OLG Köln: Religionslehre entspricht Kindeswohl

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Maerten de Vos: Tobias und Rafael

KÖLN. (hpd) In einem Sorgerechtsstreit konfessionsfreier Eltern aus Nordrhein-Westfalen hat das Oberlandesgericht Köln gestern entschieden, den Antrag der Mutter auf einstweiligen Rechtsschutz abzuweisen. Die zwei Kinder des Elternpaares sind somit gemäß einem früheren Urteil vorläufig verpflichtet, am katholischen Religionsunterricht und schulischen Gottesdiensten teilzunehmen. Eine Nichtteilnahme stelle eine Gefährdung des Kindeswohls dar, hieß es.

Ende Mai hatte das Amtsgericht Monschau (Eifel) einem Antrag des Vaters der Kinder entsprochen, über ihre Teilnahme am Religionsunterricht und den Schulgottesdiensten allein zu entscheiden. Obwohl sowohl die Mutter wie auch die beiden sechs Jahre alten Zwillinge des getrennt lebenden Paares erklärt hatten, dass eine Teilnahme am Religionsunterricht und religiösen Ritualen während des Schulbetriebs nicht in ihrem Interesse wäre, folgte der entscheidende Richter den Ausführungen des Vaters und urteilte, dass die Teilnahme während des Schulbesuchs in der 15.000 Einwohner zählenden Gemeinde Simmerath „förderlich und auch notwendig“ für das Kindeswohl erscheine.

„Die Nichtteilnahme (…) stellt eine Gefährdung des Kindeswohls dar“, so der Urteilstext wörtlich. Denn diese Nichtteilnahme würde eine Ausgrenzung der Kinder darstellen und eine Integration in den Klassen- und Schulverband erschweren. Die Mutter der Kinder hatte dagegen argumentiert, dass die Teilnahme am Religionsunterricht und den Gottesdiensten eine einseitige Prägung bedeuten würde und für die Entwicklung der Kinder nicht förderliche Bräuche, Werte und Begriffe vermittelt werden.

Der Beschluss des Amtsgerichts Monschau wurde nun vorläufig vom Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) bestätigt, da nach Auffassung des zuständigen Familiensenats die „Teilnahme der Kinder an Schulgottesdiensten und Religionsunterricht dem Kindeswohl entspricht“. In einer Erklärung dazu hieß es, es sei nicht zu besorgen, dass die Kinder bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Schaden nehmen. „Eine einseitige und dauerhafte Beeinflussung der Kinder in religiösen Fragen sei auch im Hinblick auf die im ersten Schuljahr vermittelten Inhalte nicht zu befürchten.“

Das OLG Köln appellierte zudem an das Verantwortungsbewusstsein der Eltern, die einer „Verunsicherung ihrer Kinder entgegenwirken, ihre Erziehungskompetenz wahrnehmen, die Kinder zum Schulbesuch ermuntern und sie auf eine Teilnahme am Religionsunterricht einstellen“ sollten. Nur auf diese Weise könne eine Reflexion der Kinder mit den im Unterricht vermittelten Inhalten erreicht werden.

Welche Inhalte das sind, darüber gibt das Bildungsministerium Nordrhein-Westfalen Auskunft. So heißt es über die mit der katholischen Religionslehre an Schulen vermittelten „Kompetenzerwartungen am Ende der Schuleingangsphase“: „Die Schülerinnen und Schüler lernen biblische Texte von der Sorge Gottes und der Zuwendung Jesu zu den Menschen kennen und beziehen sie auf ihre Erfahrungen (…), deuten die Goldene Regel als biblische Weisung für das Zusammenleben und (…) Engel als Boten Gottes: Tobias und Rafael.“

Wie Rainer Ponitka, Pressesprecher des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten, auf Anfrage mitteilte, könne in dem Fall ein schnelles Urteil  in der Hauptsache erwartet werden. Als Begründung nannte er kurze Fristen, die den Prozessbeteiligten für die Abgabe der eigenen Stellungnahmen gegeben wurden. Über die Beschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Monschau soll schließlich keine öffentliche Verhandlung stattfinden.

Eine Tendenz lasse das OLG Köln aber bisher nicht erkennen, so Ponitka: „Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels der Antragsgegnerin lässt sich derzeit nicht bejahen“ – aus dieser Formulierung des Familiensenats lasse sich laut Einschätzung Ponitkas bislang nicht entnehmen, wie die Entscheidung über die Beschwerde schließlich ausfallen werde.

Sollte die Beschwerde der Mutter der beiden Zwillinge gegen das Urteil des Amtsgerichts Monschau im Hauptsacheverfahren tatsächlich abgewiesen werden, will sie – sofern zugelassen – in die nächste Instanz gehen.

Arik Platzek