Hürden einer Rehabilitierung im Stadtrat

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Foto: Ricarda Hinz

DÜSSELDORF. (hpd) Ein aufgeschlossener Bürger Düsseldorfs dachte sich, dass es an der Zeit sei, zwei Frauen vom Stadtrat rehabilitieren zu lassen, die 1738 in Düsseldorf als "Hexen" verurteilt, und sowohl öffentlich als auch lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Dies war damals tatsächlich die exakte Anordnung des Gerichts, damit die Frauen noch im Sterben Gelegenheit hätten die "reinigende Buße" für Gebete zu nutzen.

Am Sonntag vor der Verbrennung waren alle Düsseldorfer Pfarrer und Priester angehalten, ihrer Gemeinde die bevorstehende Vollstreckung anzukündigen und alle aufzufordern, der Strafvollstreckung beizuwohnen. Zur Abschreckung.

Dabei hatte Friedrich Spee, ebenfalls ein hochangesehener Düsseldorfer Bürger, schon 100 Jahre zuvor erkannt, dass es keine Hexen gibt, sondern diese erst im Prozess dazu gemacht werden.

Trotzdem beschützte diese in seiner "Cautio criminalis" 1631 veröffentlichte Erkenntnis weder die 16-jährige Helena Curtens noch Agnes Olmans, 47 Jahre alt, vor eineinhalbjähriger Gefangenschaft mit Folter und Vergewaltigungen und grausamer Todesstrafe in aller Öffentlichkeit. In Düsseldorf wirkte wohl eher noch der von einem Dominikaner in Speyer 1486 veröffentlichte "Hexenhammer". Schließlich erfuhr das Buch bis ins 17. Jhd. hinein 29 Auflagen.

Diese beiden Frauen sind nie rehabilitiert worden. Ja, sie wären sogar komplett vergessen worden, wenn diese Unglaublichkeit nicht für die Lehrerin und Feministin Monika Bunte zum Stein des Anstoßes geworden wäre. Mit vier Mitstreiterinnen gründete sie 1987 den "Aktionskreis Hexenstein". Sie hielt Vorträge über die Hexenverfolgungen und sammelte Geld von Privatpersonen. Nachdem 10.000 DM aus Kleinstspenden zwischen fünf und 30 DM zusammen gekommen waren, konnten sie die Künstlerin Gabriele Tefke mit einem Denkmal beauftragen.

So entstand 1989 komplett ohne öffentliche Gelder das damals erst zweite Denkmal bundesweit, das an die Verfolgung von der Hexerei verdächtigten Menschen erinnert. Das erste steht in der hessischen Kleinstadt Gelnhausen und war Vorbild für diese Aktion.

Seither steht dort ein Gedenkstein mit der Inschrift: "Die Würde des Menschen ist unantastbar", auf einer etwas abseitigen und unschönen Wiese und wird kaum wahrgenommen. Vor ein paar Jahren wurde daran herum randaliert und die Nase des darauf befindlichen Kopfes abgebrochen. Und von Seiten der Stadt ist weder das Geld für die Reparatur zu erwarten, noch eine Rehabilitierungserklärung der beiden Frauen.

Theologe: Frauen gar nicht zu Unrecht verurteilt

Die Reaktionen auf den Antrag des Düsseldorfer Bürgers Andreas Vogt waren sehr unterschiedlich. Der Kulturdezernent Lohe (CDU) kam zu dem Schluss: "Eine Rehabilitierung entbehrt zur Zeit der Notwendigkeit." Der ihn beratende Theologe Meisen reichte sogar den Gegenantrag ein, die beiden Frauen bitte nicht zu rehabilitieren, weil dadurch zentrale Teiles seines römisch-katholischen Glaubens in Frage gestellt würden.

Was der Mann damit meint, durfte er am vergangenen Donnerstag vor dem Anregungs- und Beschwerdeausschuss genauer erklären. Schließlich habe zumindest Helena Curtens damals, und so geht es aus den Unterlagen hervor, "Gotteslästerung, Hostienfrevel und sexuelle Unordnung" freiwillig und ohne den Zwang der Folter zugegeben. Somit lägen aus christlicher Sicht tatsächliche Vergehen vor und die Frauen seien also gar nicht zu Unrecht verurteilt worden. Man könne nur aus einer atheistischen Weltsicht über diese Verbrechen hinwegsehen und da sei doch hoffentlich die Neutralitätspflicht der Politik davor! Er wolle, und bezog sich auf die Religionsfreiheit, auf jeden Fall seine katholische Sicht der Dinge ebenfalls von der Politik vertreten wissen. Er sei nun einmal Christ, das dürfe man ihm bitte nicht verübeln. Eine Rehabilitierung könne er jedenfalls "mit seinem Gewissen nicht vereinbaren". Und dabei beziehe er sich doch nur auf die "unumstößlichen, lehramtsmäßigen Aussagen der katholischen Kirche."

Letztlich dann doch: Rehabilitierung

Als dann noch der Vertreter der Fraktion der Linken Dr. Sawalies ausführte, was er im vom Theologen Meisen erhaltenen Informationsmaterial gelesen hatte: "Die Wiedereinführung der Todesstrafe sei langfristig notwendig", distanzierte sich die CDU-Fraktion dann doch von ihrem Berater und ermöglichte so den einstimmigen Beschluss, dass der Stadtrat der beiden Frauen gedenken solle, und die Aufnahme des Falles in die dauernde Ausstellung des Stadtmuseums ratsam sei. Vor der Anhörung war die CDU nämlich noch der Meinung gewesen, dass eine Stellungnahme des Ausschusses reiche, und das hohe Gremium des Rates damit nicht zu belästigen sei.

Dr. Christoph Schork von der FDP erwähnte immerhin, dass im Namen der Religionen viel Leid verursacht wurde, und Herr Meisen wohl die gesamte Aufklärung verpennt habe!

Auch Petra Berghaus von den Grünen fand, der Rehabilitierungs-Antrag sei sehr gut und käme zur richtigen Zeit. Allerdings sei auch das Verhalten der Verwaltung sehr ärgerlich gewesen, die im Vorfeld viel zu wenig Information geliefert hätte. "Zu jeder Ampelregelung erhalten wir von ihnen drei mal längere Stellungnahmen!"

Ricarda Hinz