WIEN. (hpd) In der Woche vom 15. - 22. April 2013 können die dazu berechtigten Österreicher am Gemeindeamt bzw. Magistratischen Bezirksamt das Volksbegehren gegen Kirchen-Privilegien unterschreiben. Anlässlich des Beginns der Eintragungswoche haben die Initiatoren des Volksbegehrens inhaltliche und formale Sachinformationen dazu veröffentlicht.
Jede/r Österreicher/In, ob Kirchenmitglied oder nicht, zahlt jährlich 500 EUR für die Glaubensgemeinschaften Österreichs. 80 Prozent des Kirchen-Budgets werden vom Steuerzahler aufgebracht, und das für eine Vereinigung, die vielfach ungestraft Kinder geschändet hat, sowie Frauen und Homosexuelle diskriminiert und sich über das Gesetz stellt – mit staatlicher Billigung. Und nicht einmal die Menschenrechtskonvention unterschrieben hat.
Mit einer Pressekonferenz ist die Initiative heute wieder an die Öffentlichkeit gegangen: Erstmals in der Geschichte Österreichs haben BürgerInnen die Möglichkeit, ihre Stimme gegen ungerechtfertigte staatlich gewährte Privilegien von Religionsgemeinschaften zu erheben. Erreicht das Volksbegehren 100.000 Unterschriften, muss sich der Nationalrat mit seinen Anliegen beschäftigen.
Die wichtigsten Forderungen:
Schaffung eines Bundesverfassungsgesetzes
1. Zur Abschaffung kirchlicher Privilegien.
Es gibt keinen vernünftigen Grund, dass Menschen oder Organisationen aufgrund von Religion oder Weltanschauung rechtlich besser gestellt werden. In Österreich sind manche Weltanschauungen willkürlich staatlich anerkannt und privilegiert. Das ist undemokratisch.
2. Für eine klare Trennung von Kirche und Staat
Durch das Konkordat, einem Vertrag aus der Zeit des Austrofaschismus, ist die Autonomie Österreichs in kirchlichen Belangen stark einschränkt. Das Konkordat gibt der katholischen Kirche (und allen anderen gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften durch ähnliche Verträge) eine privilegierte öffentlich-rechtliche Stellung. Beispiele für diese Verflechtungen von Kirche und Staat:
- Die Kirche hat Zugriff auf die amtlichen Meldedaten ihrer Mitglieder
- Die Kirche zahlt in ihren Institutionen wie Kindergärten oder Krankenhäusern oft geringere Löhne außerhalb der Kollektivverträge und diskriminiert Arbeitnehmer, die nicht katholisch sind.
- Der zwangsweise Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ist de facto eine Hilfe zur Missionierung und verhindert einen einheitlichen, dem Bildungsauftrag verpflichteten Ethikunterricht, der auf wissenschaftlichen Grundlagen basiert.
3. Für die Streichung gigantischer Subventionen an die Kirche
Sorgfältige Recherchen der Autoren Frerk und Baumgarten (“Gottes Werk und unser Beitrag“) beziffern die direkten und indirekten Transferleistungen an die religiösen Glaubensgemeinschaften in Österreich mit 3,8 Mrd EUR. Und das vor dem Hintergrund eines Milliardenvermögens mit Glücksspielbeteiligung, eigener Bank, Medienkonzernen ... Die Kirche ist die zweitgrößte Grundbesitzerin nach dem Staat.
- Die Kirche ist vom Stiftungs- und Fondsgesetz ausgenommen.
- Es gibt eine Grundsteuerbefreiung für Gebäude, die für Gottesdienste genutzt werden. Steuerentgang: 53 Millionen pro Jahr.
- Spenden werden nicht versteuert. Kirchensteuer und kirchliche Spenden sind steuerlich absetzbar. Steuerentgang: 124 Millionen, die Konfessionsfreie mitersetzen müssen.
- Diözesen und Orden besitzen rund eine Viertelmillion Hektar an Grund und Boden. Dafür kassiert die Kirche indirekt Steuergeld, nach letzten Zahlen 2009 auch über 4 Millionen an EU-Agrarsubventionen, nicht gedeckelt.
- Durch „billiges“ Geld (Einkünfte ohne Versteuerung wie Spenden und Steuerverschonung) ist die Kirche gegenüber anderen Marktteilnehmern privilegiert.
4. Für ein Bundesgesetz zur Aufklärung kirchlicher Missbrauchs- und Gewaltverbrechen.
Nach Aufkommen der Missbrauchsskandale von 2010 wurde von Kardinal Schönborn eine von Waltraud Klasnics Werbeagentur Dreischritt betreute Kommission eingesetzt. Eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit, denn diese war nie an unabhängiger Aufklärung interessiert. Aktuell hat die Datenschutzkommission des Bundeskanzleramtes bescheidmäßig festgestellt, dass die Klasnic-Kommission gar keine Rechtskörperschaft besitzt und nicht unabhängig und eigenstäntig handelt, sondern Teil der Kirche ist. Die katholische Kirche darf ihre Missbrauchs- und Vertuschungsverbrechen selbst „aufklären“, mit Billigung des Staates. Die Daten über die Missbrauchsopfer bleiben bei der Kirche. Den hunderten Missbrauchsopfern wurde jeweils ein Bettel von wenigen Tausend Euro zugesprochen – sehr wenig, angesichts eines seelisch zerstörten Lebens. Zwar hatte Schönborn 2010 versprochen, dass die Kirche keine Verjährung einwendet, zuletzt geschehen in Vorarlberg, Mehrerau. – Dort hält auch der aktuelle Abt ein bereits des sexuellen Missbrauchs verurteilten Priester vor der Justiz versteckt. Die Initiatoren des Volksbegehrens verlangen eine staatliche Aufklärung der Missbrauchsverbrechen nach dem Vorbild Irlands.
