Der tibetische Vajrayana-Buddhismus

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Colin Goldner / Foto © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Veranstaltungen von Colin Goldner zum tibetischen Buddhismus und den Dalai Lama lassen die Wenigsten der ZuhörerInnen unberührt – zu ungewöhnlich erscheinen die Informationen, die der Tibetspezialist vorträgt. So auch in Berlin. Eine Veranstaltung mit Colin Goldner: Der Weg des Phallus.

Die Vorträge von Colin Goldner lassen viele der ZuhörInnen fassungslos werden, tibetische Buddhisten versuchen sie zu verhindern, was Ihnen in Graz gelang, oder Jusos und NPD rufen, wie in Bremerhaven, gleichzeitig zum Boykott auf.

Das alles war in Berlin Mitte in der „Kultur- und Schankwirtschaft BAIZ“ nicht zu erwarten, denn eingeladen hatten die „North East Antifascists“, die das Thema Religion für sich entdeckt haben und in Vorbereitung des Papstbesuches „Not Welcome“ eine religionskritische Veranstaltungsreihe „Don’t believe the hype“ aufgelegt haben, die bis in den September hinein reicht. Allerdings wanderten die Reaktionen der ZuhörerInenn auch hier zwischen Bestürzung und Heiterkeit. An Colin Goldner lag es nicht, er sprach mit gelassenem Tempo und entspanntem Timbre, es war das Thema und die dazu vorgetragenen Informationen, die für viele der Anwesenden neue waren und sie in ihren Bann zogen.

Der erste Abend der religionskritischen Reihe hatte sich mit Esoterik beschäftigt und insofern war die Fortsetzung zum tibetanischen Buddhismus nur ein kurzer Weg. Monotone Mönchsgesänge wiesen den Interessierten den Weg in den Vortragssaal, auf dessen Bühne Colin Goldner seine Technik aufgebaut hatte.

In der Vielzahl der Buddhismen ist die tibetische Variante etwas radikal Anderes, als alles andere, was man in den Staaten Asiens als Buddhismus vorfindet. Dieser hierzulande populärste Variante des Buddhismus ist der in Tibet entwickelte sogenannte Vajrayana-Buddhismus - auch Lamaismus genannt -, wie er vor allem durch den Dalai Lama weltweit bekannt gemacht wurde.

Warum besteht das Interesse an dieser speziellen Variante? Allein im deutschsprachigen Raum gibt es rund 500.000 Anhänger der „Gelbmützen“, die Zahl der Sympathisanten geht in die Millionen, mit dem Focus auf den Dalai Lama. Er bedient das oberflächliche Interesse der ‚Yellow Press’ an einer (vermeintlich) „guten Sache“ und viele der Sympathisanten schätzen das Gefühl damit zu den „Gut-Menschen“ zu gehören. Schließlich hat der ständig lächelnde und als Gott bezeichnete Mönch auch den Friedensnobelpreis bekommen. Wofür, das fragt sich kaum jemand. Es wäre auch müßig, da der Dalai Lama keine aktiven friedenspolitischen Verdienste vorweisen kann.

Das Image des Dalai Lama, von seinen Anhängern S.(eine) H.(eiligkeit) genannt, ist ungebrochen, seine Kalenderblattweisheiten gelten als Ausdruck tiefsten spirituellen Wissens. Insofern beruht auch das Bild des alten Tibets auf Unkenntnis und die Darstellung einer paradiesischen Harmonie der Gewaltlosigkeit ist Legende. Realität war eine Ausbeutergesellschaft der Mönchselite, die rund zwei Prozent der Bevölkerung stellte und alles beherrschte. Bitterste Armut war an der Tagesordnung und die Lebenserwatung eines Erwachsenen lag bei 35 Jahren. Nur allein die Familie des Dalai Lama besaß 27 Güter (mit rund 40.000 Leibeigenen) zur eigenen Versorgung.

Basis für diese Ausbeutergesellschaft war u.a. die Ideologie des Karma, nach dem jedes Tun eine Folge hat, dieses Leben die Belohnung oder die Strafe für das vorherige Leben darstellt und diese religiöse Ideologie alle Ebenen des Priesterstaates durchdrang, der mit dem, was normalerweise mit Buddhismus verbunden wird, nur ein paar Begriffe gemeinsam hat.

Er ist insofern völlig anders, da der tibetische Vajrayana-Buddhismus jeden emanzipatorischen Ansatz negiert, den es im ursprünglichen Buddhismus gegen die Doktrin des Brahmanismus durchaus gibt und dem er entstammt: Freiheit von Göttern, Freiheit von Priestern und damit das Eröffnen der Chance für jedermann - und jedefrau -, ohne Götter und Priester, sprich: aus eigener Kraft zur Erlösung zu gelangen. Der tibetische Buddhismus weist mehr Götter und gottgleiche Wesen auf als der Brahmanismus.

Abstruses Konglomerat

Ein abstruses Konglomerat aus Naturreligionen und der Furcht vor dem Jenseits des Zwischenlebens zwischen Tod und Wiedergeburt, das Millionen Jahre dauern konnte, in einer von sechzehn widerwärtigsten Höllen. Die Lamas duldeten gegen diesen Höllen- und Monsterwahn keinen Widerspruch und jeder Ungehorsam hatte schwerste Strafen zur Folge. Dabei war die schwerste Strafe für einen Mann die Reinkarnation als Frau.

Erlösung ist dabei nur hochrangigen Lama-Priestern möglich, ausschließlich männlichen. Und auf welchem Weg, das verdeutlicht der Begriff "Vajrayana", denn er bedeutet nichts anderes als der "Weg des Phallus".

