NRW schützt Tage wie den Karfreitag, die der christliche Glaube mit Trauer und Andacht verknüpft – besonders leidig für Menschen, die an rein gar nichts glauben. Auch ihnen sind öffentliche Feiern außerhalb der eigenen Wohnung untersagt.
Rainer Ponitka Wie IBKA-Landessprecher Rainer Ponitka in seinen Eröffnungsworten sagte, sei dies vergleichbar mit der Forderung, dass Gläubigen an einem „Tag der Vernunft“ die Religionsausübung außerhalb der eigenen Wohnung untersagt würde.
„Oder, um es frei nach Wiglaf Droste zu sagen: Statt froh und dankbar zu sein, dass man sie nicht in die Gummizelle packt, werden die Gläubischen [mit ihrem Feiertagsgesetz] auch noch frech.“ Die diesjährige „Religionsfreie Zone“ des IBKA stand unter dem Slogan „Tanz den Exorzismus“. Nach Ponitka sei dieses Thema als Einstimmung auf den Papstbesuch in Deutschland zu verstehen: „Herr Ratzinger setzt bis heute Teufelsaustreiber ein, er wünscht sich auch für alle deutschen Diözesen einen amtlichen Exorzisten."
Ponitka bedankte sich bei den Mitarbeitern des Filmhauses, die den IBKA nun schon im vierten Jahr herzlich aufnahmen, und begrüßte die anwesenden Vertreter des Deutschen Freidenkerverbandes. Ebenso drückte er gegenüber der Buchhandlungskette „Thalia“ seine Anerkennung aus: „Jeder Besucher des heutigen Events erhält einen Schokohasen, mit den besten Wünschen zum kommenden Hasenfest. Den besten Dank an „Thalia“ für diese hervorragende Idee! Ein jeder kann jegliches Fest nach Gutdünken feiern!“ Thalia wurde vor dem Hasenfest von Kirchenvertretern für ihre Idee angegriffen, Ostern „Hasenfest“ zu nennen.
Petra Daheim
Neben den gezeigten Filmen war die von Petra Daheim erdachte und durchgeführte „mobile Ent-taufung“ die Hauptattraktion des Abends. Ein Team des Web-TV des Kölner-Stadt-Anzeigers stellte seinen Mitschnitt noch vor Veranstaltungsende ins Netz.
Wer nun über Sinn und Zweck der Ent-taufung sinniert, dem sei gesagt, dass sich der Kirchenaustritt zwar höchster Beliebtheit erfreut, die Kirchen ihre Schäfchen allerdings nicht endgültig verloren sehen wollen. So heißt es z.B. bei der evangelischen Kirche, dass die Taufe eine bleibende Vereinnahmung des Ausgetretenen im Glauben bedeute und eine Annullierung der Taufe deshalb nicht möglich sei. Im katholischen Lager ist man sich eher uneins. So hält man hier den Kirchenaustritt zwar einerseits für den amtlich beurkundeten Glaubensabfall, pocht jedoch andererseits darauf, dass mit der Taufe dem Täufling ein unauslöschliches Merkmal - ähnlich dem biblischen Kainsmal? - aufgeprägt worden sei.
Um hier ein für allemal den Ausgetretenen Klarheit zu verschaffen bietet der IBKA seit 2008 die Ent-taufung an. Hierbei wird mittels eines handelsüblichen Küchenschwamms dem Ent-täufling nach Anlegen seines Ent-taufungskleidchens - mit der hedonistischen Aufschrift „Gottlos Glücklich“- die Stirn trockengetupft. Mit ein paar einfach nur mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantwortenden Fragen, wie z.B.: „Erkennst Du an, dass noch niemand - mit Ausnahme von Schnapsleichen - von den Toten auferstanden ist?“, wird die Zeremonie als erfolgreich bestanden mittels eines Ent-taufscheins beurkundet. In diesem Jahr fanden sich gleich fünf Personen, die auf diese Art den letzten Zweifel an ihrem Glaubensabfall beseitigen wollten und ihre neugewonnene Freiheit mit einem Gläschen Sekt zelebrierten.
Hans-Peter Keul wird ent-tauft Eine besondere Freude war es für die Zeremonienmeisterin, der stellvertretenden Landessprecherin NRW des IBKA, Petra Daheim, dem Vorsitzenden des Freidenkerverbandes Nordrhein-Westfalen, Hans-Peter Keul, jeglichen Restbestand an Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Gläubischen (s.o.) von der Stirn zu tupfen. Er beantwortete die Frage „Erkennst Du an, dass man vom Wichsen weder krumme Finger bekommt, noch blind wird?“ zutreffend mit einem klaren und eindeutigen „Ja!“
Der erste Film des Abends war „Requiem“, eine auf der Berlinale ausgezeichnete Dokumentation über die Geschichte der Anneliese Michel aus Klingenberg am Main. Der Fall erregte große Aufmerksamkeit, weil in den Monaten vor ihrem Tod im Jahr 1976 zwei katholische Priester mehrfach den Großen Exorzismus an ihr vollzogen hatten. In den folgenden Prozessen verweigerte der zuständige Richter die beantragte Geldstrafe für die den Exorzismus ausführenden Priester - auch die Eltern, die den Exorzismus zuließen - wurden lediglich zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Zum zweiten Film „Der Exorzist“ fanden weitere Besucher ihren Weg ins Filmhaus. Es war der Horrorklassiker aus 1973, der 2010 als besonders erhaltenswerter Film in das 'National Film Registry' aufgenommen wurde.
Im kommenden Jahr feiert der IBKA NRW fünfjähriges Jubiläum im Filmhaus. Ponitka dazu: „Da müssen wir noch mehr Leute erreichen. Das muss ein Event sein, was über Köln hinaus gesehen wird.“
Östra Gonn