Mindestens 35 Pädo-Priester immer noch im Dienst
Vor einem Jahr hat die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt die Namen von 35 pädophilen Priestern bekannt gegeben, die nach wie vor im Amt sind, z. B. der ehemalige Domprediger in Salzburg. Deren Neigungen sind den Bischöfen hinreichend bekannt. Diese Täter stellen eine akute Gefahr für Kinder und Jugendliche dar. Die Kirche blieb jedoch bis heute untätig. Zwar hat der Papst die Aufklärung des sexuellen Missbrauchs zur Chefsache erklärt, in Österreich ist davon jedoch nichts zu spüren.
Der Kardinalschlitten – Ein Wahrzeichen und ein perfides Attentat
Vor kurzem wurde von Unbekannten ein Attentat auf den “Kardinalschlitten“ verübt, eine vom Künstler Jacques Tilly gestaltete Statue, die einen überlebensgroßen Kardinal darstellt. Dieser versteckt unter seinem Mantel Missbrauchsakten. Das Kunstwerk ist die Symbolfigur der Volksbegehrens-Aktivisten, wurde von Touristen und BürgerInnen vielfach fotografiert und bewundert und ist bisher viel herumgekommen: Der Kardinalsschlitten hat an der Bischofskonferenz im deutschen Trier ebenso teilgenommen wie an einer Wahlfahrt (sic!) nach Mariazell – überall diente er als Mahnmal für die vertuschten Missbrauchsverbrechen der Kirche. Erst der perfide Sabotageakt zwang zu einer Erholungspause. Über Nacht wurde den Figur im Gesicht schwere Wunden zugefügt, doch diese konnten nun fachmännisch verarztet werden. Heute trägt die Nase einen dicken Verband. Andere Verletzungen am Kopf blieben hingegen unversorgt, denn die offenen Wunden sind Mahnmale. Sie offenbaren, welche gewaltbereite Kräfte losgetreten werden, wenn es um die Abschaffung von Pfründen geht.
Der Kardinalschlitten wird ‚verarztet’ / Foto: Volksbegehren.
Nächste Seite: Formale Fragen und Antworten zum Volksbegehren.
Wer ist berechtigt zu unterschreiben?
• alle österreichischen StaatsbürgerInnen
• mit Hauptwohnsitz Österreich
• vollendetes 16. Lebensjahr
Alle, die bis Ende 2012 bereits die Unterstützungserklärung gültig unterschrieben haben, brauchen nicht nochmals unterschreiben.
Wann kann ich unterschreiben?
Die Eintragswoche findet von 15. - 22. April 2013 statt.
Die genauen Öffnungszeiten aller 2.400 Gemeinden finden Sie auf unserer Website.
Wo kann ich unterschreiben?
Unterschreiben können SIe am zuständigen (Hauptwohnsitz) Gemeindeamt bzw. beim Hauptwohnsitz in Wien in jedem Magistratischen Bezirksamt (Info zu den Öffnungszeiten). Mithilfe einer Stimmkarte kann die Unterschrift auch in einer anderen Gemeinde geleistet werden. Lichtbildausweis nicht vergessen!
Unterschreiben mit Stimmkarte
Mit der Stimmkarte können Sie sich während der Eintragungswoche (15. - 22. April 2013) in allen österreichischen Gemeinden in jedem Eintragungslokal - während der dort festgesetzten Eintragungszeiten - eintragen.
Eine Stimmkarte können Sie schriftlich bis spätestens Montag den 16. April 2013 oder mündlich bis Freitag den 19. April 2013 (12.00 Uhr), bei Ihrer Gemeinde beantragen. Details dazu auf der Website des BMI.
Aus dem Ausland
Auslandsösterreicher(innen) sind - ebenso wie in Österreich lebende EU-Bürger(innen) - leider nicht stimmberechtigt. Keine Briefwahl: Eine Eintragung vom Ausland aus - analog zu Wahlen - ist somit nicht möglich.
Mangelnde Gehfähigkeit oder Bettlägerigkeit
Stimmberechtigte, denen der Besuch des Eintragungslokals während des Eintragungszeitraumes infolge mangelnder Geh- und Transportfähigkeit oder Bettlägerigkeit, sei es aus Krankheits-, Alters- oder sonstigen Gründen unmöglich ist, und die im Besitz einer Stimmkarte sind, sind auf Wunsch von der Eintragungsbehörde zu einem von dieser festzulegenden Zeitpunkt innerhalb des Eintragungszeitraumes zum Zweck der Eintragung aufzusuchen. Bitte informieren Sie sich möglichst bald auf Ihrem zuständigen Gemeindeamt bzw. Magistratischen Bezirksamt.