Nach einer Darstellung und Einordnung der Entwicklungen im Buddhismus, für den es eine engere Regelauslegung gibt („Kleiner Wagen“) und eine weitere Auslegung („Großer Wagen“) erläuterte Goldner, wie diese Idee des „Großen Wagens“ in Tibet zu einem „Gottesstaat“ weiter entwickelt wurde.

Das große Gefährt des "Vajrayana" versprach den Lamapriestern den Ausstieg aus dem Kreislauf der Wiedergeburten, eine Auflösung bereits in diesem Leben. Dabei beruhte die Erlangung der Buddhaschaft auf realem phallischen Sex, männlichem Sex mit eigens dafür rekrutierten Frauen, die als Frauen diese Stufe sowieso nicht erreichen konnten. Während die einfachen Mönche durch „Visualisierungsübungen“ auf die „solitäre Manier“ der Masturbation verwiesen wurden, hielten sich die oberen Lamas vor der Öffentlichkeit verborgene reale Sex-Gespielinnen. Ihnen wurde versprochen, für den Sex gutes Karma zu bekommen, ja vielleicht als Mann wiedergeboren zu werden. Dafür mussten sie allerdings auch absolut verschwiegen sein. Der Nimbus der sexuellen Enthaltsamkeit der Lamas musste erhalten bleiben, auch und insbesondere gegenüber den westlichen Bewunderern.

Die Ideologie dabei war: Man bedient sich der Begierde zur Überwindung der Begierde und Frauen wurden zu „Weisheitsgefährtinnen“. Allerdings mussten sie jung sein (ab acht Jahren), denn ab dem dreißigsten Lebensjahr war die Frau ein Hort von Geistern und ab vierzig wurden sie nur noch „Hundeschnauze“, „Drecksgestalt“, u. a. m. genannt.

Auch wenn es so aussieht,...

Die Grundbehauptung war der metaphysische Überbau der Tantratechniken: „Auch wenn es so aussieht, ist es kein Sex.“ Es ging um

  • die Transformation der Sexualität in Macht;
  • die Absorption weiblicher Energie, sei es von Körpersekreten oder Menstruationsblut,
  • die Vereinigung männlicher und weiblicher Energie im Mann (unter der Schädeldecke) als höchste Machtform und dadurch
  • die Erlangung des Status eines „Adibuddha“, eines transzendenten Buddha, der als Verkörperung absoluter Wahrheit gilt und „Weltbeherrscher“ ist.

Eines der wesentlichen Elemente für diese Vereinigung männlicher und weiblicher Energie war folglich, dass der Lama keinen Samenerguss haben durfte, durch den er ja sein männliches Elixier verlieren würde. Kam es trotz aller Leibesübungen und Geisteskontrolle doch zu einer Ejakulation, so ist das Sperma mit der Zunge oder Fingern zurückzuholen und auszusaugen.

Diese Verdrehungen und Verkleisterungen einer Phallusideologie, die Frauen nur als Sexualobjekt betrachtet, sind jedoch nicht nur lächerlich. So gehört der Dalai Lama zu den Förderern von Shōkō Asahara, mit dem er mehrmals zusammentraf und von dem er sich auch nach dem Giftgasanschlag in Tokyo bisher nicht distanziert hat.

Allerdings müsse man, so Colin Goldner, den Unterstützern des Dalai Lamas in Deutschland zugute halten, dass sie nur oberflächliche Kenntnisse über ihn und seine Gelbmützen haben. Er diene als Projektionsfläche, die zudem weit entfernt ist und als spirituell hoch stehend gilt. Alles andere werde ausgeblendet. Alles, was an Elementen in der Esoterikszene vorhanden ist, sei im Dalai Lama als Person vereint.

Abschließend berichtete Goldner noch über die ‚Findung’ des reinkarnierten Dalai Lamas, der 49 Tage nach seinem Tod in die Eizelle einer Frau eindringt, die nach neun Monaten das Kind gebärt, dass sich dann im dritten Lebensjahr einer umher reisenden Findungskommission als Reinkarnation zu erkennen gibt (er greift nach den persönlichen Gegenständen des vorherigen Dalai Lamas) und wird dann rund achtzehn Jahre ausgebildet. Eine der Besonderheiten des jetzigen 14. Dalai Lamas ist es, dass er von Geburt her Nationalchinese ist und erst einmal Tibetisch lernen musste.

Die Spannung unter den Zuhörer löste sich dann schließlich in Heiterkeit, als Goldner bemerkte, dass es schon eigenartig sei, dass er noch einmal alles das lernen musste, was er als 13. Dalai Lama doch bereits schon wusste. Und diese zwanzigjährige Zwischenphase der Findung und Ausbildung des reinkarnierten Dalai Lamas, in der ein Regent die Macht ausübt, ist zum Problem geworden, da man nicht ausschließen könne, dass die Rotchinesen in dieser Phase der Instabilität in irgend einer Weise aktiv werden könnten. Der 15. und nächste Dalai Lama werde deshalb nach „vatikanischem Vorbild“ bestimmt. Nach 49 Tagen wird der verstorbene Amtsinhaber im Konklave seiner engsten Gefährten in einen dieser Männer fahren und sich damit selbst als seinen Nachfolger als Gott zeigen. Der Favorit des jetzigen Dalai Lamas soll Ogyen Trinley Dorje sein, als Oberhaupt der „Schwarzmützen“ genannt: „Seine Heiligkeit der 17. Gyalwang Karmapa Lama“.

Als Fazit stellte Goldner fest: „Der tibetische Vajrayana-Buddhismus ist ein Sumpf sexuell motivierter Gewalt gegen Frauen.“ Und: „Ich kenne viele Religionen, aber keine ist so krank wie der Vajrayana-Buddhismus.“

C.F.